Was ist eine Personifikation?
Die Personifikation ist ein Stilmittel, das du kennen solltest. | Foto: Prostock Studio / Getty Images
Personifikation: kaum eine Analyse ohne sie
Sie gehört zu den gängigsten Stilmitteln in Deutsch: die Personifikation. In kaum einer Analyse kommst du ohne sie aus. Die Personifikation ist eines der am häufigsten verwendeten rhetorischen Mittel in der Literatur. Folglich solltest du sie für deine nächste Interpretation auf jeden Fall erkennen und analysieren können. Wie das am besten geht und was eine Personifikation genau ist – all das erklären wir dir hier.
Inhaltsverzeichnis
Das ist eine Personifikation
Der Begriff „Personifikation“ leitet sich vom lateinischen Wort “persona” ab, was Maske, Charakter oder Rolle bedeutet. Diese Bedeutung ist in Bezug auf die Funktion einer Personifikation ganz treffend, denn sie setzt leblosen Dingen quasi eine menschliche Maske auf.
Bei einer Personifikation handelt es sich nämlich um ein sprachliches Stilmittel, das Gegenständen, Tieren, Pflanzen oder abstrakten Begriffen menschliche Eigenschaften, Gefühle oder Verhaltensweisen zuschreibt. Da die Personifikation eine Sache oder ein abstraktes Konzept mit menschlichen Eigenschaften oder Verhaltensweisen ausstattet, wird sie auch als Vermenschlichung bezeichnet. Alternativ ist auch die Bezeichnung Personifizierung geläufig.
Funktion einer Personifikation
Das Stilmittel der Personifikation dient dazu, Gedichte und Prosa lebendig und ausdrucksstark zu gestalten, indem es unbelebten Gegenständen oder abstrakten Begriffen menschliche Eigenschaften und Handlungen zuschreibt. Dinge werden so zum Leben erweckt und besonders anschaulich und interessant gemacht. Dadurch kreiert die Personifikation Bilder, die den Leser oder die Leserin dazu anregen, eigene Assoziationen zu entwickeln und dadurch auch emotional angesprochen zu werden. Das führt dazu, dass Inhalte eines literarischen Werkes für die Leserschaft erfahrbarer werden. Da sich assoziatives Denken zudem individuell unterscheidet und die durch das Stilmittel entstehenden Bilder von Person zu Person anders ausfallen können, ergibt sich so eine ganz persönliche Leseerfahrung.
Darüber hinaus kann die Personifikation durch die Bilder, die sie erschafft, komplexe oder abstrakte Inhalte oder Konzepte verständlich und greifbar machen.
Die Funktionen einer Personifikation auf einen Blick:
- Sie macht Texte bildhafter.
- Sie erzeugt Gefühle.
- Sie macht Inhalte verständlicher.
- Sie regt zum Nachdenken an und erzeugt Assoziationen.
- Sie ermöglicht eine persönliche Leseerfahrung.
Eine weitere wesentliche Funktion hat die Personifikation mit allen rhetorischen Mitteln gemein: Als Teil der sprachlichen Ausgestaltung eines Textes hat sie einen wesentlichen Anteil daran, die Botschaft oder Aussageabsicht eines literarischen Textes zu vermitteln. Denn für literarische Werke jeder Art gilt: Form, Inhalt und Sprache bilden eine untrennbare Einheit. Sie müssen bei Analyse und Interpretation zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden. Die Personifikation ist somit ein kleines Rädchen im Getriebe, das das Werk vervollständigt.
Arten
Unterscheiden kannst du zwischen zwei Formen der Personifikation: die körperliche und die verhaltensbasierte Personifizierung.
Personifikation | Erklärung | Beispiel |
---|---|---|
körperliche Personifikation |
schreibt nichtmenschlichen Objekten menschliche Formen oder Körper zu | Der Sommer breitete seine warmen Arme aus |
verhaltensbasierte Personifikationen | Zuschreibung menschlicher Verhaltensweisen und Aktionen | der schlaue Fuchs, blinde Wut |
Je nach Kontext und Zweck der Personifikation können beide Formen auch miteinander kombiniert werden. Für deine Deutschklausur reicht es aber aus, die Personifikation als Personifikation zu identifizieren. Die Angabe, ob eine körperliche oder eine verhaltensbasierte Vermenschlichung vorliegt, ist nicht unbedingt erforderlich.
Darüber hinaus gibt es noch eine Sonderform: die sogenannte abgesunkene Personifikation. Hierbei handelt es sich um Ausdrücke wie “Mutter Erde”, “Vater Staat”, “Schlafes Bruder” oder “Väterchen Frost”. Sie verwandeln abstrakte Begriffe in greifbare Personen.
Die Personifikation als Metapher
Grundsätzlich ist eine Personifizierung leicht zu erkennen, allerdings kann es zu Überschneidungen mit einem anderen sprachlichen Mittel kommen: der Metapher. Zur Erinnerung: Die Metapher ist ein bildhafter Ausdruck, die ein Wort aus seinem ursprünglichen Bedeutungszusammenhang in einen anderen überträgt. Dadurch entsteht eine neue Bedeutung. Das passiert auch bei vielen Personifikationen: Ein Ausdruck, der eigentlich auf einen Menschen angewendet wird, wird einem Gegenstand zugeschrieben, der dadurch menschliche Eigenschaften erhält. Diese personifizierende Metapher wird als anthropomorphe Metapher bezeichnet.
Ein Beispiel für eine anthropomorphe Metapher ist “Mein Herz hüpft vor Vorfreude”. Hier wird das Verb “hüpfen” auf eine Sache, das Herz, übertragen. Ihm wird eine Verhaltensweise zugeschrieben, die es eigentlich nicht ausführen kann. Dadurch entsteht der Eindruck, dass sich jemand sehr freut.
Gut zu wissen
“Anthropomorph” bedeutet “menschenähnlich” oder “mit menschlicher Gestalt”
Die Personifikation als Allegorie
Überschneidungen weist die Personifikation auch mit der Allegorie auf. Das ist ein Stilmittel, das mit bildlichen Ausdrücken abstrakte, schwer fassbare Begriffe wie Liebe, Gerechtigkeit, Tod oder Freiheit beschreibt und sie dadurch verständlich macht. Bekannte Beispiele sind etwa der germanische Gott Thor, die Figur des Sensenmanns, der eine Allegorie des Todes ist, oder Justitia als allegorische Darstellung der Gerechtigkeit. Ihre Merkmale – die Augenbinde, die Waage und das Schwert – haben eine übertragene Bedeutung: Die Augenbinde steht dafür, dass Menschen vor Gericht gleich behandelt werden, die Waage symbolisiert, dass ein ausgewogenes Urteil gefällt werden soll. Das Schwert steht für die Vollstreckung des Urteils. Ähnlich ist es beim Sensenmann: Die Sense ist ein Symbol für das Abtrennen der Köpfe, durch das er den Tod bringt. Thor ist eine allegorische Personifikation des Gewitters. Mit seinem Hammer lässt er es donnern.
Diese Beispiele zeigen, dass eine Allegorie also gleichzeitig auch eine Personifizierung sein kann, denn sie funktioniert wie die abgesunkene Personifikation, die wir weiter oben beschrieben haben: Ein Gegenstand, ein abstrakter Begriff oder ein Tier erscheint und handelt als Figur.
Tipp!
Falls du dir jetzt denkst: Wie soll ich das denn alles in meiner nächsten Deutschklausur hinkriegen? – Keine Panik. Für deine Klausur ist es völlig ausreichend, wenn du erkennst, dass es sich um eine Personifikation handelt und du diese interpretieren kannst. Alles andere ist sehr gut, aber kein Muss. Wenn du mit rhetorischen Mitteln also so deine Schwierigkeiten hast, konzentriere dich darauf, die Personifikation als Stilmittel zu verstehen. Das bringt dir mehr, als wenn du dich in diesen ganzen Feinheiten verzettelst.
Personifikationen interpretieren
Die gute Nachricht vorweg: Die Personifikation ist eines der am leichtesten zu erkennenden Stilmittel. Das liegt zum einen an der deutschen Sprache: Wörter für Personen und personifizierte Gegenstände, Tiere oder Symbole weisen die gleiche syntaktische und grammatische Struktur auf. So kannst du die Sonne ziemlich leicht personifizieren: Der Satz “Die Sonne lacht” hat die gleiche Struktur wie “Das Mädchen lacht”. Zum anderen ist meist offensichtlich, dass nichtmenschlichen Objekten hier Eigenschaften zugeschrieben werden, die sie eigentlich nicht können. Um zu überprüfen, ob es sich wirklich um eine Personifizierung handelt, kannst du dich also auch ganz einfach fragen: Kann er/sie/es das?
Personifikationen begegnen dir in nahezu jedem literarischen Text. Sie sind auch deshalb ein so beliebtes Stilmittel, weil sie Texte besonders interessant und lebendig machen. Das ist auch ihre grundsätzliche Wirkungsabsicht: Es geht immer darum, Inhalte zu veranschaulichen, Bilder und Gefühle zu wecken und so die Aussageabsicht des Textes zu unterstreichen. Diese Wirkung kannst du dir für jede Personifikation merken. In deiner Interpretation geht es dann nur noch darum, diese Wirkung anhand des zu analysierenden Textes aufzuzeigen und sie in dessen Kontext zu setzen.
Beispiele
Schauen wir uns die Wirkung und mögliche Interpretationsansätze von Personifikationen anhand von drei Beispielen genauer an.
Andreas Gryphius: Es ist alles eitel
„Jetzt lacht das Glück uns an / bald donnern die Beschwerden.“
Dieser Vers stammt aus der zweiten Strophe eines der bekanntesten Barock-Gedichte: “Es ist alles eitel” von Andreas Gryphius aus dem Jahr 1637. Das Sonett ist zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs (1618 – 1648) entstanden. Es war das prägende Ereignis des Barock. Vor diesem Hintergrund behandelt das Gedicht die Vergänglichkeit alles Irdischen und bringt damit den Vanitas-Gedanken, ein typisches Barock-Merkmal, zum Ausdruck.
In dem ausgewählten Vers finden sich zwei Personifikationen: das lachende Glück und die donnernden Beschwerden. Zwei abstrakte Begriffe erfahren hier also eine Vermenschlichung, indem ihnen “lachend” und “donnernd” menschliche Attribute zugeschrieben werden. Eine Interpretationsmöglichkeit ist folgende: Das Glück lacht die Menschen an, es ist ihnen zugewandt. Das ist jedoch nicht von langer Dauer, da es von den Beschwerden verdrängt wird. Diese brechen herein wie ein Donner, sie sind laut und vertreiben das Glück. Der Autor bringt hiermit also zum Ausdruck, dass das Glück vergänglich ist, auch weil die Menschen sich so viel beschweren.
Johann Wolfgang von Goethe: Willkommen und Abschied
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht;
Diese zwei Verse findest du in der ersten Strophe von Goethes Gedicht “Willkommen und Abschied”. Das Liebesgedicht entstand in der Epoche des Sturm und Drang und handelt davon, wie sich das lyrische Ich des Nachts zu einem nächtlichen Treffen mit seiner Geliebten aufmacht. Dabei beschreibt es eindringlich die unheimliche, beängstigende Naturlandschaft, durch die der Ritt führt und greift dazu auch auf das Stilmittel der Personifikation zurück.
Die erste Personifikation ist “Der Abend wiegte schon die Erde”. Der Abend führt hier eine menschliche Handlung aus, die sagt: Es dämmert, es ist bereits Abend. Gleichzeitig wird dadurch ein sehr friedliches, harmonisches Bild erzeugt: Der Abend wiegt die Erde, wie eine Mutter ihr Baby in den Schlaf wiegt. Die Personifikation “Und an den Bergen hing die Nacht” steigert diese Aussage und zeigt dem Leser oder der Leserin: Es ist Nacht, Dunkelheit umgibt die Berge. Dadurch ändert sich auch allmählich die Stimmung des Gedichts. Zu diesem sanften Bild, das die vorangegangene Personifikation entworfen hat, kommt nun ein leichtes Schauergefühl hinzu, das im weiteren Verlauf des Gedichtes ausgebaut wird.
Ein Alltagsbeispiel: Der Sturm tobt
Viele Personifikationen verwenden wir auch im Alltag, beispielsweise dann, wenn wir über das Wetter sprechen: Der Sturm tobt, die Sonne lacht, der Himmel weint oder der Himmel öffnet seine Schleusen sind einige gängige Beispiele dafür.
Unser Beispiel “Der Sturm tobt” schreibt dem Sturm, also einer Sache, eine menschliche Verhaltensweise zu: toben. Dadurch soll ausgesagt werden, dass der Sturm wütet, er ist also ziemlich heftig.
FAQ: Häufige Fragen
Die Personifikation im Überblick
- Eine Personifikation ist ein sprachliches Mittel, das sehr häufig in Gedichten, aber auch in anderen literarischen Texten vorkommt.
- Bei einer Personifikation handelt es sich um eine Vermenschlichung.
- Das bedeutet, dass einem Gegenstand, einem Tier, einer Pflanze oder einer abstrakten Sache menschliche Eigenschaften zugeschrieben werden. Sie werden also vermenschlicht.
- Es gibt verschiedene Arten von Personifikationen.
- Das Wichtigste ist, dass du Personifikationen erkennen und interpretieren kannst.
- Bei der Textanalyse ist es wichtig, dass du die Funktion und Wirkung des Stilmittels erklärst und es in Zusammenhang des Textes setzt.
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