Die wichtigsten Literaturepochen: Merkmale und Hintergründe
Keine Textanalyse ohne Epochenkenntnisse. Wenn du in Deutsch einen Text interpretieren sollst, ist ziemlich viel Hintergrundwissen gefragt. Und das kriegst du nur, wenn du die einzelnen Literaturepochen kennst. Vom Barock über die Aufklärung bis zur Literatur der Gegenwart – hier findest du alles zu den wichtigsten Epochen von der Frühen Neuzeit bis heute samt ihrer Merkmale, Besonderheiten und ihrem historischen Kontext.
Literaturepochen: die Bedeutung erkennen
Häufig sitzt du im Deutschunterricht vor einem Drama, einer Kurzgeschichte oder einem Gedicht und sollst aus dem Text erschließen, welche versteckte Bedeutung der Autor oder die Autorin in sein oder ihr Werk eingebaut hat. Bevor du dazu stilistische Mittel und Sprachmuster analysierst, musst du erst einmal herausfinden, aus welcher Literaturepoche der Text eigentlich stammt. Denn oftmals haben Dichter /-innen und Autoren /-innen sich von Geschehnissen ihrer Zeit inspirieren lassen oder die damals vorherrschenden Empfindungen und Gedanken in ihren Werken aufgegriffen.
Literaturwissenschaftler /-innen haben später Gemeinsamkeiten in Werken verschiedener Autoren einer bestimmten Zeit erkannt. Diese Gemeinsamkeiten wurden dann zu den Epochen zusammen gefasst. Die wichtigsten Epochen haben wir dir hier kurz und übersichtlich zusammengefasst.
Definition: Das ist eine Epoche
Eine Epoche bezeichnet einen bestimmten Zeitabschnitt, der durch bestimmte Ereignisse und Denkweisen geprägt ist. Epochen können unterschiedlich lang sein und sind nicht immer eindeutig voneinander zu trennen. Stattdessen gehen sie meist fließend ineinander über oder verlaufen auch mal parallel zueinander.
Außerdem solltest du beachten, dass manche Autoren nicht nur einer Epoche zuzuordnen sind. Auch bei den genauen Jahreszahlen der einzelnen Epochen vertreten manche Experten /-innen unterschiedliche Meinungen, da der Anfang oder das Ende eines solchen Abschnitts nicht immer genau festgelegt werden kann. Es gibt nämlich auch einige Überschneidungen und so ist es nicht immer allein anhand des Autors oder des Erscheinungsjahres zu erkennen, zu welcher Epoche ein Werk gehört. Die Zuordnung erfolgt vor allem auch anhand der Merkmale, die eine Epoche charakterisieren.
Diese Literaturepochen solltest du kennen
Die folgenden Epochen kommen häufig im Abitur dran. Deswegen solltest du wissen, was sie kennzeichnet. Welche Motive haben die Dichter damals benutzt? Welche Themen wurden behandelt? Wie wurden die Leitgedanken umgesetzt? Wenn du diese Fragen beantworten kannst, bist du der Bedeutung eines literarischen Textes oft schon einen Schritt näher. Neben den Epochen, die wir hier aufgelistet haben, gibt es in der deutschen Literatur noch einige andere. Wir haben uns allerdings auf die wichtigsten beschränkt. Unten findest du aber noch weitere in einem Zeitstrahl für eine besserer Übersicht.
Alle Literaturepochen auf einen Blick
- Barock (1600–1750)
- Aufklärung (1720–1800)
- Empfindsamkeit (1740–1790)
- Sturm und Drang (1765–1790)
- Weimarer Klassik (1786–1831)
- Romantik (1795–1835)
- Biedermeier (1815–1848)
- Vormärz (1815–1848)
- Junges Deutschland (1830–1835)
- Realismus (1848–1890)
- Naturalismus (1880–1900)
- Moderne (1880–1920)
- Impressionismus (1890–1920)
- Symbolismus (1890–1920)
- Expressionismus (1905–1925)
- Neue Sachlichkeit (1918–1933)
- Exilliteratur (1933–1945)
- Trümmerliteratur (1945–1950)
- Nachkriegsliteratur (1945–1990)
- Neue Subjektivität (1970er Jahre)
- Postmoderne Literatur (ca. 1989–2011)
- Gegenwartsliteratur (ab 1990)
Barock: Krieg und Todessehnsucht
Das wichtigste historische Ereignis, das du kennen musst, um die Epoche des Barock zu verstehen, ist der Dreißigjährige Krieg. Er spaltete Deutschland und Europa nicht nur konfessionell, sondern war so brutal und verheerend, dass ganze Landstriche entvölkert wurden und die deutsche Bevölkerung um ein Drittel schrumpfte. Wenn du bedenkst, dass die Menschen damals eine viel geringere Lebenserwartung hatten als heute, dauerte dieser Krieg fast ein Menschenleben lang und erweckte in den Menschen das Gefühl, er würde niemals enden. Die Erfahrungen mit dem Krieg und seinen Folgen finden in einem gegensätzlichen Weltbild Ausdruck. Typische Gegensatzpaare der barocken Literatur sind Diesseits und Jenseits, Tugend und Wollust, irdisches und himmlisches Leben sowie Spiel und Ernst.
Darüber hinaus äußert sich das Lebensgefühl der Menschen in verschiedenen Motiven: Vanitas ("Alles ist vergänglich"), Memento mori ("Bedenke, dass du sterben musst") und Carpe diem ("nutze den Tag"). Sie findest du in nahezu jedem literarischen Werk dieser Zeit. Die bervorzugte literarische Gattung war die Lyrik, hier vor allem das Sonett. Weitere barocke Gedichtformen sind Elegie, Epigramm und Ode.
Weitere Infos
Noch mehr Infos zu den Merkmalen des Barock haben wir dir hier ausführlich zusammengestellt. Außerdem verraten wir dir, wie du das Wissen über den Barock anwenden und Barock-Gedichte analysieren kannst.
Die wichtigsten Merkmale des Barock (1600–1750)
Jetzt lesenBarock Gedichte: So klappt die Interpretation
Jetzt lesenAufklärung: Vernunft und Veränderungen
Die Zeit der Aufklärung ist geprägt durch die Schriften von Rousseau, Voltaire und Hobbes. Immanuel Kant gab der Epoche mit seinem 1748 erschienen Aufsatz "Was ist Aufklärung?" ihren Namen. Der Fortschrittsglaube wurde von diesen Philosophen groß geschrieben. Sie äußerten Kritik an Staat und Religion, woraufhin die Kirche ihren dominanten Einfluss verlor. Der Mensch wurde in den Mittelpunkt gestellt und jeder sollte in einer freiheitlichen Gesellschaft die gleichen Rechte und Pflichten haben. Historisch ist diese Epoche von 1720 bis 1790 einzuordnen, sie schließt also mit dem Beginn der Französischen Revolution 1789 ab, bei dem sich das Volk gegen die Unterdrückung des Königs und die Eingrenzung der Menschen in unterschiedliche Stände aufgelehnt hat.
Literarisch äußerte sich dieses Umdenken, das in ganz Europa für gesellschaftliche Veränderungen sorgte, in einer trockenen Nüchternheit, die viele Werke dieser Epoche aufweisen. Sie spiegeln außerdem die Rationalität wider, die zu dieser Zeit sehr wichtig war. Die Dichter und Autoren von damals – bekannt sind davon besonders Gotthold Ephraim Lessing ("Nathan der Weise"), Johann Christoph Gottsched, Christoph Martin Wieland und Christian Fürchtegott Gellert – bevorzugten besonders die Gattung der Fabel, des Romans und des Dramas in Form des bürgerlichen Trauerspiels. Das aufklärerische Gedankengut schlägt sich formal und thematisch in ihren Werken nieder. Sie schreiben anspruchsloser, um allen Menschen den Zugang zur Kunst zu erleichtern. Die Texte sind außerdem von Sozialkritik und einem erzieherischen Anspruch geprägt.
Empfindsamkeit: schwärmerische Gefühle
Aus der Aufklärung heraus entwickelte sich eine weitere literarische Strömung: die Empfindsamkeit. Wie der Epochenname schon sagt, ging es dieser Strömung um Empfindungen. Doch obwohl zu ihren charakteristischen Merkmalen Gefühlsbetontheit, Frömmigkeit und Naturverbundenheit gehören, darfst du sie nicht als Gegenteil der rationalen Aufklärung verstehen. Vielmehr hat die Empfindsamkeit den aufklärerischen Rationalismus um den Aspekt des Gefühls erweitert und individuelle Empfindungen zum Ideal erhoben. Typische Motive der Empfindsamkeit sind Freundschaft, Nächstenliebe, Geschwisterliebe, Naturliebe und Trauer. Die Gefühlsschwärmerei der Empfindsamkeit ist der Vorläufer zum leidenschaftlicheren Sturm und Drang.
Bekannte Vertreter /-innen der Empfindsamkeit sind Friedrich Gottlieb Klopstock, Sophie von La Roche und Matthias Claudius.
Sturm und Drang: Genie und Selbsterfahrung
Die Aufklärung sorgte für ein neues Lebensgefühl, das für die Epoche des Sturm und Drangs (1765–1790) entscheidend ist. Die Epoche wird auch als "Geniezeit" bezeichnet: Der Künstler als Genie schafft die Kunstwerke aus sich selbst heraus und kann sich dabei selbst erfahren. Der Individualismus, der durch die Aufklärung angestoßen wird, setzt sich in den Köpfen der Menschen fest und die Freiheit wird als hohes Gut gesehen.
Zu den bekanntesten Werken dieser Epoche zählen "Die Leiden des jungen Werthers" von Johann Wolfgang von Goethe und "Die Räuber" von Friedrich Schiller. Die Gattungen dieser Werke, Briefroman und Drama, sind charakteristisch für die Epoche. Goethe, Schiller und andere Stürmer und Dränger – beispielsweise Jakob Michael Reinhold Lenz und Johann Gottfried Herder – schrieben pathetisch, kraftvoll und schwärmerisch, aber auch ohne eine einheitliche Form, worin sich ihre Ablehnung von Traditionen, Autoritäten und normativer Poetik widerspiegelt. Die Literatur des Sturm und Drangs beschäftigt sich häufig mit Natur, Spontaneität, Empfindungen, Phantasie und dem menschlichen Dasein. Die Lyrik dieser Zeit ist liedhaft einfach, die Sturm und Drang Gedichte folgen einer freien Rhythmik.
Weitere Infos
Detaillierte Infos rund um die Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit und Sturm und Drang findest du hier:
Aufklärung: Epoche der Vernunft (1720–1800)
Jetzt lesenAlles über die Literaturepoche der Empfindsamkeit (1740–1790)
Jetzt lesenSturm und Drang (1765–1790): Die vier wichtigsten Merkmale
Jetzt lesenWeimarer Klassik: Humanismus und Schönheit
Auch die Epoche der Weimarer Klassik schließt an die Gedanken der Aufklärung an. Humanismus und Toleranz gelten als wichtige Tugenden und die französische Menschenrechtserklärung – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – wird beherzigt. Die Kunst in dieser Zeit gilt als autonom und soll der ästhetischen Erziehung dienen. Historisch wird die Epoche mit der Herrschaft von Napoleon I., den preußischen Reformen und dem Wiener Kongress in Verbindung gebracht. Tatsächlich herrscht jedoch Uneinigkeit über die Länge dieser Epoche. Der Beginn wird auf das Jahr 1786 datiert, in dem Goethe zu seiner Italienreise aufbrach. Als Ende der Weimarer Klassik werden entweder Schillers Tod 1805 oder Goethes Tod 1832 gesehen.
Goethe und Schiller haben nämlich nicht nur den Sturm und Drang geprägt, sondern stellen zusammen mit Herder und Wieland als sogenanntes "Weimarer Viergestirn" die bedeutendsten der Vertreter der Weimarer Klassik dar. Ihre lyrische und epische Literatur ist edel und ausgewogen und besinnt sich zurück auf antike Vorbilder und Formen. So ist die Dichtkunst dieser Zeit bspw. von formstrengen Oden, Hymnen, Sonetten oder Balladen gerpägt. Motive der Epoche sind Harmonie, Vollkommenheit, Schönheit und Humanität.
Romantik: Sehnsucht und Natur
Von 1795 bis 1835, parallel zur Weimarer Klassik also, gab es noch eine andere bedeutsame Epoche: die Epoche der Romantik. Diese Epoche beruft sich jedoch nicht auf die Vorstellungen der Aufklärer und lehnt z.B. den einseitigen Rationalismus ab. Der empfindende Mensch hingegen ist wichtig. Auch in dieser Epoche zeigt sich eine Ablehnung der zeitgenössischen Politik und gesellschaftlicher Normen, bspw. neuer Tugenden wie Fleiß und Pünktlichkeit oder des Spießertums.
In der romantischen Literatur kommen viele Märchen und Volkslieder vor. Die Werke sind gefühlsbetont und oft religiös angehaucht. Zu den typischen Romantik-Merkmalen gehört, dass die Literatur eine Flucht aus der Realität beschreibt, bspw. in fremde mystische Welten oder in die Vergangenheit. Damit zusammen hängt eine Verherrlichung des Mittelalters. Außerdem wird auch die Natur verehrt und die Psyche der Figuren wird wichtig. Das vielleicht bedeutsamste Motiv der Romantik, das du in zahlreichen Romantik Gedichten finden kannst, ist die Sehnsucht, daneben werden aber auch Gefühle im Generellen, Mystik, Dämmerung und die Natur behandelt. Stilistisch werden nun Synästhesien, Personifikationen und Metaphern vermehrt eingesetzt. Wichtige und bekannte Autoren /-innen und Dichter /-innen dieser Epoche sind z.B. Joseph von Eichendorff, Heinrich Heine, Clemens Brentano, die Brüder Grimm, Novalis, Goethe und Karoline von Günderrode.
Weitere Infos
Hier kannst du alles über die Epochen Weimarer Klassik und Romantik und ihre Merkmale, Themen und Besonderheiten noch einmal ausführlich nachlesen:
Weimarer Klassik (1786–1832): Die Literaturepoche im Überblick
Jetzt lesenRomantik: Epoche der großen Gefühle (1795–1835)
Jetzt lesenDie Schwarze Romantik (1816-1835): Die Faszination des Unheimlichen
Jetzt lesenDie Restaurationsepoche: bieder und revolutionär
Die Französische Revolution wirkte lange nach, ihre Ideale und Ideen aber waren gescheitert. Von 1815 bis 1848 folgte in Deutschland die Zeit der Restauration. Beschlossen wurde sie auf dem Wiener Kongress im Jahr 1815 mit dem Ziel, die Monarchie und damit das absolutistische System, gegen das die Französische Revolution gekämpft hatte, wieder herzustellen. Kritik am System und politische Mitsprache waren fortan verboten. In dieser Zeit entwickelten sich in Deutschland drei literarische Strömungen: Biedermeier, Vormärz und Junges Deutschland.
Während der Biedermeier sich ins Private zurückzog und den realen Verhältnissen Ideale wie Häuslichkeit und Familie entgegensetzte, waren Vormärz und Junges Deutschland hochpolitisch und lehnten sich gegen die Obrigkeit auf. Es bildeten sich zwei starke Gegensätze: Der Biedermeier zog sich duldsam in seine heile, konservative Welt zurück und verschloss die Augen vor den politischen und sozialen Problemen seiner Zeit. Seine Ideale des Guten und Schönen knüpften an die der Romantik und der Klassik an. Die Vertreter /-innen von Vormärz und Junges Deutschland hingegen verfassten politische Literatur und wollten das System ändern.
Weitere Infos
Ausführliche Infos zur Literatur der Restaurationsepoche kannst du hier nachlesen:
Biedermeier Epoche (1815–1848): Rückzug in die heile Welt
Jetzt lesenVormärz: Epoche der Märzrevolution (1815–1848)
Jetzt lesenJunges Deutschland (1830–1835): Ein literarischer Protest
Jetzt lesenRealismus: Wirklichkeit und Individuum
Der Realismus beginnt mit der deutschen Revolution 1848/1849 und dauert bis etwa 1890. Das heißt, dass auch der deutsch-französische Krieg (1870/71) und die Gründung des deutschen Reichs 1871 historisch in diese Epoche fallen. Es war außerdem das Zeitalter des Imperialismus und der Industrialisierung.
Literarisch dominierte in dieser Epoche die literarische Gattung der Epik gegenüber der Lyrik und der Dramatik, im Speziellen vor allem Gesellschaftsromane und Novellen. Die Dichter /-innen und Autoren /-innen des Realismus – darunter z.B. Theodor Fontane, Gottfried Keller, Theodor Storm, Gustave Flaubert, Friedrich Hebbel und Gustav Freytag – waren bemüht, die nackte Realität dichterisch zu gestalten und dabei auf Idealisierung oder beschönigende Metaphern zu verzichten. Thematisch wurden dabei die großen gesellschaftlichen Probleme nicht angesprochen. Das Individuum blieb das Zentrum der literarischen Werke. Die Autoren arbeiteten mit einer detailreichen und distanzierten Sprache. Bei der Abbildung der Wirklichkeit wurden auch die extremen Seiten der Realität, wie zum Beispiel Hässliches oder Sexualität, dargestellt, wobei meist ein teils derber Humor mitschwang.
Naturalismus: Detailtreue und Sozialkritik
In der Zeit des Naturalismus (1880–1900) hatten die Menschen mit sozialen Problemen aufgrund der Industrialisierung zu kämpfen. Die Verstädterung sorgte vielerorts für Hunger, Armut, Prostitution und Alkoholsucht. Zudem war das Zusammenleben vom Determinismus geprägt, der einen Mensch in Abhängigkeit von seinem Milieu und seiner Rasse beurteilte. Der Naturalismus stellt den Beginn der Moderne dar, die als Oberkategorie die Epochen bis zur Postmoderne (1980 bis heute) umfasst.
Die Naturalisten verschrieben sich ebenso wie die Realisten der Aufgabe, die Realität genau abzubilden, übten dabei jedoch deutliche Kritik an den sozialen Bedingungen der damaligen Zeit und thematisierten so Probleme, die viele Menschen betrafen. Die Kunst sollte in dieser Epoche so kunstlos wie möglich sein und stattdessen ein genaues Abbild der Natur darstellen. Die Literatur dieser Zeit beschäftigte sich vor allem mit dem Milieu der Fabriken und Kneipen und ist durch die Verwendung von Umgangssprache und Dialekte gekennzeichnet. Die Werke wurden außerdem meistens im Sekundenstil geschrieben, das heißt, dass ihre Erzählzeit der erzählten Zeit genau entsprach. Wichtige Autoren und Autorinnen dieser Literaturepoche waren unter anderem Gerhart Hauptmann, Henrik Ibsen, Emile Zola, Arno Holz und Johannes Schlaf.
Die Moderne: vielfältig, aber ohne Ziel
Als Gegenbewegung zu Realismus und Naturalismus bildete sich zum Ende des 19. Jahrhunderts eine Art "Überepoche" aus: die Moderne. Sie war sehr experimentell und umfasst eine Vielzahl von literarischen Epochen und Strömungen, etwa den Expressionismus, den Impressionismus und den Symbolismus, aber auch Dekadenz, Jugendstil, Dadaismus und Ästhetizismus. Du kannst die Bezeichnung "Moderne" also als eine Art Sammelbegriff für eine auf literarischer Ebene sehr kreative und innovative Zeit verstehen.
So vielfältig die Literatur der Moderne auch ist, so lässt sich auch in ihr das damalige Lebensgefühl herauslesen. Und das war vor allem orientierungslos. Der wissenschaftliche Fortschritt und der damit einhergehende Umbruch verunsicherte die Menschen und führte dazu, dass die Literatur erstmals in der Literaturgeschichte kein klares Ziel mehr verfolgte. Das äußert sich in Merkmalen wie Stilpluralismus, literarischen Experimenten und einem pessimistischen Weltbild. Allen Stilrichtungen gemein ist aber ihre Abkehr vom Naturalismus und seiner Beschreibung einer hässlichen Wirklichkeit, denn es sollte einen vollkommen Bruch mit allem geben, was vorher gewesen war. Aus diesem Grund probierten Literaten und Literatinnen nun völlig neue Dinge aus und suchten nach neuen literarischen Ausdrucksformen.
Weitere Infos
Du brauchst noch mehr Hintergrundwissen? Hier haben wir dir alles zusammengestellt, was du über Realismus, Naturalismus und Moderne wisssen musst.
Realismus: Epoche der schönen Wirklichkeit (1848–1890)
Jetzt lesenNaturalismus Epoche: Wissenschaft trifft Literatur (1880–1900)
Jetzt lesenAuf einen Blick: die Literaturepoche der Moderne (1880–1920)
Jetzt lesenImpressionismus: Es zählt nur der Augenblick
Eine der zahlreichen Strömungen zur Zeit der Moderne war der Impressionismus. Vor allem aus der bildenden Kunst bekannt ging es auch dem Impressionismus darum, sich vom Naturalismus und dem bisher Bekannten abzugrenzen. Das tat er, indem er sich der Wirklichkeit entzog und eine eigene, subjektive Realität vorzog, die er in kurzen, flüchtigen Eindrücken wiedergab. Impressionistische Werke sind somit Momentaufnahmen, die immer subjektive Eindrücke und Augenblicke beschreiben. Um dieser Grundidee gerecht zu werden, nutzten die Vertreter /-innen des Impressionismus vor allem knappe literarische Formen wie Gedichte, Skizzen und Novellen.
Symbolismus: die Welt hinter dem Sichtbaren
Der Symbolismus ist ebenfalls eine von zahlreichen Ausprägungen der Modere und Teil einer sehr experimentierfreudigen und kreativen Phase in der deutschen Literatur. Dem Symbolismus ging es darum, eine Welt der Schönheit zu erschaffen. Dazu verwendete er das Symbol als zentrales Stilmittel, denn dieses begriff er als Bruchstück der Wirklichkeit, mit dessen Hilfe er eine neue, schönere Wirklichkeit erschaffen könne. Getreu dem Motto "L’art pour l’art", also "Kunst um der Kunst willen", war es sein Bestreben, eine eigene, mystische Kunstwelt zu kreiieren, was sich auf literarischer Ebene am besten mit der Lyrik verwirklichen ließ. Sie war die bevorzugte literarische Gattung der Symbolisten /-innen und zeichnet sich durch eine formvollendete, schöne Sprache aus. Und natürlich spielt das Symbol als Stilmittel eine tragende Rolle. Es sagt uns: Hinter dem Sichtbaren liegt immer etwas Unsichtbares, hinter dem Symbol immer eine Bedeutung, die erschlossen werden muss.
Expressionismus: Krieg und Ausdruckskraft
Die Epoche des Expressionismus fällt in die Zeit der Moderne (1890–1920) und dauerte von 1905 bis etwa 1925 an. Somit fällt der Erste Weltkrieg (1914–1918) in diese Zeit, der die Epoche stark beeinflusst hat. Daneben entwickelte sich in diesem Zeitraum ein Hass auf den Imperialismus, den Kapitalismus und den Nationalismus. Durch die Verstädterung nahmen sich die Menschen als anonym in einer großen Masse wahr.
Literarisch wurde dieser Ich-Zerfall oft aufgegriffen. Weitere Motive waren Krieg, Verfall, Tod, Entfremdung, Apokalypse und Zerstörung. Diese negativen Extreme aus dem Großstadtleben wurden dem Grotesken kontrastierend gegenübergestellt, was sich in den bevorzugten Stilmitteln äußerte: Die Expressionisten benutzten besonders gerne Neologismen, Syntaxveränderungen, Metaphern, Symbole, Hyperbeln und Euphemismen. Außerdem wies der Schreibstil oft einen Schlagzeilencharakter auf. Im Gegensatz zum Naturalismus wollten die Autoren /-innen und Dichter /-innen dieser Epoche – wie z.B. Jakob van Hoddis, Alfred Döblin, Gottfried Benn, Georg Trakl, Else Lasker-Schüler, Robert Musil und Georg Heym – keine realitätsnahe Darstellung erreichen. Sie schrieben mit viel Expressivität und gestalteten die Sprache als Ausdruckskunst.
Tipp
Großstadtlyrik
Typisch für den Expressionismus ist die sogenannte Großstadtlyrik. Hier erfährst du, was diese Gedichte ausmacht und wie du sie interpretieren kannst.
Weitere Infos
Noch mehr Infos zu den Literaturepochen Impressionismus, Symbolismus und Expressionismus kannst du hier ausführlich nachlesen:
Impressionismus (1890–1920): Literatur des Augenblicks
Jetzt lesenSymbolismus (1890–1920): Darum geht es in dieser Epoche!
Jetzt lesenExpressionismus in der Literatur: Die wichtigsten Merkmale (1905–1925)
Jetzt lesenDie Neue Sachlichkeit: nüchtern und realistisch
Eine der führenden Kunstrichtungen der Weimarer Republik (1918 –1933) ist die Neue Sachlichkeit. Sie flüchtete sich nicht länger in irgendwelche Traum- oder Gefühlswelten, sondern war darum bemüht, ein beobachtendes Bild von der gesellschaftlichen und politischen Situation abzugeben. Dazu wählten die Autoren und Autorinnen eine nüchterne, realitätsbezogene sowie leicht verständliche Alltagssprache und eine reduzierte und präzise Ausdrucksweise. Typisch sind zudem eine distanzierte, beobachtende Haltung und Figuren, die keine Gefühle zeigen. Als Vorbild für literarische Texte galt die journalistische Schreibweise.
Wichtige Autoren der Neuen Sachlichkeit sind unter anderem Erich Kästner, Bertolt Brecht und Kurt Tucholsky. Thematisch behandelten sie die Probleme der Zeit: die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges, die gesellschaftlichen und technischen Veränderungen und die sozialen Probleme in der Weimarer Republik, zu denen Hunger, Armut eine hohe Arbeitslosigkeit gehörten.
Neue Sachlichkeit: Was du über die Literatur der Weimarer Republik wissen musst (1918–1933)
Jetzt lesenLiteratur zur Zeit des Krieges
Der aufkeimende Nationalsozialismus, die Machtübernahme Adolf Hitlers und der daraus resultierende Zweite Weltkrieg wirkten sich auch auf die deutsche Literatur aus. Von 1933 bis in die Nachkriegszeit hinein ist sie von der Exilliteratur (1933–1945), der Trümmerlitertur (1945–1950) und der Nachkriegsliteratur (1945–1990) bestimmt, in der die Autoren und Autorinnen versuchen, die Ereignisse rund um Krieg und Holocaust zu verarbeiten. Weitere Informationen dazu haben wir dir im Folgenden ausführlich zusammengestellt.
Exilliteratur: Das sind die Merkmale der Epoche (1933–1945)
Jetzt lesenTrümmerliteratur (1945–1950): Das sind die typischen Merkmale
Jetzt lesenNachkriegsliteratur: Alles über die Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg (1945–1990)
Jetzt lesenNeue Subjektivität: frei und ichbezogen
In den 1970er Jahren entwickelte sich in der der deutschen Literaturlandschaft eine neue Strömung: die Neue Subjektivität, auch Neue Innerlichkeit genannt. Sie stellt subjektive Wahrnehmungen und Empfindungen in den Vordergrund und ist vor allem durch die Beschäftigung mit dem eigenen Ich gekennzeichnet – eine Reaktion auf die die politisch motivierte Literatur sowie den politischen Aktionismus dieser Zeit. Geprägt wurde der Begriff von Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki.
Zu den Merkmalen der Neuen Subjektivität gehören individuelle Erfahrungen und Gefühle, Selbstreflexion, Alltagssorgen, die Verwendung von Alltagssprache und ein durch Einfachheit, Authentizität und Direktheit geprägter Stil. Wichtige Autoren und Autorinnen dieser literarischen Strömung sind Christa Wolf, Botho Strauß, Ulla Hahn und Elfriede Jelinek. Und wie du an ihnen sehen kannst: Auch die Frauenliteratur erstarkte in dieser Zeit.
Die Postmoderne: pluralistisch und effektvoll
Die jüngste Literaturepoche der deutschen Literaturgeschichte ist die Postmoderne. Da sie sich insgesamt schwer fassen lässt, findest du unterschiedliche zeitliche Einteilungen. Manchmal wird ihr die Zeit von 1968 bis 2000 zugewiesen, in anderen Definitionen beginnt sie im Jahr 1989. Postmoderne Literatur ist durch die Freiheit gekennzeichnet, dass Autoren und Autorinnen schreiben konnten, was sie möchten. Formale oder inhaltiche Zwänge gab es nicht. Entsprechend vielfältig sind die Themen und Motive. Dennoch ist in der Literatur dieser Zeit ein Sinnverlust erkennbar, ausgelöst von dem Gefühl, der Mensch habe keinen Platz mehr in der modernen Welt. Die Autoren und Autorinnen versuchten die heterogenen Entwicklungen ihrer Zeit zu erfassen und durch eine fragmentarische Erzählweise, Intertextualität sowie sprachliche Experimente in ihren Werken zu verarbeiten.
Wichtige Autoren sind zum Beispiel Umberto Eco ("Der Name der Rose"), Patrick Süskind ("Das Parfüm") oder Friedrich Dürrenmatt ("Der Besuch der alten Dame").
Gegenwartsliteratur: unterhaltend und bildend
Bei dem Begriff "Gegenwartsliteratur" handelt es sich um keinen Epochenbegriff, sondern um einen Sammelbegriff für die Literatur seit der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990. Er bezieht sich auf die Literatur der Gegenwart, also auf zeitgenössische Literatur. Für sie sind unter anderem die Behandlung aktueller Themen sowie Vielfalt und Experimentierfreude charakteristisch. Eine Besonderheit ist die Digitalisierung, die den Zugang zu Literatur von nahezu überall möglich macht. Die Gegenwartsliteratur erfüllt vor allem zwei Zwecke: Unterhaltung und Bildung.
Neue Subjektivität: Die literarische Strömung der 1970er Jahre
Jetzt lesenPostmoderne Literatur: Das sind die wichtigsten Merkmale
Jetzt lesenGegenwartsliteratur (ab 1990): Alles Wichtige über die Literatur von heute
Jetzt lesenFAQ: Häufige Fragen
Was war wann? Die Epochen im Überblick
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