Antithese: Was du über dieses Stilmittel wissen musst

Elena Weber

Antithese Bücher

Ein Stilmittel, das dir in literarischen Texten oft begegnet, ist die Antithese. | Foto: Svetlanais / Getty Images

Antithese: ein wichtiges Stilmittel

“Reden ist Silber, Schweigen ist Gold” – das ist nicht nur ein bekanntes Sprichwort, darin steckt auch eine sprachliche Figur: die Antithese. In diesem Artikel erklären wir dir, was es mit diesem Stilmittel auf sich hat und woran du es erkennst. Und da du in einer Textanalyse Stilmittel nicht nur erkennen, sondern auch analysieren musst, zeigen wir dir anhand verschiedener Beispiele, wie du Antithesen interpretieren kannst.

Was ist eine Antithese?

Bei einer Antithese handelt es sich um die sprachliche Gegenüberstellung gegensätzlicher Begriffe und Gedanken. Als sprachliches Stilmittel gehört die Antithese zur Gruppe der Gedankenfiguren. Diese beziehen sich nicht nur auf ein Wort, sondern auch auf die Syntax des Satzes. Dadurch stellen sie eine Verbindung zwischen einzelnen Wörtern und Sätzen her. Weitere Arten von Stilmitteln sind Wort-, Satz- und Klangfiguren sowie Tropen.

Ableiten lässt sich der Begriff der Antithese vom griechischen Wort “antithesis”, das du mit “Gegensatz” übersetzen kannst. Als Gegensatz kannst du dir dieses Stilmittel auch am einfachsten merken.

Gut zu wissen

Eine Antithese ist nicht nur ein Stilmittel, das in literarischen Texten zum Einsatz kommt. Du kennst die Antithese vielleicht auch vom Erörterung schreiben oder aus einer Sachtextanalyse. Als Antithese wird nämlich auch eine Gegenbehauptung in Argumentationen bezeichnet, die auf eine vorherige These oder Behauptung folgt und diese widerlegt. Mit dem gleichnamigen rhetorischen Mittel hat sie nichts zu tun.

Antithese: Beispiele

Schauen wir uns die Antithese an konkreten Beispielen an. Wie so oft findest du hier einige in unserer Alltagssprache. Denn Antithesen tauchen in vielen Redewendungen auf:

  • Lieber einen Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach.
  • Sie setzen Himmel und Hölle in Bewegung.
  • Hochmut kommt vor dem Fall.

Da Antithesen sehr eingänglich sind und man sie sich leicht merken kann, kommen sie als Stilmittel oft auch in der Werbung zum Einsatz. Und auch in der Literatur kannst du sie in allen literarischen Gattungen finden. Ein anschauliches Beispiel findest du in dem Sonett “Es ist alles eitel” von Andreas Gryphius aus dem Jahr 1637:

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein.

Im zweiten Vers des Barock-Gedichtes findest du sogar direkt zwei Antithesen: Heute und Morgen sowie bauen und einreißen.

Gut zu wissen

In der Literaturepoche des Barock war die Antithese eines der beliebtesten Stilmittel. Typisch für diese Zeit war ein antithetisches Weltbild, das zwischen Todessehnsucht und ekstatischer Lebensfreude schwankte.

Die Wirkung von Antithesen

Antithesen werden von Autoren und Autorinnen bewusst als Stilmittel eingesetzt, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Die konkrete Wirkung musst du in deiner Textanalyse vom Inhalt des zu analysierenden Textes ableiten. Es gibt aber ein paar allgemeine Aspekte, die dir dabei helfen können:

  • Antithesen betonen Aussagen oder Inhalte.
  • Gegensätze machen das Gesagte eindringlicher, emotionaler oder klarer.
  • Antithesen können ein Thema vielfältig darstellen.
  • Durch sie können innere Zerrissenheit, widersprüchliche Gefühle und Emotionalität zum Ausdruck gebracht werden.

Darüber hinaus wird der Leser oder die Leserin durch Antithesen zum Nachdenken aufgefordert. Er oder sie wird aufgefordert, Verknüpfungen zwischen den Gegensätzen zu ziehen und eigene Assoziationen zu entwickeln.

So kannst du Antithesen interpretieren

Antithesen sind Stilmittel, mit denen du tief in den Inhalt eines literarischen Textes eintauchen kannst. Wie du die allgemeine Wirkung einer Antithese mit dem konkreten Textinhalt zusammenbringen kannst, zeigen wir dir anhand der zwei folgenden Beispiele.

Beispiel 1: “Es ist alles eitel” von Andreas Gryphius

Als Erstes gehen wir noch einmal auf das Sonett von Andreas Gryphius ein, das wir bereits weiter oben als Beispiel für eine Antithese angeführt haben.

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein.

Dieses Sonett stammt aus der Barock-Zeit und beschäftigt sich mit der Vergänglichkeit des Lebens. Vergänglichkeit ist ein typisches Merkmal des Barock, ebenso wie das antithetische Weltbild. Grund dafür ist der Dreißigjährige Krieg, der zu Leid, Elend und Tod bei der einfachen Bevölkerung führte, während es an den Fürstenhöfen Pracht und Genuss im Überfluss gab. Dieses antithetische Weltbild spiegelt sich auch in diesem Sonett wider.

Die Antithesen sind hier “heute” und “morgen” sowie “bauen” und “einreißen”. Sie betonen das barocktypische Vanitas-Motiv, das besagt, dass alles vergänglich ist: Was heute errichtet wird, wird morgen schon zerstört und ist nichts mehr wert. Gleichzeitig wird die Hoffnungslosigkeit verdeutlicht, die der nicht enden wollende Krieg in den Menschen auslöste: Wo heute noch Hoffnung ist, wo etwas Neues entsteht, ist morgen schon alles vernichtet. Der Autor zeigt damit: Es gibt kein Morgen für die Menschen, nur den Tod.

Beispiel 2: “Willkommen und Abschied” von Goethe

Bei Goethes Gedicht steckt die Antithese schon im Titel: Willkommen und Abschied. Es handelt davon, wie das lyrische Ich abends zu einem Treffen mit seiner Geliebten reitet. In der vierten und letzten Strophe findet sich eine weitere Antithese:

In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz! 

Dabei handelt es sich um einen antithetischen Parallelismus, denn hier werden nicht nur, wie im Titel, einzelne Begriffe gegenübergestellt. Der Gegensatz wird als Parallelismus formuliert, was du daran erkennst, dass beide Verse die gleiche Satzstruktur aufweisen. Das macht diese Ausrufe, die mit Ausrufezeichen gekennzeichnet sind, besonders emotional und bringen die gegensätzlichen Gefühle des lyrischen Ichs zum Ausdruck: Es empfindet Glück in der Nähe seiner Geliebten, aber Schmerz, weil sie sich voneinander verabschieden müssen. Damit stellt dieses Stilmittel einen Bezug zum Titel her. Denn hier geht es um Willkommen und Abschied und die Gefühle, die damit verbunden sind, nämlich Freude und Traurigkeit.

Antithesen und andere Stilmittel

Ein Stilmittel steht nicht isoliert für sich, sondern kann immer mit anderen sprachlichen Figuren in Zusammenhang gebracht werden. Oft werden rhetorische Mittel auch miteinander kombiniert. Gerade Antithesen treten oft in Verbindung mit anderen rhetorischen Figuren auf.

Der antithetische Parallelismus

Der Parallelismus ist ein Stilmittel, das sich auf den Satzbau bezieht. Es liegt vor, wenn aufeinanderfolgende Sätze oder Satzteile die gleiche Satzstruktur haben. Erkennen kannst du das an der Reihenfolge der Satzglieder, zum Beispiel Subjekt, Verb und Adverb. Ist diese identisch, handelt es sich um einen Parallelismus.

Die Kombination aus Antithese und Parallelismus ist dir bereits zu Beginn dieses Textes in dem Sprichwort “Reden ist Silber, Schweigen ist Gold” begegnet. Die Antithese, also der Gegensatz von Reden und Schweigen, wird hier durch eine parallele Satzstruktur aufgebaut (Subjekt, Verb, Objekt). Bei einem antithetischen Parallelismus werden also syntaktisch gleiche Satzglieder, die die Antithese enthalten, wiederholt.

Der antithetische Chiasmus

Der Chiasmus ist ein weiteres Stilmittel, das sich auf den Satzbau bezieht und oft mit einer Antithese kombiniert wird. Bei einem Chiasmus handelt es sich um eine Überkreuzstellung von Satzgliedern. Die Anordnung der Satzglieder eines Satzes wird im zweiten Satz oder Satzteil gespielt. So wird zum Beispiel aus der Anordnung Subjekt, Prädikat und adverbiale Bestimmung die Reihenfolge adverbiale Bestimmung, Prädikat, Subjekt: 

Die Welt ist groß, klein ist der Verstand.

Ein antithetischer Chiasmus ist somit die Einbindung einer Antithese in einen Chiasmus, das heißt, in der Überkreuzstellung ist eine Antithese enthalten.

Sonderform: das Oxymoron

Eine Sonderform der Antithese ist das Oxymoron. Ein Oxymoron ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Wörter miteinander kombiniert werden, die sich gegenseitig ausschließen. 

Beispiele

  • lebende Leiche
  • bittere Süße
  • schwarze Milch

Anders als beim Oxymoron schließen sich die Begriffe bei einer Antithese nicht aus, es wird lediglich ihre Gegensätzlichkeit verdeutlicht. Die Antithese besteht zudem oft aus ganzen Sätzen, in denen eine Behauptung und eine Gegenbehauptung aufgestellt werden. Das bedeutet, dass jedes Oxymoron eine Antithese ist, weil immer zwei gegensätzliche Wörter miteinander kombiniert werden, die sich widersprechen. Allerdings ist nicht jede Antithese ein Oxymoron, da diese eben auch mehrere Begriffe, Wortfolgen oder Abschnitte umfassen kann.

Stilmittel Erklärung Beispiel
Antithese Gegenüberstellung von Gegensätzen Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
antithetischer Parallelismus Gegenüberstellung von Gegensätzen in Sätzen oder Satzteilen mit paralleler Satzstruktur Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
antithetischer Chiasmus Gegenüberstellung von Gegensätzen in Sätzen oder Satzteilen mit überkreuzter Satzstruktur Die Welt ist groß, klein ist der Verstand
Oxymoron Kombination von Begriffen, die sich gegenseitig ausschließen bittere Süße

FAQ: Häufige Fragen

Was ist eine Antithese Beispiel?

Eine Antithese ist eine Gegenüberstellung gegensätzlicher Begriffe und Gedanken, zum Beispiel “Herz und Verstand” oder “Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.”

Was ist eine Antithese im Gedicht?

Die Antithese stellt gegensätzliche Gedanken und Begriffe gegenüber. Sie wird häufig in Gedichten eingesetzt, kommt aber auch in allen anderen Textsorten vor.

Was sagen Antithesen aus?

Durch die Gegenüberstellung von Gegensätzen schaffen Antithesen inhaltliche Verknüpfungen und bringen Kontraste zum Ausdruck.

Die Antithese im Überblick

  • Die Antithese ist ein Stilmittel, das Gegensätze miteinander verbindet.
  • Sie betonen Aussagen oder Inhalte und können Kontraste, widersprüchliche Gefühle und Emotionalität zum Ausdruck bringen.
  • Antithesen treten häufig in Verbindung mit Parallelismen auf.
  • Eine Sonderform der Antithese ist das Oxymoron.

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