Romantik-Motive: So erkennst du die Literaturepoche
Die Blaue Blume ist das wichtigste Motiv der Romantik. | Foto: Morgan_studio / Getty Images
Romantik-Motive: Blaue Blume, Nacht und Natur
“Spieglein, Spieglein an der Wand…” Wusstest du, dass das Märchen “Schneewittchen” mit dem Spiegelmotiv ein klassisches Merkmal der Romantik beinhaltet? Und hast du schon mal von der Blauen Blume gehört? Oder weißt du, wieso Nacht und Natur in der Romantik-Epoche eine so wichtige Rolle gespielt haben? Wie jede Literaturepoche, so hat auch die Romantik ganz bestimmte Motive, die für sie typisch sind. Welche das sind, was sie bedeuten und woher sie kommen, haben wir hier für dich zusammengestellt.
Definition: Das ist die Epoche der Romantik
Bevor wir uns die Motive der Romantik näher ansehen, ordnen wir die Romantik-Epoche noch einmal kurz ein. Das ist wichtig, um sie in den richtigen historischen Kontext einzubetten und zu verstehen, worum es in dieser Epoche überhaupt geht. Nur so kannst du nachvollziehen, warum sich in dieser Epoche genau diese spezifischen Motive entwickelt haben.
Die Romantik ist eine Literaturepoche, die in den Zeitraum von 1795 bis 1835 fällt und sich in die Frühromantik (bis 1804), die Hochromantik (bis 1815) und die Spätromantik (bis 1835) unterteilen lässt. Die Romantik folgt auf die Epochen der Aufklärung und der Weimarer Klassik und wollte bewusst einen Gegenentwurf zu den Idealen dieser Epochen darstellen. Denn die Romantik lehnte die in der Aufklärung zum höchsten Gut erklärte Rationalität sowie die in der Weimarer Klassik betriebene Hinwendung zur Antike ab. Stattdessen wandte sie sich dem Gefühl zu, erklärte die Natur zum Sehnsuchtsort und entzog sich der Wirklichkeit durch einen Rückzug in Fantasie- und Traumwelten. Was genau das bedeutet und welche Motive sich daraus entwickelten, erklären wir dir im Folgenden.
Merkmale der Romantik
Um die Motive der Romantik verstehen zu können, brauchst du ein wenig Hintergrundwissen. Das bedeutet, du solltest die typischen Merkmale der Epoche kennen. Denn die inhaltliche Ausrichtung der Romantik zeigt sich auch in den einzelnen Motiven. Sie sind eine Ausprägung dessen, was die Romantiker und Romantikerinnen dachten und fühlten und geben dir somit Aufschluss über das damalige Welt- und Menschenbild.
Die Merkmale der Romantik sind:
- starker Ich-Bezug
- Betonung des Gefühls
- Weltflucht
- Rückzug in Fantasie- und Traumwelten
- Rückbesinnung auf die Natur
- Verklärung des Mittelalters
- Faszination für das Unheimliche, Unbewusste und Unerklärliche
- Ablehnung des gegenwärtig Etablierten
Das bedeutet: Die subjektiven Gefühle des Individuums stehen in der Romantik im Vordergrund. Daher ist die Romantik sehr gefühlsbetont. Ebenso typisch ist die Weltflucht und der damit verbundene Rückzug in Fantasie- und Traumwelten. Denn die Romantiker /-innen lehnten das gegenwärtig Etablierte ab und sahen das Menschenbild der Weimarer Klassik als unvollständig an. Das rationale Denken sollte durch unerklärliche, fantastische und träumerische Aspekte des menschlichen Denkens und Empfindens ergänzt werden.
Darüber hinaus wurde das Mittelalter zum “Goldenen Zeitalter” verklärt und die Natur zum Sehnsuchtsort erhoben, an dem das Schöne und Vollkommene Erfüllung finden konnte.
TIPP
Wenn du mehr über die Merkmale der Romantik wissen möchtest, kannst du alles ganz ausführlich noch einmal hier nachlesen:
Romantik-Motive: Von Blauer Blume bis Spiegelmotiv
Mit diesem Basiswissen ist es nun leichter nachzuvollziehen, in welchen Motiven sich das Denken der Romantiker /-innen äußerte. Du kannst die Romantik-Motive in die zwei Bereiche Gefühl und Unheimliches unterteilen.
Motive des Gefühls: Sehnsucht und Liebe
Die Schilderung subjektiver Gefühle steht in romantischen Werken im Vordergrund. Ausgedrückt wird diese Gefühlsbetontheit durch die Motive der Blauen Blume, durch das Nachtmotiv, durch die Motive der Sehnsucht und des Reisens sowie durch die Hinwendung zur Natur.
Motiv | Bedeutung |
---|---|
Die Blaue Blume |
Das wichtigste Symbol der Romantik. Sie steht für Sehnsucht, Liebe und das Unerreichbare und verknüpft Mensch, Natur und Geist miteinander. |
Das Nachtmotiv | Die Nacht ist die Zeit des Träumens. In ihren Träumen kommen die Menschen mit ihrer Gefühlswelt in Berührung und entfliehen der Realität. |
Die Sehnsucht | Die Menschen der Romantik waren von einer starken Sehnsucht getrieben: Sehnsucht nach Liebe, Sehnsucht in die Ferne, Sehnsucht nach Flucht und die Sehnsucht danach, Grenzen aufzubrechen und zu überwinden |
Das Reisen | Getrieben von einem Drang nach Freiheit ist die Reiselust ein typisches Romantik-Symbol. In ihm offenbaren sich zudem die Sehnsucht in die Ferne und die Idee der Weltflucht. |
Hinwendung zur Natur | Natur als Gegenpol zur Stadt, Ort der Rückbesinnung und der Sehnsucht |
Romantik-Motive des Unheimlichen
Die Romantiker und Romantikerinnen waren fasziniert vom Unheimlichen und fühlten sich vom Gruseligen, Unbewussten und Mystischen angezogen. Daraus entwickelte sich eine Unterströmung der Romantik: die Schwarze Romantik. Sie beschäftigte sich mit dem Schaurigen, dem Übernatürlichen, den Abgründen der menschlichen Psyche sowie der dunklen Seite von Liebe und Erotik. Ausdruck fand das im Nacht-, Spiegel- und im Schwellenmotiv.
Motiv | Bedeutung |
---|---|
Das Nachtmotiv | Platz für Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene sowie für das Gruselige und Schaurig-Schöne. |
Das Spiegelmotiv | Schnittstelle zwischen Realität und Irrationalem, Betonung des Ich-Bezugs, Hinwendung zum Unheimlichen (siehe z.B. Schneewittchen) |
Das Schwellenmotiv | markiert die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit. Symbole dafür sind das Zwielicht, die Dämmerung, der Mondschein, der Blick aus dem Fenster oder der Blick in den Spiegel |
Gut zu wissen
Auch die Schauplätze, an denen die literarischen Werke der Romantik spielen, zeigen ihren Hang zum Unheimlichen: Ruinen, Friedhöfe, dunkle Wälder, alte Burgen, Höhlen, Moore und andere Naturlandschaften sind die typischen Orte, die dir heute noch aus klassischen Gruselfilmen bekannt sein dürften. Sie sind nämlich von der Schwarzen Romantik, zu deren Zeit sich auch die Gruselliteratur entwickelte, beeinflusst.
Tipps für deine Interpretation
Für deine Interpretation ist es wichtig, diese Motive zu kennen. So ist es dir nicht nur möglich, ein romantisches Werk zu erkennen und von anderen Epochen zu unterscheiden. Es erleichtert auch deine Analyse, da du weißt, welche Motive es gibt und was sie bedeuten. Wichtig ist, dass du dabei auch die allgemeinen Merkmale der Epoche kennst, denn sie beeinflussen maßgeblich die Ausgestaltung der Romantik-Motive.
Begegnet dir also zum Beispiel in einem Romantik-Gedicht das Nachtmotiv, kannst du in deiner Gedichtanalyse darauf verweisen, dass es sich dabei um ein typisches Motiv der Romantik handelt, in dem sich zum einen die Weltflucht der Romantiker /-innen zeigt. Zum anderen steht die Nacht aber auch für das Unheimliche und Geheimnisvolle, zu dem sie sich hingezogen fühlten. Ist beispielsweise von Mondschein die Rede, kannst du erläutern, dass es sich dabei um ein Schwellenmotiv handelt, das die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit markiert. Der Mond verweist zudem auf das in der Romantik gängige Nachtmotiv, in dem sich der Rückzug in Traum- und Fantasiewelten vollzieht und das Unheimliche und Mystische Ausdruck findet. Außerdem steht der Mond für die Hinwendung zur Natur. Hieran siehst du, wie alles miteinander zusammenhängt und wie ein Motiv mehrere Bedeutungen haben kann.
Der historische Hintergrund
Was du bei den Romantik-Motiven immer im Hinterkopf haben solltest, ist der historische Hintergrund der Epoche. Jede Epoche ist von bestimmten historischen Ereignissen geprägt, die Einfluss auf das Denken der Menschen nehmen. Dieses Denken schlägt sich dann in Form bestimmter Merkmale und Motive in den literarischen Werken dieser Zeit nieder.
Ist in der Epoche der Romantik also von Weltflucht die Rede, solltest du wissen, was dieses Bedürfnis nach Weltflucht auslöste. Möchtest du verstehen, warum Gefühl und Fantasie für die Vertreter und Vertreterinnen dieser Epoche so wichtig waren, geht das ebenfalls nur mit Kenntnissen über den zeitgeschichtlichen Kontext.
Für die Epoche der Romantik waren folgenden Ereignisse von Bedeutung:
- Folgen der Französischen Revolution: Epochenumbruch in Europa, der das Gesellschaftssystem grundlegend veränderte
- neue Gesellschaftsordnung änderte sich: Ende der Feudalgesellschaft, Trennung von Kirche und Staat, Entstehung neuer Staatsformen
- 1806: Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
- Industrialisierung: führte zu Verstädterung und Landflucht
- 1813-1815: Befreiungskriege: Zerstörung der Ideen der Aufklärung
- 1815: Wiener Kongress: Wiederherstellung der alten Ordnung
Die Epoche der Romantik war somit eine Zeit voller gesellschaftlicher Umbrüche. Die Welt war im Wandel, doch die Vertreter und Vertreterinnen der Romantik konnten mit diesen Veränderungen nichts anfangen. Mehr noch, sie fürchteten sie und nahmen die Realität als lebensfeindlich wahr. Daraus erklärt sich, warum sie sich in ihre eigenen Traumwelten zurückgezogen, die Fantasie zum Ideal erklärten, sich auf sich und ihre Gefühle fokussierten und sich von der Natur, aber auch vom Unheimlichen und Unerklärbaren angezogen fühlten.
FAQ: Häufige Fragen zu den Romantik-Motive
Die Romantik-Motive im Überblick
- Die Epoche der Romantik hat verschiedene Motive, die für sie charakteristisch sind.
- In ihnen spiegeln sich die Merkmale der Epoche wider.
- Typisch für die Romantik sind die Weltflucht, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Gefühlsbetontheit und die Faszination für das Unheimliche, Unbewusste und Mystische.
- Diese Merkmale äußern sich in verschiedenen Motiven.
- Das wichtigste Symbol ist die Blaue Blume. Sie steht für Sehnsucht, Liebe und das Unerreichbare sowie die Verbundenheit von Mensch, Natur und Geist.
- Weitere gängige Motive sind das Nacht-, das Spiegel- und das Schwellenmotiv.
- Hinzu kommen das Motiv der Sehnsucht, Reiselust und die Hinwendung zur Natur.
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