Stilmittel Gedicht: Diese solltest du kennen
In Gedichten findest du viele Stilmittel. | Foto: nortonrsx / Getty Images
Stilmittel Gedicht: jede Menge Arbeit
Eine Gedichtanalyse gehört für viele Schülerinnen und Schüler nicht zu den beliebtesten Aufgaben. Das liegt nicht nur daran, dass diese Art der Interpretation ziemlich komplex ist, sondern vor allem an ihnen: den Stilmitteln. In der literarischen Gattung der Lyrik, zu denen Gedichte ja gehören, kommen sprachliche Mittel in hoher Dichte vor. Dadurch wird ihre Sprache besonders kunstvoll, manchmal aber auch schwer zu verstehen. Für deine Textanalyse bedeuten sie auf jeden Fall jede Menge Arbeit, denn die Stilmittel eines Gedichtes sollen analysiert und gedeutet werden. Wie dir das am besten gelingt und welche Stilmittel eines Gedichtes du dabei beachten solltest, haben wir hier für dich zusammengestellt.
Definition: Das sind Stilmittel
Stilmittel sind sprachliche Gestaltungsmittel, die der Verfasser oder die Verfasserin eines Textes einsetzt, um damit eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Sie werden auch als rhetorische Mittel oder sprachliche Mittel bezeichnet.
Der Ursprung dieser Stilmittel liegt in der griechischen Antike, weshalb sie meist griechische oder lateinische Namen tragen. Rhetorische Mittel tauchen vor allem in epischen (z.B. Romane, Kurzgeschichten), dramatischen (z.B. Dramen oder Komödien) und lyrischen Texten (z.B. Gedichte) auf, werden aber auch in Reden sowie in der Werbung oder, wenn auch in reduzierter Form, in Sachtexten oder Essays verwendet.
Die Funktion von Stilmitteln
Um Stilmittel richtig deuten zu können, solltest du dir ihre grundsätzliche Funktion bewusst machen: Rhetorische Figuren erschaffen Bilder, die Inhalt und Aussage eines Textes veranschaulichen oder betonen sollen. Das bedeutet, dass Stilmittel immer eine bestimmte Wirkung erzielen wollen. Welche Wirkung das ist, kommt dabei auf den Inhalt und die Aussageabsicht des Textes an – und in einer Gedichtanalyse ist es deine Aufgabe, genau diese Wirkung herauszuarbeiten.
Die wichtigsten Stilmittel eines Gedichtes
Doch bevor du mit dem Interpretieren loslegen kannst, musst du die Stilmittel natürlich erstmal erkennen. Das bedeutet, du musst wissen, welche rhetorischen Mittel es gibt und wie du sie identifizieren kannst. Hier findest du die wichtigsten Stilmittel, die dir in einem Gedicht begegnen können, im Überblick.
Stilmittel | Erklärung | Beispiel | Wirkung |
---|---|---|---|
Alliteration | aufeinanderfolgende Begriffe mit gleichem Anfangsbuchstaben | Blaukraut bleibt Blaukraut | Betonung, erzeugt bestimmten Klang |
Anapher | Wiederhoung eines oder mehrerer Wörter zu Beginn aufeinanderfolgender Verse | Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! Es war getan fast eh gedacht. (Goethe, "Willkommen und Abschied") |
Verstärkung eines Wortes oder einer Aussage, Rhythmisierung |
Antithese | Gegenüberstellung von Gegensätzen | Harte Schale, weicher Kern. | Betonung einer Aussage |
Chiasmus | Satzglieder zweier Sätze stehen in einer entgegengesetzter Anordnung | Die Welt ist groß, klein ist der Verstand. | Hervorhebung |
Ellipse | Auslassen eines Satzteils im Vers | Frisch also, mutig ans Werk! (Friedrich Schiller, "Die Räuber") | Verkürzung des Satzes, Fokussierung |
Epipher | Wortwiederholung am Ende von Sätzen oder Satzteilen | Und doch, welch Glück! geliebt zu werden! Und lieben, Götter, welch ein Glück! (Johann Wolfgang von Goethe, "Willkommen und Abschied") |
Rhythmisierung, Betonung |
Enjambement | Zeilensprung | Paulinchen war allein zuhaus die Eltern gingen beide aus. (Heinrich Hoffmann, "Der Struwelpeter") |
Hervorhebung |
Euphemismus | Beschönigung | stilles Örtchen (Toilette), „Sie wohnt im Schattenlande“ (Schiller: Die Glocke ⇒ Sie ist tot.) | Aufwertung, Milderung oder Vertuschung |
Metapher | Bildhafte Darstellung | ein Meer der Tränen, Frühling lässt sein blaues Band | Veranschaulichung, Transportieren von Emotionen |
Oxymoron | Kombination von zwei gegensätzlichen Begriffen | bittere Süße, schwarze Milch | durch ihre Widersprüchlichkeit eine Mehrdeutigkeit aufzuzeigen und Aufmerksamkeit zu erregen |
Parallelismus | gleicher Satzbau | In deinen Küssen welche Wonne!In deinen Augen welcher Schmerz! (Johann Wolfgang von Goethe, "Willkommen und Abschied") | Aussagen verstärken oder Gegensätze betonen |
Personifikation | Vermenschlichung von Gegenständen, abstrakten Begriffen oder Tieren | Die Sonne lacht. | Veranschaulichung |
Repetitio | Wiederholung eines Wortes oder eines Versteils | Wir weben, wir weben (Heinrich Heine, "Die schlesischen Weber" | Betonung |
Synästhesie | Verbindung verschiedener Sinneseindrücke | Schreiendes Rot, kalte Stimme, süßer Klang | Atmosphäre und Emotionen erzeugen |
Tautologie | Wiederholung eines Ausdrucks mit anderen Wörtern oder genau gleichen Wort | still und leise, voll und ganz | Verdeutlichung einer Aussage |
Vergleich | Verbindung von zwei ähnlichen Begriffen mit „wie“ oder „als“ | Sie singt wie eine Nachtigall. | Vorstellungskraft anregen |
Beachte, dass in der Tabelle die Wirkung der einzelnen Stilmittel nur exemplarisch und sehr allgemein erfolgt. Es gibt noch weitere Wirkungsmöglichkeiten, die sich ergeben, wenn du das Stilmittel in einen bestimmten Kontext setzt und es mit Inhalt, Form und Sprache eines Gedichtes verschmilzt.
PDF zum Download
Unsere Tabelle mit den wichtigsten Stilmittel, die du in Gedichten finden kannst, kannst du dir hier kostenlos als PDF herunterladen:
Die fünf häufigsten Stilmittel in Gedichten
Je mehr Stilmittel du kennst, desto besser. Da dir in deiner Deutschklausur aber nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht, ist es unmöglich, alle rhetorischen Mittel zu benennen und zu interpretieren. Darüber hinaus kommt natürlich auch nicht jedes der genannten Stilmittel in jedem Gedicht vor. Manche Stilmittel sind eher selten, andere viel gängiger. Wir haben dir hier noch einmal die fünf häufigsten Stilmittel eines Gedichtes ausführlich erklärt.
Die fünf häufigsten Stilmittel eines Gedichtes sind:
Metapher
Personifikation
Anapher
Ellipse
Enjambement
Diese Stilmittel findest du in einem Großteil der Gedichte. Daher solltest du sie dir unbedingt merken, um sicherzustellen, dass du sie bei deiner Analyse auch erkennst. Außerdem kann es dir Sicherheit geben, wenn du nicht wahllos nach allen Stilmitteln suchst, die du kennst, sondern erst einmal gezielt nach den gängigsten sprachlichen Figuren Ausschau halten kannst. Das spart Zeit, erleichtert die Interpretation und hilft dabei, im Weiteren noch andere Stilmittel zu entdecken.
1. Metapher
Die Metapher trägt ein Wort aus seinem eigentlichen Bedeutungszusammenhang heraus und überträgt es in einen anderen. Anders ausgedrückt: Eine Metapher ist eine Verknüpfung zwischen zwei Bereichen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Sie funktioniert also auf einer sehr bildhaften Ebene. Und genau das ist auch ihre Funktion: Bilder zu erschaffen, durch die Sprache auszuschmücken und anschaulicher zu machen. Das gibt ihr die Möglichkeit, Emotionen zu transportieren und beim Leser oder der Leserin Assoziationen zu wecken. Die Botschaft eines Gedichtes kann so auf ansprechende und einprägsame Weise vermittelt werden.
Schauen wir dazu auf ein Beispiel aus unserer Alltagssprache: Den Ausdruck “Jemandem das Herz brechen”, verwendest du, um auszudrücken, dass jemandem weh getan wurde. Das Herz bricht nicht wirklich, es ist lediglich eine metaphorische Beschreibung für den Schmerz. Das Herz ist ein Symbol für die Liebe, es geht also um Liebeskummer. Alternativ könntest du auch sagen “Er oder sie hat mir wehgetan” oder “Ich habe Liebeskummer”. Der Ausdruck “Mir wurde das Herz gebrochen” ist aber viel anschaulicher, gefühlvoller und einprägsamer und führt dazu, dass die Emotionen, die dahinter stehen, für andere Menschen greifbar werden.
Wusstest du, dass...
...wir auch im Alltag viele Metaphern verwenden? Tischbein oder Nasenflügel sind nur zwei Beispiele dafür.
2. Personifikation
Das Stilmittel der Personifikation liegt vor, wenn Tiere, abstrakte Begriffe oder Gegenstände personifiziert werden. Das bedeutet, dass ihnen menschliche Eigenschaften zugesprochen werden. Aus diesem Grund ist in Zusammenhang mit der Personifikation auch von Vermenschlichung die Rede.
Das bekannteste Beispiel für eine Metapher ist “Die Sonne lacht”. Die Sonne kann eigentlich nicht lachen, die Personifikation spricht ihr diese menschliche Eigenschaft zu, um auszudrücken, dass das Wetter gut ist und die Sonne scheint. Natürlich könntest du auch hier schlicht sagen “Die Sonne scheint”. Die Personifizierung wirkt aber viel lebendiger und erzeugt beim Hörer oder der Hörerin direkt ein Bild. Genau das passiert auch in Gedichten. Personifikationen können mit wenigen Worten eine große Wirkung entfalten und die Aussageabsicht des Gedichtes transportieren.
Gut zu wissen
Es gibt nicht nur Personifikationen, sondern auch Depersonifikationen. Sie machen genau das Gegenteil einer Vermenschlichung: Sie verdinglichen. Das bedeutet, sie übertragen nichtmenschliche Eigenschaften auf Menschen. Beispiele dafür sind “Wir sind nur kleine Rädchen in einem großen Getriebe” oder “Er hat einen eisernen Willen”.
3. Anapher
Eine Anapher liegt vor, wenn Wörter am Anfang von aufeinanderfolgenden Sätzen, Satzteilen, Strophen oder Versen ein- oder mehrmals wiederholt werden. Ein Beispiel aus der vierten Strophe von Heinrich Heines Gedicht “Die schlesischen Weber” aus dem Jahr 1844:
Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulniß und Moder den Wurm erquickt –
Wir weben, wir weben!
Hier kannst du sehen, dass die Verse zwei, drei und vier alle mit dem Wort “Wo” beginnen. Die Wirkung: Anaphern machen Texte rhythmischer und können Wörter oder Verse besonders hervorheben. Anaphern begegnen dir nicht nur in Gedichten oder in literarischen Werken im Allgemeinen, sondern auch in der Rhetorik, also zum Beispiel in politischen Reden. Außerdem sind Anaphern ein Stilmittel, das gerne in der Werbung eingesetzt wird, weil sie Inhalte einprägsam machen.
4. Ellipse
Eine Ellipse bezieht sich auf den grammatikalischen Aufbau eines Satzes, denn sie ist durch das Auslassen von Satzteilen gekennzeichnet. Du kannst dir die Ellipse also als unvollständigen Satz merken. In Gedichten werden Ellipsen oft genutzt, weil Gedichte durch ihre Aufteilung in Verse ohnehin oft vom typischen Satzbau abweichen. Zum anderen verleiht ihnen das Stilmittel der Ellipse eine gewisse Dramatik, Dynamik oder Spannung und kann eine Aussage besonders hervorheben. Dadurch, dass eine Ellipse eine Verkürzung des Satzes zur Folge hat, werden nur die nötigsten Informationen vermittelt. Die Ellipse fokussiert folglich das Wichtigste und lässt Unwichtiges aus.
Ein bekanntes Beispiel für eine Ellipse ist folgendes Zitat. Es stammt aus Friedrich Schillers “Die Räuber”: “Frisch also, mutig ans Werk!” Grammatikalisch handelt es sich hier um einen unvollständigen Satz, da sowohl das Subjekt, also die handelnde Person, als auch das Prädikat, also das Verb, fehlen. Mit diesen beiden Satzgliedern würde der Satz “Frisch also, ich mache mich mutig ans Werk” heißen. Da das nicht der Fall ist, handelt es sich um eine Ellipse.
Wusstest du, dass...
…Ellipsen in der Alltagssprache typisch sind? Statt “Hast du etwas?” fragen wir “Ist was?”, statt “Ich hätte gerne eine Pizza Thunfisch, bitte” heißt es “Eine Pizza Thunfisch, bitte”.
5. Enjambement
Die Bezeichnung “Enjambement” stammt aus dem Französischen und leitet sich vom Verb “enjamber” ab. Das bedeutet “überspringen” und beschreibt ganz gut, was ein Enjambement macht: Es überspringt die Versgrenze und wird deswegen auch Zeilensprung genannt. Konkret heißt das: Ein Satz wird nicht in einem Vers beendet, sondern erst im zweiten oder einem weiteren. Wir können uns dazu noch einmal Heines “Die schlesischen Weber” anschauen:
Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulniß und Moder den Wurm erquickt –
Wir weben, wir weben!
Hier erstreckt sich der Satz “Ein Fluch dem falschen Vaterlande, wo nur gedeihen Schmach und Schande, wo jede Blume früh geknickt, wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt” über vier Verse. Der Satz springt also von Vers zu Vers. Ein Enjambement zu erkennen, ist übrigens nicht schwer. Einzeln ergeben die Verse keinen Sinn. Nur zusammen bilden sie einen sinnvollen Satz.
Stilmittel analysieren und interpretieren
Jetzt, wo du die wichtigsten Stilmittel eines Gedichtes kennst, folgt der nächste und entscheidende Schritt: Du musst sie interpretieren. Denn bloß festzustellen “Das ist eine Personifikation” ist für eine Analyse zu wenig. Die Herausforderung besteht darin, zu erklären, was dahinter steht, welche Wirkung sie erzielt und wie sie im Gesamtzusammenhang des Gedichtes zu verstehen ist.
Grundsätzlich kannst du Stilmittel in einem Gedicht mit den Farben eines Gemäldes vergleichen. Farben verleihen einem Werk Tiefe, Leben und Wirkung. Genau so funktionieren auch sprachliche Mittel. Sie gestalten ein Gedicht. Grundsätzlich kannst du immer davon ausgehen, dass rhetorische Mittel ein Gedicht wirkungsvoller machen sollen. Es geht also immer darum, dass etwas besonders betont wird. Deine Aufgabe ist es, herauszuarbeiten, wie sie das tun und wie die Stilmittel im Gesamtzusammenhang des Gedichtes funktionieren. Dazu ist es wichtig, dass du die sprachliche Gestaltung immer in Bezug zu Form und Inhalt stellst. Vertraue dabei auf deine eigenen Assoziationen. Sprachliche Stilmittel sind darauf ausgelegt, Bilder zu erschaffen. Folge also diesen Bildern, die bei dir entstehen und beschreibe sie. Denn anders als in Mathe gibt es hier nicht die eine Formel, die du anwenden kannst.
FAQ: Häufige Fragen
Stilmittel Gedicht im Überblick
- In Gedichten begegnen dir Stilmittel in hoher Dichte.
- Um ein Gedicht zu analysieren, musst du diese Stilmittel erkennen, benennen und analysieren können.
- Es gibt viele verschiedene sprachliche Gestaltungsmittel. Zu den wichtigsten gehören Metaphern, Personifikationen, Alliterationen, Parallelismus, Anaphern, Hyperbeln, Onomatopoesien, Ellipsen, Enjambements und rhetorische Fragen.
- Durch Stilmittel soll eine bestimmte Wirkung erzielt werden.
- Beim Interpretieren musst du Stilmittel immer als Teil des Ganzen betrachten und sie im Zusammenspiel mit Form und Inhalt betrachten.
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