Das Sonett: Alles, was du über dieses Gedicht wissen musst

Elena Weber - 28.07.2022

Sonett gedichte alte Bücher

Sonett Gedichte etspanden in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. | Foto: Juan Ruiz Paramo / Getty Images

Das Sonett: Gedicht des Barock

Spätestens wenn im Deutschunterricht das Thema Barock ansteht und es darum geht, Barock Gedichte zu analysieren, begegnet dir eine besondere Gedichtform: das Sonett. Das Sonett ist aber nicht nur eine der bevorzugten Gedichtformen in der Epoche des Barock. Du findest es auch in anderen Literaturepochen und solltest seine charakteristischen Merkmale daher auch mit Blick auf Deutsch im Abitur kennen. Wir erklären dir hier, was typisch für ein Sonett Gedicht ist und was das für deine Gedichtanalyse bedeutet. 

Definition: Das ist ein Sonett

Das Sonett ist eine Gedichtform, die durch ihren speziellen Aufbau gekennzeichnet ist. Es besteht aus vierzehn Versen, die sich in einer bestimmten Anzahl auf die insgesamt vier Strophen verteilen. Darüber hinaus verwendet das Sonett Gedicht alternierende Versmaße, also ein Metrum, bei dem sich betonte und unbetonte Silben abwechseln. Meistens ist das der Jambus. Als Reimschema begegnet dir häufig ein umarmender Reim in den ersten zwei Strophen und das Muster cdc/dcd, cde/cde und ccd/eed in der dritten und vierten Strophe. Je nach Literaturepoche kann es hier jedoch verschiedene Variationen geben.

Der Begriff "Sonett" verweist übrigens auf seinen italienischen Ursprung: Die deutsche Bezeichnung geht auf die Gedichtart "sonetto" zurück. Diese wiederum leitet sich vom lateinischen Verb "sonare" ab, das "tönen" oder "klingen" bedeutet. Außerdem ist es mit dem Nomen "sonus" verwandt. Du kannst es als "Klang" oder "Schall" übersetzen. Seine Entstehung reicht zurück bis ins 13. Jahrhundert.

Die Merkmale des Sonetts

Das charakteristischste Merkmal eines Sonetts ist, dass es einem strengen Aufbau folgt. Daraus ergeben sich wiederum weitere typische Aspekte, die sich auf

  • Inhalt
  • Metrum und 
  • Reimschema beziehen.

Auch wenn es in den verschiedenen Literaturepochen sowie einzelnen Regionen variierende Ausprägungen der Sonettdichtung gibt, unterscheiden diese sich lediglich in einzelnen Details. Das Grundprinzip ändert sich jedoch nicht.

Aufbau

Der Aufbau eines Sonetts ist genau festgelegt. Es besteht aus vier Strophen, deren jeweilige Verszahl genau festgelegt ist. So setzen sich die ersten zwei Strophen immer aus jeweils vier Versen zusammen. Deswegen werden sie als Quartette bezeichnet. Auf sie folgen zwei Terzette, also zwei Strophen, die aus jeweils drei Versen bestehen. Damit kommst du auf insgesamt vierzehn Verse, die ein Sonett lang ist. 

Inhalt

Der spezifische Aufbau eines Sonett Gedichts hat auch Auswirkungen auf seine inhaltliche Gestaltung. In der italienischen Ursprungsform wird in den Quartetten eine Behauptung aufgestellt, in den Terzetten folgt dann die Antithese, also eine Gegenbehauptung.

In den deutschen Sonetten des Barock findest du die Antithese häufig schon innerhalb eines Verses, wie etwa in dem bekannten Gedicht "Es ist alles eitel" von Andreas Gryphius:

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein.
Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein,
auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.

Den antithetischen Aufbau – übrigens auch ein typisches Merkmal des Barock – erkennst du hier in Vers 2 und 3 sehr deutlich: bauen und einreißen, Stadt und Wiese. Dadurch ergibt sich schon innerhalb des Verses eine Zweiteilung, weshalb hier zusätzlich noch eine Zäsur vorliegt, also ein Einschnitt innerhalb des Verses. Unabhängig vom konkreten Inhalt des Gedichtes kannst du dir auf jeden Fall merken:

  • Das Sonett arbeitet mit einem antithetischen Aufbau.
  • In barocken Gedichten findest du die Antithese bereits innerhalb der Verse und nicht erst in den Terzetten. 
  • Durch die Antithese entsteht innerhalb des Verses ein Einschnitt, eine sogenannte Zäsur.

Das Metrum

Ein Merkmal, das zu bestimmen nicht immer ganz leicht fällt, ist das Metrum, auch Versmaß genannt. Es legt den Rhythmus des Gedichtes fest. Dieser setzt sich aus der Abfolge von betonten und unbetonten Silben zusammen. Welche Silbe betont und welche Silbe unbetont ist, erkennst du, indem du das Gedicht übertrieben deutlich und betont aussprichst. 

Ein häufiges Metrum in Sonetten ist der fünfhebige Jambus. Er setzt sich aus der Silbenfolge unbetont/betont zusammen. "Fünfhebig" bedeutet, dass er fünf Hebungen und somit fünf betonte Silben hat.

Das Reimschema

Grundsätzlich ist das Reimschema eines Sonetts nicht festgelegt. Allerdings gibt es einige Reimschemata, die besonders häufig in Sonetten auftauchen. Für die beiden Quartette, also die ersten zwei Strophen, ist der umarmende Reim mit der Abfolge abba gängig. Die Terzette hingegen können sehr unterschiedlich ausfallen, oft begegnet dir hier das Muster cdc/dcd, cde/cde und ccd/eed.

Sonderformen: Alexandriner und Shakespearean Sonnet

Die italienische Originalform des Sonetts besteht aus 14 Zeilen zu je zwei Quartetten und zwei Terzetten. Seine Verse setzen sich jeweils aus elf Silben zusammen, weshalb man auch vom Elfsilber oder Endecasyllabi spricht. Sonderformen sind der Alexandriner und das Shakespearean Sonnet.

Der Alexandriner

Der barocke Dichter Martin Opitz erklärte den sogenannten Alexandriner zum wesentlichen Versmaß der deutschen Dichtung. Anders als die italienischen Sonette besteht der Alexandriner aus zwölf oder 13 Silben und weist statt eines fünfhebigen einen sechshebigen Jambus auf. Typisch ist zudem die Zäsur, wie du sie im Beispiel "Es ist alles eitel" von Andreas Gryphius schon gesehen hast. Dieser festgelegte Einschnitt macht sich beim Sprechen durch eine Pause bemerkbar und wirkt sich somit auch rhythmisch auf das Sonett aus.

Das erkennst du gut an dem Gedicht "Tränen des Vaterlandes", das ebenfalls von Andreas Gryphius verfasst wurde:

Die Türme stehn in Glut, die Kirch' ist umgekehret. 
Das Rathaus liegt im Grauß, die Starken sind zerhaun, 
Die Jungfern sind geschänd't, und wo wir hin nur schaun 
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfähret.

In dieser zweiten Strophe des Sonetts siehst du sehr deutlich den sechshebigen Jambus mit Mittelzäsur, die du hier in jedem Vers schon beim Sprechen sehr deutlich hören kannst. Lies es einfach mal laut vor.

Das Shakespearean Sonnet

Das Shakespearean Sonnet geht auf William Shakespeare zurück und unterscheidet sich durch seine Form vom italienischen Original sowie dem barocken Alexandriner. Es besteht aus drei statt zwei Quartetten und an die Stelle der zwei Terzette treten zwei Zweizeiler, Couplets oder im Englischen auch "heroic couplets" genannt.

Inhaltlich wird in den ersten beiden Quartetten eine These aufgestellt, auf die dann im dritten Quartett eine Antithese folgt. In den Couplets folgt dann eine Synthese, die eine Verbindung zwischen These und Antithese herstellt.

Interpretationshilfen

Die Merkmale eines Sonetts zu kennen, hilft dir nicht nur, ein Sonett Gedicht zu erkennen und zu benennen. Es erleichtert dir auch deine Interpretation, weil es dir schon konkrete formale Aspekte liefert, auf die du beim Interpretation schreiben eingehen kannst. Allein die Feststellung, dass es sich um ein Sonett handelt, kannst du zum Beispiel wie folgt in deine Analyse einbeziehen:

Das Gedicht "Es ist alles eitel" von Andreas Gryphius besteht aus vier Strophen, die sich aus zwei Quartetten mit jeweils vier Versen (Strophe 1 und 2) sowie zwei Terzetten mit jeweils drei Versen (Strophe 3 und 4) zusammensetzen. Damit handelt es sich um ein Sonett, das besonders in der Epoche des Barock eine der beliebtesten Gedichtformen war. Das begründet sich unter anderem darin, dass die barocke Sprache strengen Mustern folgte und somit auch bei der Literatur Wert auf einen klaren und harmonischen Aufbau legte.

Formale Aspekte

Mit Bezug auf die typischen formalen Merkmale eines Sonetts könntest du deine Analyse zum Beispiel wie folgt fortsetzen:

Wie im Barock üblich, verwendeten die Literaten /-innen nicht das Versmaß des italienischen Sonetts, sondern den Alexandriner. Dieser besteht aus einem sechshebigen Jambus, der sich auch in "Es ist alles eitel" nachweisen lässt. Auch das Reimschema ist typisch für ein Sonett. Die beiden Quartette bestehen aus einem umarmenden Reim (abba), die Terzette hingegen haben das Reimschema ccd - eed. Diese klare Struktur stellt einen Gegensatz zum Inhalt des Gedichtes dar, in dem Gryphius die Zerstörung und das Leid schildert, die der Dreißigjährige Krieg über die Menschen bringt. Form und Inhalt bilden somit eine Antithese und damit ein charakteristisches Merkmal des Barock. Zugleich unterstützen sie den antithetischen Aufbau, der für ein Sonett typisch ist.

Wie du siehst, hast du damit allein auf Grundlage dessen, was du über die formalen Merkmale eines Sonetts weißt, interpretatorisch schon einiges herausgeholt, ohne ins Detail gehen zu müssen. Achte dabei immer darauf, dass du die Merkmale nicht nur auflistest, sondern dich dabei auch immer fragst: Welche Wirkung haben sie und welchen Zusammenhang gibt es zwischen Form und Inhalt?

Inhaltliche Aspekte

Unabhängig vom konkreten Inhalt des Sonetts, weißt du schon, dass Sonette immer einer inhaltlichen Logik folgen, die auf dem Zusammenspiel von These und Antithese fußt. Somit kannst du darauf auf jeden Fall in deiner Analyse eingehen. Bei barocken Sonetten weißt du zudem, dass die Antithese oft schon innerhalb eines Verses zu finden ist. Damit hast du also direkt schon ein rhetorisches Mittel, das du sicher erkennst und auf das du eingehen kannst.

Bekannte Sonette

Besonders populär waren Sonette in der Epoche des Barock, ehe sie dann lange Zeit keine allzu große Rolle mehr in der deutschen Lyrik spielte. Erst in der Weimarer Klassik und der Romantik-Epoche feierte das Sonett Gedicht sein großes Revival und ist von da an auch in anderen Literaturepochen wie dem Symbolismus oder dem Expressionismus zu finden.

  • "Sonnet No. 1" (1609), William Shakespeare
  • "Tränen des Vaterlandes" (1636), Andreas Gryphius 
  • "Es ist alles eitel" (1637), Andreas Gryphius 
  • "Natur und Kunst" (1800), Johann Wolfgang von Goethe 
  • "Am Walde" (1833), Eduard Mörike
  • "Frühling ist wiedergekommen" (1922), Rainer Maria Rilke 

Weitere Infos

Weiterführende Infos zu den verschiedenen Literaturepochen findest du hier:

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FAQ: Häufige Fragen zum Sonett

Wann ist ein Gedicht ein Sonett?

Ein Gedicht ist ein Sonett, wenn es folgende formale Kriterien erfüllt: Es besteht aus vier Strophen. Die ersten zwei Strophen setzen sich aus jeweils vier, die letzten beiden aus jeweils drei Strophen zusammen. Insgesamt besteht ein Sonett aus vierzehn Versen.

Was ist ein Sonett Beispiel?

Bekannte Beispiele für ein Sonett findest du vor allem in der deutschen Barockdichtung mit "Tränen des Vaterlandes" und "Es ist alles eitel" von Andreas Gryphius.

Was für eine Wirkung hat ein Sonett?

Du schreibst das mit zwei S, wenn es sich um eine Konjunktion handelt. Oder anders gesagt: Wenn es nicht durch dieses, jenes oder welches ersetzt werden kann.

Das Sonett Gedicht im Überblick

  • Ein Sonett ist ein Gedicht mit einem bestimmten Aufbau.
  • Es besteht aus vier Strophen. Die ersten zwei Strophen sind Quartette, die dritte und die vierte Strophe sind Terzette.
  • Insgesamt hat ein Sonett also vierzehn Verse.
  • Inhaltlich ist es meist antithetisch aufgebaut.
  • In Barockgedichten findest du die Antithesen schon innerhalb eines Verses.
  • Sonderformen sind der Alexandriner und das Shakespearean Sonnet.
  • Die Merkmale eines Sonetts helfen dir auch bei deiner Analyse.

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