Barock Gedichte: So klappt die Interpretation

Elena Weber

Barock Gedichte Totenschädel Symbol

Alles ist vergänglich: Das Vanitas-Motiv findest du in vielen Barock-Gedichten. | Foto: Gutzemberg / Getty Images

Die Epoche des Barock: voller Todessehnsucht

Tod und Verzweiflung – das klingt ein bisschen überdramatisch, charakterisiert die Literaturepoche des Barock aber ganz treffend. Denn der Tod gehörte zu dieser Zeit fest zum Alltag der Menschen. Eine stark ausgeprägte Todessehnsucht und die Hoffnung auf ein besseres Leben im Jenseits sind daher charakteristische Aspekte in Barock Gedichten. Doch das sind nicht die einzigen Barock Merkmale, die du für eine Interpretation kennen solltest. Worauf du in Barock Gedichten noch achten solltest und was du für deine Gedichtanalyse für Deutsch im Abitur wissen solltest, erklären wir dir hier.

Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen; mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen. Der Augenblick ist mein, und nehm' ich den in acht, so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht. (Andreas Gryphius, 1616-1664)

Barock Gedichte: Was du wissen solltest

Für die gelungene Interpretation eines Barock Gedichtes benötigst du zunächst einmal Hintergrundwissen. Ohne Know-how zum Background ist es nicht möglich, ein Gedicht tiefgreifend zu erfassen und detailliert zu analysieren. Denn ob Romantik, Neue Sachlichkeit oder Postmoderne Literatur – jede Epoche weist typische Merkmale auf, die sich zum Teil sehr von anderen Epochen unterscheiden und abgrenzen. Grund dafür ist der zeitgeschichtliche Kontext, in dem sie entstanden sind. Und der ist zur Zeit des Biedermeier (1815–1848) natürlich ein ganz anderer als etwa zur Zeit des Expressionismus (1905–1925) oder der Nachkriegsliteratur (1945–1990). 

Mache dir bei deiner Gedichtsanalyse also bewusst, dass die Gedichte immer ein Spiegel ihrer Zeit sind und Bezug auf die damals aktuellen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Ereignisse nehmen. Das gilt übrigens auch, wenn du Kurzgeschichten interpretierst oder einen Dramentext bearbeitest: Literatur muss immer im zeitgeschichtlichen Kontext verstanden und analysiert werden, egal, um welche literarische Gattungen es sich handelt.

Um Barock Gedichte interpretieren zu können, brauchst du somit:

  • Hintergrundwissen über den zeitgeschichtlichen Kontext
  • Kenntnisse über die spezifischen Themen, Motive und Stilmittel der Epoche
  • Basiswissen über andere Epochen,damit du sie einordnen und voneinander abgrenzen kannst.

Über die Epoche

Die Literaturepoche des Barock erstreckt sich über den ungefähren Zeitraum von 1600 bis 1750. Sie folgt auf Renaissance und Humanismus und geht der Epoche der Aufklärung (1720-1800) voraus. Ihr Name leitet sich von dem portugiesischen Begriff "barocco" ab. Dieser stammt aus der Juweliersprache und kann mit "seltsam geformte, schiefrunde Perle" übersetzt werden. Typisch für den Barock ist seine ausladende Ästhetik. Diese kennst du vor allem aus den Bereichen Architektur, Interieur und Mode: das prunkvolle Schloss Versailles, bauchige, mit viel Zierrat und Schnörkeln vergoldete Möbelstücke und gerüschte Kleider mit bis zu zwölf Unterröcken in Kombination mit hochgetürmten weißen Perücken.

Dieser Hang zum Überladenen findest du auch in Barock Gedichten. Das liegt nicht nur an der aus heutiger Sicht schwülstigen, da veralteten Sprache. Generell zeichnet sich barocke Lyrik durch eine üppige Bildsprache aus. Das klingt anstrengend, hat für dich aber einen großen Vorteil: Du musst nicht groß nach rhetorischen Mitteln suchen. Metaphern, Personifikationen und andere bildhafte Stilmittel findest du in Barock Gedichten massenhaft.

Alle Literaturepochen auf einen Blick

Einteilung der Epoche

Die Zeit des Barock lässt sich in verschiedene Phasen unterteilen, deren zeitliche Abgrenzung jedoch nicht immer eindeutig möglich ist. So findest du oft auch Angaben, dass das Barock-Zeitalter bereits 1720 endete. Das ist nicht falsch, sondern liegt einfach daran, dass eine klare Einteilung nicht immer klar möglich ist. Die Menschen haben damals nicht einfach gesagt: "So, Barock ist zu Ende, jetzt fängt die nächste Epoche an." Stattdessen werden Epochenbezeichnungen immer erst im Nachhinein vergeben. Und da Entwicklungen und Ereignisse nicht separiert voneinander verlaufen, sondern ineinander übergehen und sich gegenseitig bedingen, ist eine zeitliche Abgrenzung nicht immer eindeutig gegeben.

Grundsätzlich kannst du die Epoche des Barock in folgende Phasen einteilen:

Phase Zeitraum
Frühbarock  1600 bis 1650
Hochbarock  1650 bis 1700
Spätbarock 1700 bis 1750

Zeitgeschichtlicher Kontext

Wenn du das Stichwort "Barock" hörst, sollte dir sofort das prägendste Ereignis dieser Zeit in den Kopf kommen: der Dreißigjährige Krieg (1618–1648). Dieser hatte den größten Einfluss auf das Denken dieser Zeit. Das liegt zum einen an seiner Dauer, die umso schwerer wiegt, weil die Menschen damals aufgrund ihrer Lebensumstände sowie mangelnder hygienischer und medizinischer Kenntnisse bei weitem nicht so alt wurden wie heute. Bei einer Dauer von dreißig Jahren war es also eine ganze Generation, die im Krieg aufwuchs. Er bestimmte den Alltag der Menschen und sorgte mit Tod, Seuchen und Hungersnöten für großes Leid. Zudem entvölkerte er ganze Landstriche, was Tod und Vergänglichkeit noch gegenwärtiger machte und zu teils gespenstischen Zuständen führte.

Abgesehen davon war die Zeit des Barock die Zeit des Absolutismus. Und auch die katholische Kirche wollte, erschüttert von der Reformation, ihre Macht festigen.

Wusstest du, dass …?

… es im Barock zahlreiche Unterströmungen gab? Die bekannteste davon ist das Rokoko (1725–1770), das als etwas leichter und filigraner als der schwere Barock gilt. Ausprägungen des Rokoko findest du vor allem in Architektur, Dekoration und Mode. Manchmal gilt das Rokoko auch als eigene Epoche, meist wird es aber mit dem Spätbarock zusammengeführt.

Der Dreißigjährige Krieg

Der Dreißigjährige Krieg begann als Religionskrieg und endete als Territorialkrieg. Ausgangspunkt ist die Reformation. Sie beginnt im Jahr 1517, als Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben soll. Dies führte zur Abspaltung der Protestantischen von der Katholischen Kirche und einer konfessionellen Spaltung in Deutschland und ganz Europa. Der Augsburger Religionsfrieden vom 25. September 1555 versuchte zwar die daraus resultierenden Konflikte einzudämmen. Mit dem Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618 brach der Aufstand jedoch offen aus und erfasste bald ganz Europa. Durch seine geografische Lage zwischen einem katholischen Süd- und einem weitestgehend protestantischen Nordeuropa entlud sich der Krieg besonders stark auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, das sich auch innerlich an der konfessionellen Spaltung aufrieb.

Gleichzeitig entluden sich in dem Krieg machtpolitische Interessen, die auch dafür verantwortlich waren, dass Friedensbemühungen wie der Friede von Lübeck (1629) und der Friede von Prag (1635) scheiterten. Erst der Westfälische Friede, als der eine Reihe von Friedensverträgen bezeichnet werden, die zwischen dem 15. Mai und dem 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück unterschreiben wurden, beendete dreißig Jahre Krieg. Er hatte der Bevölkerung Tod, Hunger und Seuchen gebracht und hinterließ verödete Regionen und ausgestorbene Landstriche. Die bäuerliche Bevölkerung war nahezu ausgestorben. Wirtschaftlich und sozial brauchten einige der vom Krieg betroffenen Gebiete mehr als ein Jahrhundert, um sich von den Folgen des Krieges zu erholen. Das Kriegstrauma verankerte sich jedoch tief im kollektiven Gedächtnis – und in Barock Gedichten.

Ein sehr anschauliches Beispiel für ein solches Kriegsgedicht ist "Tränen des Vaterlandes" von Andreas Gryphius. Es gilt als das berühmteste Gedicht des 17. Jahrhunderts und beschreibt bildhaft die Schrecken des Krieges (hier in der alten Schreibweise):

Wir sind doch nunmehr gantz, ja mehr denn gantz verheeret!
Der frechen Völcker Schaar, die rasende Posaun
Das vom Blutt fette Schwerdt, die donnernde Carthaun
Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrath auffgezehret.

Die Türme stehn in Glutt,  die Kirch ist umgekehret.
Das Rathauß ligt im Grauß, die Starcken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Hertz und Geist durchfähret.

Hir durch die Schantz und Stadt rinnt allzeit frisches Blutt.
Dreymal sind schon sechs Jahr als unser Ströme Flutt,
Von Leichen fast verstopfft, sich langsam fort gedrungen.

Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest, und Glutt und Hungersnoth
Das auch der Seelen Schatz, so vielen abgezwungen.

Absolutismus

Der Absolutismus bezeichnet die absolute Monarchie und damit eine Herrschaftsform, in der der/die Monarch /-in der/die alleinige Herrscher /-in ist. Das bedeutet, dass er/sie regiert, ohne Entscheidungen mit anderen Institutionen abstimmen zu müssen. Er oder sie begriff sich als Herrscher /-in von Gottes Gnaden und glaubte an seine/ihre eigene Vollkommenheit. Dieses Selbstverständnis spiegelt sich im Prunk des Barock wider: Die prachtvollen Bauten sollten die königliche, übermenschliche Macht symbolisieren. Hier ahnst du bereits, warum der Barock auch als Epoche der Gegensätze gilt: Während der Adel im Überfluss lebte, waren die Bauern arm und litten am meisten unter den Folgen des Krieges.

Merkmale des Barock

Die Geschehnisse der Zeit prägten das Denken der Menschen maßgeblich. In Barock Gedichten äußert es sich in folgenden charakteristischen Barock Merkmalen:

  • Antithetik
  • das Vanitas-Motiv
  • Memento mori
  • Carpe diem

Antithetik

Barocke Pracht und Kriegsleid – die Epoche des Barock war von Gegensätzen geprägt. Auf der einen Seite schwelgte der Adel nach Vorbild des französischen Absolutismus in Luxus und Verschwendung. Auf der anderen Seite lebte die einfache Bevölkerung in Armut, Hunger und Krankheit. Prunkvolle Bauten demonstrierten die Macht der herrschenden Klasse, während ganze Dörfer vom Krieg und seinen Folgen ausgerottet waren. Die eigene Vergänglichkeit war allgegenwärtig, gleichzeitig sehnte man sich nach dem Leben und wollte es genießen.

In Barock Gedichten wird die Verwendung dieser inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Typische Gegensatzpaare in barocken Gedichten sind:

  • Diesseits und Jenseits
  • irdisches und himmlisches Leben
  • Tugend und Wollust
  • Erotik und Askese
  • Spiel und Ernst
  • Schein und Sein

Das Vanitas-Motiv

Ein großes Thema in der gesamten barocken Kunst – und damit natürlich auch in Barock Gedichten – ist das Vanitas-Motiv. Der Begriff "Vanitas" ist lateinisch und bedeutet "Vergänglichkeit", "Nichtigkeit" oder "Eitelkeit". Er stellt den Gedanken an die eigene Vergänglichkeit und Bedeutungslosigkeit des Lebens in den Vordergrund.

Ein Beispiel, an dem du das Vanitas-Motiv sehr gut nachvollziehen kannst, ist das Gedicht "Es ist alles eitel" von Andreas Gryphius aus dem Jahr 1637. Es gehört zu den bekanntesten Barock Gedichten und ist dir vielleicht schon im Deutschunterricht begegnet. Falls nicht könnte es ein mögliches Gedicht sein, das du in einer Klausur analysieren musst.

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo jetz noch Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden;

Direkt im ersten Vers seines vierstrophigen Sonetts spricht der Autor den zentralen Gedanken des Vanitas-Motivs aus: Es gibt auf der gesamten Welt nur Eitelkeit. Eitelkeit ist hier ein Ausdruck für Vergänglichkeit. Seine These ist also: Alles ist vergänglich, nichts hat Bestand. Dies verdeutlicht er direkt an Beispielen, die er antithetisch aufbaut: Aufbauen und Einreißen (V.2) und Städte und Natur ("Wiese", V.3). Dass in dem Vanitas-Motiv auch ein religiöser Aspekt steckt, zeigt sich in der vierten und letzten Strophe des Gedichts im letzten Vers:

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind;
Als eine Wiesenblum’, die man nicht wieder find’t.
Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten!

Im Gegensatz zum irdischen Dasein, das vergänglich ist wie Schatten, Staub und Wind, ist das Leben nach dem Tod ewig. Doch der Mensch weigert sich noch, zu erkennen, dass der einzige Sinn in seinem irdischen Dasein das Leben nach dem Tod ist. 

Wusstest du, dass…?

… das Vanitas-Motiv bis heute Einfluss auf die ästhetische Gestaltung von Horrorfilmen hat? Viele klassische Requisiten wie Masken, Spiegel, Ruinen oder Totenschädel sind barocke Vanitas-Symbole. Als allgemeingültige Tradition haben sie die Jahrhunderte überdauert und werden von uns immer noch als gruselig empfunden.

Memento mori

Auch beim Motiv "Memento mori" geht es um Tod und Vergänglichkeit. Übersetzt bedeutet der Ausdruck "Bedenke, dass du sterben musst". Er steht im Gegensatz zur Idee des Carpe diem, das daran appelliert, den Tag zu nutzen.

Ein Beispiel für das Memento-mori-Motiv findest du in dem Gedicht "Die Vergänglichkeit der Schönheit." Das Sonett von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau beschreibt, dass die Schönheit vergänglich, da sterblich ist. So heißt es in der ersten Strophe:

Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand
Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen
Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen;
Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand.

Hier geht es nicht nur um den Vanitas-Gedanken. Das Motiv der Vergänglichkeit steht auch im engen Zusammenhang mit dem Memento mori, wie bereits der erste Vers mit der Personifikation des Todes aussagt: Der Tod kommt und wird dich holen. Sprich: Du wirst sterben. Das ist unausweichlich.

Carpe diem

Passend zum antithetischen Weltbild des Barock, stand dem Memento-mori-Gedanken das Motto "Carpe diem" gegenüber. Es bedeutet "Nutze den Tag" und ruft dazu auf, das Leben zu genießen.

Das Gedicht "An sich" von Paul Fleming zeigt, wie der Carpe-diem-Gedanke in Barock Gedichten zum Ausdruck kommen kann. Das Sonett aus dem Jahr 1641 ist eine Aufforderung an sich selbst, das Leben nicht so schwer zu nehmen und den Tag zu leben. So heißt es in der ersten Strophe:

Sei dennoch unverzagt! Gib dennoch unverloren!
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.

Gemäß der Aufforderung "Carpe diem – Nutze den Tag" richtet das lyrische Ich hier Befehle an sich selbst, nicht aufzugeben und zu verzagen (V.1). Der Gebrauch des Wortes "dennoch" verweist dabei auf die an sich so hoffnungslose Situation sowie das Bewusstsein, dass alles vergänglich ist. Trotzdem solle man nicht neidisch, sondern offen dafür sein, Glück zu finden und das Leben genießen (V.2-4).

Gut zu wissen

Die Merkmale Antithetik, Vanitas, Memento mori und Carpe diem begegnen dir in allen Barock Gedichten. In deiner Interpretation solltest du sie aber nicht nur aufzählen, sondern immer auch erläutern, was sie bedeuten – allgemein und in Bezug auf den Inhalt des Gedichts.

Gedichte des Barock

Die bevorzugte Literaturform des Barock war die Lyrik. Der Grund dafür ist offensichtlich: Als sprachliche Kunstform bieten sich vor allem Gedichte dafür an, sprachlich ausgeschmückt und mit sprachlichen Bildern und Stilmitteln "überladen"  zu werden. Die charakteristischste barocke Gedichtform ist das Sonett. Weitere beliebte Gedichtformen sind Epigramm, Elegie und Ode.

Sonett

Zu den gängigsten Gedichtformen des Barock ist das Sonett. Es besteht aus einem klaren Aufbau: 14 Verszeilen, die in vier Strophen eingeteilt sind. Auf zwei Quartette (Strophen mit je vier Versen) folgen stets zwei Terzette (Strophen mit jeweils drei Versen). Das Metrum ist ein sechshebiger Jambus, der sogenannte Alexandriner.

Epigramm

Als kurzes Sinn- oder Spottgedicht drückt das Epigramm in geraffter und zugespitzter Form unterschiedliche Gedanken aus. Es ist sehr kurz und pointiert, wie du zum Beispiel an dem Epigramm "Jetzt musst du blühen" von Angelus Silesius, das zwischen 1640 und 1677 entstand:

Blüh auf, gefrorner Christ, der Mai ist vor der Tür,  
Du bleibest ewig tot, blühst du nicht jetzt und hier.

Elegie

Die Elegie zeichnet sich durch ihre wehmütige, resignierende Grundstimmung aus. SIe besteht nur aus Distichen, also Zweizeilern. Diese wiederum setzen sich meist nur aus dem Versmaß Daktylus zusammen.

Ode

Eine Ode ist ein besonders feierliches und erhabenes Gedicht. Sie hat ihren Ursprung im antiken Chorgesang und wurde deshalb zu einer Melodie gesungen.

Gedichtform Merkmale
Sonett 14 Verszeilen, die in vier Strophen eingeteilt sind: zwei Quartette (Strophen mit je vier Versen), zwei Terzette (Strophen mit jeweils drei Versen)
Epigramm kurzes Sinn- oder Spottgedicht
Elegie wehmütige Grundstimmung, besteht nur aus Zweizeilern
Ode feierlich und erhaben

Barock Gedichte interpretieren

Nachdem du nun den historischen Hintergrund von Barock Gedichten sowie ihre Themen und Merkmale sowie typische Gedichtformen kennst, hast du das nötige Wissen, um Barock Gedichte detailliert zu interpretieren. Dabei solltest du

  • zuerst das Gedicht lesen und dir inhaltliche und formale Besonderheiten markieren.
  • eine Gedichtanalyse verfassen.

Das Vorgehen bei einer Gedichtanalyse ist immer gleich, egal ob du Romantik Gedichte, Expressionismus Gedichte oder eben Barock Gedichte analysierst.

Bekannte Barock Gedichte

  • "Es ist alles eitel", Andreas Gryphius
  • "Tränen des Vaterlandes", Andreas Gryphius
  • "Vanitas! Vanitatum Vanitas!", Andreas Gryphius
  • "Die Welt", Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
  • "Vergänglichkeit der Schönheit", Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
  • "Carpe diem", Martin Opitz

Schritt 1: Lesen und Besonderheiten markieren

Zunächst musst du das Gedicht lesen. Klingt logisch, meint aber nicht, einmal schnell überfliegen und dann drauf los schreiben. Nimm dir Zeit, das Gedicht mehrmals zu lesen und beim wiederholten Lesen alles zu markieren, was dir inhaltlich und formal auffällt, zum Beispiel:

  • epochentypische Merkmale, Motive und Themen
  • Hinweise auf den zeitgeschichtlichen Kontext
  • formale Auffälligkeiten wie Reimschema, Metrum, Verslänge, Kadenz oder Interpunktion

Mit einer gründlichen Vorarbeit schaffst du eine Grundlage für deine Analyse und erleichterst dir das schreiben. Das ist besonders deshalb wichtig, weil es in einer Gedichtinterpretation darum geht, Form und Inhalt miteinander zu verknüpfen. Eine komplette Analyse musst du dir aber auch noch nicht an den Rand schreiben. Viele Verbindungen ergeben sich beim Schreiben deines Textes.

Schritt 2: Die Analyse schreiben

Das Instrument deiner Arbeit ist die Gedichtanalyse. Sie folgt einem klaren Aufbau –  Einleitung, Hauptteil, Schluss – und gibt vor, wo du welchen Aspekt unterbringen musst. Hier nochmal ein kurzer Überblick zur Erinnerung:

  • Einleitung: Titel, Textsorte, Autor, Erscheinungsjahr und Thema – diese Punkte müssen in jeder Einleitung stehen. Du kannst sie meist in ein bis zwei Sätzen formulieren, zum Beispiel: Das vorliegende Gedicht "Es ist alles eitel" von Andreas Gryphius aus dem Jahr 1637 thematisiert die Vergänglichkeit des menschlichen und irdischen Lebens. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges veranschaulicht es das Vanitas-Motiv, einen typischen Gedanken der Epoche des Barock: Alles ist vergänglich.
  • Hauptteil: Der Hauptteil beginnt mit einer kurzen Inhaltsangabe. Dann gehst du auf die formalen Gegebenheiten ein. Dazu gehören Anzahl der Strophen und Verse, Versmaß und Reimschema. Es folgt die eigentliche Analyse: Du suchst nach epochentypischen Merkmalen und rhetorischen Mitteln, interpretierst diese und setzt Form und Inhalt in Bezug zueinander und in Bezug zur Epoche selbst.
  • Schlussteil: Hier fasst du kurz deine wichtigsten Erkenntnisse zusammen, formulierst die Aussage des Gedichts und bewertest diese in Hinblick auf die Epoche.

Was bei einer Gedichtanalyse immer eine große Hilfe ist, ist, wenn du dir bewusst machst, wie die Menschen in dieser Zeit dachten und was ihnen wichtig war. Im Barock war das vor dem Hintergrund der traumatischen Kriegserfahrung das Bewusstsein des eigenen Todes und der Sicherheit, dass nichts von Dauer ist, sondern vergeht. Suche daher gezielt nach Merkmalen wie Vanitas und Memento mori, achte darauf, ob du vielleicht Gegensätze im Gedicht findest und ob vielleicht auch der religiöse Aspekt eine Rolle spielt. Dann schaust du dir an, wie diese Merkmale sprachlich zum Ausdruck gebracht werden.

Die Sprache des Barock

Alles im Barock war üppig und ausdrucksstark und so sind es auch die Gedichte. Die äußere Ästhetik und die Sprache waren für die Dichter dieser Zeit sehr wichtig – was dir deine Analyse sehr erleichtert. Zwar schreckt dich auf den ersten Blick vielleicht die veraltete, schwülstige Sprache ab. Tatsächlich kannst du dir bei Barock Gedichten aber sicher sein, dass du immer genug zum Analysieren hast. Zum einen unterlag die barocke Dichtung einem klaren Muster. Es gab keine Experimente, alles musste ins Schema passen. (Das ist eigentlich auch ganz naheliegend, schließlich lebten die Menschen in unsicheren Zeiten. Die Dichter bevorzugen klare Strukturen und damit Sicherheit.) Zum anderen findest du in barocken Gedichten zahlreiche Stilmittel. Um eine starke Bildsprache zu schaffen, sind das vor allem

  • Metaphern,
  • Personifikationen,
  • Parallelismen,
  • Antithesen, 
  • Repetitio (Wiederholungen), 
  • Hyperbeln (Übertreibungen) und
  • Symbole.

Typisch sind zudem Ausrufe, die Emotionalität transportieren, und rhetorische Fragen, die oft die Ratlosigkeit angesichts der Situation ausdrücken. Ein weiteres gängiges Merkmal, das du in deiner Analyse erwähnen kannst, ist das sogenannte Enjambement, der Zeilensprung. Bei diesem Stilmittel wird ein Satz oder Teilsatz nicht innerhalb eines Verses beendet, sondern springt mittendrin in den nächsten Vers, beispielsweise wie bei "Es ist alles eitel":

Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn. 
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn? 
Ach, was ist alles dies, was wir für köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind, 
Als eine Wiesenblum, die man nicht wieder find't! 
Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten.

Hier findet ein Zeilensprung vom letzten Vers der dritten Strophe (Ach, was ist alles dies, was wir für köstlich achten) in die nächste Strophe statt (in diesem Fall Strophensprung genannt). Der Satz wird also über mehrere Verse fortgesetzt. Die Funktion kann beispielsweise darin bestehen, Strophen oder Verse stärker inhaltlich miteinander zu verknüpfen oder etwas besonders zu betonen.

Wusstest du, dass...

… barocke Dichter entscheidend zur Entwicklung der neuhochdeutschen Literatur beigetragen haben? Erstmals verfassten sie ihre Werke nicht mehr auf Latein, sondern in deutscher Sprache. Ein Grund dafür war, dass die Leser /-innen sich selbst und ihre Erfahrungen in den Werken wiederfinden sollten. 

Tipps für die Interpretation von Barock Gedichten

Barock Gedichte zu interpretieren, ist nicht ganz einfach. Wenn du sie das erste Mal liest, kann es sein, dass du das Gefühl hast, nichts verstanden zu haben. Aber mit ein paar Tipps ist die Interpretation gar nicht so schwierig. Folgende Punkte können dir bei deiner Analyse helfen:

  1. Der zeitgeschichtliche Kontext: Ihn zu kennen, ist die Grundvoraussetzung für die Interpretation von Barock Gedichten. Ohne Kenntnisse über die damalige Zeit und ihre bedeutenden Ereignisse ist der Inhalt eines barocken Gedichtes kaum verständlich.
  2. Die Barock-Motive: Die typischen Motive des Barock – Vanitas, Memento mori und Carpe diem – tauchen in nahezu jedem Barock Gedicht auf. Wenn du weißt, was sie bedeuten, ist es leicht, sie zu erkennen.
  3. Die Themen des Barock: Der Barock hat sich mit bestimmten Themen wie dem Dreißigjährigen Krieg, dem Tod oder dem Leben nach dem Tod auseinandergesetzt. Wenn dir das bewusst ist, sind Barock Gedichte viel leichter zu lesen.
  4. Die Sprache: Die Sprache des Barocks ist alt und manchmal schwer verständlich, aber wenn du weißt, welche rhetorischen Mittel der Barock bevorzugt, kannst du gezielt danach suchen.
  5. Folge deinen Assoziationen. Die Sprache des Barock ist bildhaft. Vertraue auf die Bilder, die Barock Gedichte bei dir auslösen und erkläre sie mit Bezug auf den historischen Hintergrund.

Falls du jetzt denkst, dass das ziemlich viel zu lernen ist: Ja, das stimmt, denn neben den sprachlichen Besonderheiten musst du für eine Interpretation von Barock Gedichten auch die historischen Fakten und Zusammenhänge kennen. Der Vorteil daran: Wenn du diese Zusammenhänge kennst, kannst du sie wie eine Check-Liste anwenden und gezielt die einzelnen Punkte ab- und in deine Analyse einarbeiten.

FAQ: Häufige Fragen zu Barock Gedichten

Was ist typisch für ein Gedicht aus dem Barock?

Typisch für ein Gedicht aus dem Barock sind seine Merkmale Vanitas, Memento mori und Carpe diem. Sie beschreiben das Lebensgefühl der Menschen und setzen sich meist mit der Bedrohung durch den Dreißigjährigen Krieg auseinander. Häufig findet sich zudem eine starke Antithetik. Charakteristisch ist ferner eine üppige Bildsprache und die Verwendung vieler historischer Mittel.

Was ist typisch für die Barockzeit?

Typisch für die Barockzeit sind sein überladener Prunk und Zierrat. Das zeigt sich nicht nur in Architektur, Einrichtung und Mode, sondern auch in der sprachlichen Gestaltung von Gedichten.

Was ist die Barock Epoche?

Die Epoche des Barock bezeichnet einen Zeitraum zwischen Reformationszeit und Aufklärung und umfasst die Jahre 1600 bis ungefähr 1750. Prägend für diese Zeit war der Dreißigjährige Krieg. Er ist ein Grund, warum die Epoche wie keine andere von Gegensätzen und Widersprüchen gekennzeichnet ist.

Barock Gedichte im Überblick

  • Um Barock Gedichte analysieren zu können, solltest du den zeitgeschichtlichen Kontext sowie die typischen Themen und Motive der Zeit kennen.
  • Das wichtigste Ereignis der Zeit war der Dreißigjährige Krieg.
  • Vanitas, Memento mori und Carpe diem sind die Leitmotive und zentralen Merkmale des Barock.
  • Typisch ist eine starke Antithetik sowie eine ausdrucksstarke Bildsprache. 
  • Achte auf formale Aspekte wie Reimschema und Metrum. 
  • Versuche in deiner Analyse immer das Zusammenspiel von Form und Inhalt darzustellen. Mache dir klar, dass die formale Gestaltung eines Gedichts immer mit der inhaltlichen zusammenhängt.

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