Was ist eine Litotes?
Was ist eine Litotes? Alles über dieses sprachliche Stilmittel erfährst du bei uns. | Foto: Hakase_ / Getty Images
Litotes: ganz alltäglich
Wenn du an sprachliche Mittel denkst, denkst du wahrscheinlich sofort an eine Gedichtanalyse und viele komplizierte Begriffe wie Pleonasmus, Epipher oder Oxymoron. Vielleicht struggelst du auch damit, dass du dir vor jeder Deutschklausur die Definitionen in den Kopf hämmerst, nur um sie kurz darauf schon wieder vergessen zu haben. Dabei kommen sprachliche Stilfiguren nicht nur in der Literatur vor. Sie sind ebenso fester Bestandteil der Alltagssprache, auch wenn uns das oft nicht bewusst ist. Ein Beispiel für ein Stilmittel, das dir im Alltag sehr häufig begegnet, ist die Litotes. Was eine Litotes ist, wie du sie erkennen kannst und welche Wirkung und Funktion dieses Stilmittel hat – all das erfährst du hier.
Definition: Was ist eine Litotes?
Die Litotes ist eine rhetorische Figur, die durch die doppelte Verneinung oder die Untertreibung eines Sachverhalts gekennzeichnet ist. Sie wird häufig verwendet, um eine Aussage zu verstärken oder um eine gewisse Ironie zu erzeugen. In der deutschen Sprache begegnet man der Litotes oft in alltäglichen Redewendungen und literarischen Texten.
Der Begriff „Litotes“ leitet sich vom griechischen Wort litótēs ab und kann mit Einfachheit oder Zurückhaltung übersetzt werden.Unter den Stilmitteln ist die Litotes der Gruppen der Tropen zuzuordnen. Dabei handelt es sich um einen bildhaften Ausdruck, der im übertragenen Sinne verwendet wird. Innerhalb dieser Gruppe gehört die Litotes zu den sogenannten Substitutionsfiguren, weil sie einen Ausdruck durch einen anderen ersetzt. Das Gemeinte wird also nicht direkt gesagt, sondern mit anderen Worten, im übertragenen Sinn ausgedrückt. Ebenfalls zu den Tropen gehören zum Beispiel rhetorische Mittel wie die Metapher, die Synekdoche und der Euphemismus.
Beispiele für eine Litotes
Beispiele für das sprachliche Stilmittel der Litotes findest du nicht nur in der Literatur. Auch im Alltag kommt diese Figur zum Einsatz – und das sogar nicht gerade selten. Schon diese Aussage “nicht selten” ist eine Litotes. Nicht selten bedeutet oft, du findest die Litotes also oft in unserer Alltagssprache.
Weitere typische Beispiele für eine Litotes sind:
- Das ist nicht schlecht: Das bedeutet, dass etwas gut ist.
- Er ist nicht gerade der Schnellste: Das deutet an, dass jemand langsam ist.
- Sie ist nicht unattraktiv: Soll heißen, sie sieht gut aus.
Eine Litotes erkennen
Die Litotes kann in drei verschiedenen Formen auftreten: mit doppelter Verneinung, mit Verneinung des Gegenteils oder mit Hervorhebung durch Untertreibung. Schau dir dazu folgende Beispiele an:
Die drei Arten der Litotes
Bildung | Beispiel | Aussage |
---|---|---|
mit doppelter Verneinung | Ich kann mir nicht vorstellen, dass du nichts damit zu tun hast. | Du hast etwas damit zu tun. |
durch Verneinung des Gegenteils | Er ist nicht dumm. | Er ist klug. |
durch Untertreibung | Das ist ein nettes Sümmchen. | Das ist viel Geld. |
Wusstest du, dass…
… ein bekanntes Beispiel für eine Litotes im Englischen zu finden ist? Hier ist der Ausdruck not amused geläufig.
Doppelte Verneinung
Wird bei einer Litotes die doppelte Verneinung verwendet, hat das zur Folge, dass die Ausage bejaht wird. Minus und Minus ergibt Plus sozusagen. Bei einer Litotes mit doppelter Verneinung kommen zwei verneinende Partikel zum Einsatz. Das können zum Beipspiel
kein, keine, keiner, keines,
niemand, oder
nicht, nichts
sein. Die doppelte Verneinung ist das typische Beispiel für eine Litotes und kommt auch im Alltag häufig zum Einsatz.
Beispiele für Litotes mit doppelter Verneinung
Beispiel | Bedeutung |
---|---|
Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nichts damit zu tun hat. | Er hat etwas damit zu tun. |
Ich bin nicht sicher, dass das niemand mitbekommen hat. | Jemand hat es mitbekommen. |
Ich glaube nicht, dass es keine Zeugen gibt. | Es gibt Zeugen. |
Die Verneinung des Gegenteils
Auch eine Verneinung des Gegenteils führt zum Bejahen einer Aussage. Die Aussage ist also auch hier nicht wortwörtlich zu nehmen, sondern im übertragenen Sinn ausgedrückt. Für eine Litotes, die eine Verneinung des Gegenteils beinhaltet, verwendest du ein Pronomen oder eine (nicht zwei!) verneinende Partikel wie keine, niemand oder nichts. Zusätzlich benutzt du das gegenteilige Wort von dem, was du sagen möchtest.
Litotes mit Verneinung des Gegenteils
Beispiel | Bedeutung |
---|---|
Sie ist nicht unbegabt. | Sie hat Talent. |
Das ist keine schlechte Idee. | Das ist eine gute Idee. |
Das wird aber nicht ganz günstig. | Das wird teuer. |
Hervorhebung durch Untertreibung
Du kannst eine Litotes auch einsetzen, um Aussagen abzuschwächen. Dabei hast du mehrere Möglichkeiten. Schauen wir uns zunächst das oben genannte Beispiel an:
Das ist aber ein hübsches Sümmchen.
Mit dieser Aussage soll zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich um viel Geld handelt. Um das besonders hervorzuheben, kommt eine Litotes mit Untertreibung zum Einsatz. Diese Untertreibung wird hier durch die Verniedlichungsform, den sogenannten Diminutiv, bewirkt. Das Nomen "Summe" wird durch die Endung "-chen" verkleinert. Da du aber eigentlich ja sagen möchtest, dass es sich um viel Geld handelt, untertreibst du dadurch und verstärkst ihn.
Die falsche Litotes
Es gibt aber auch die sogenannte falsche Litotes. In einigen Sprachen und Dialekten stellt die doppelte Verneinung nämlich tatsächlich eine Bekräftigung der Verneinung dar und meint nicht das Gegenteil.
Beispiele für eine falsche Litotes sind:
- Bayerisch: Des is koa Sünd ned ‚Das ist keine Sünde nicht‘
Englisch: I can't get no satisfaction (Ich kann nicht genug bekommen) - Spanisch: No he visto nada (Ich habe nichts gesehen)
- Niederländsich: Ik zou dat nooit niet doen (Ich würde das bestimmt nicht machen)
- italienisch: Non è niente di serio (Das ist nichts Ernstes)
Wirkung und Funktion
Wie bei jedem sprachlichen Mittel geht es in einer Textanalyse darum, dieses nicht nur zu benennen, sondern auch zu deuten. Damit dir das besser gelingt, hilft es, wenn du dir die allgemeine Wirkungsweise einer Litotes einprägst und diese in deiner Interpretation dann an den zu analysierenden Text anpasst.
So wirkt eine Litotes:
- Doppelte Verneinung: Die Litotes nutzt häufig eine doppelte Verneinung, um eine positive Aussage zu treffen. Ein Beispiel hierfür wäre: „Nicht unwichtig“, was bedeutet, dass etwas tatsächlich wichtig ist.
- Untertreibung: Sie kann auch dazu dienen, eine Aussage zu untertreiben, um einen bestimmten Effekt zu erzielen. Zum Beispiel könnte man sagen: „Das ist nicht gerade die beste Idee“, um auszudrücken, dass die Idee tatsächlich schlecht ist.
- Ironie: Oft wird die Litotes verwendet, um ironische oder humorvolle Effekte zu erzeugen. Durch die Untertreibung wird der tatsächliche Sachverhalt oft deutlicher hervorgehoben.
In der Literatur wird die Litotes häufig als Stilmittel eingesetzt, um den Text lebendiger und interessanter zu gestalten. Sie kann dazu beitragen, die Emotionen des Lesers anzusprechen und eine tiefere Bedeutung zu vermitteln.
Aber auch im alltäglichen Sprachgebrauch erfüllt die Litotes eine Funktion. Dort wird sie häufig verwendet, um Aussagen abzumildern oder um höflicher zu klingen. Beispielsweise könnte man sagen: „Das ist nicht gerade einfach“, anstatt zu sagen, dass etwas sehr schwierig ist.
Ähnliche Stilmittel
Eng verwandt ist die Litotes mit zwei weiteren Stilmitteln: der Hyperbel und der Ironie.
Die Hyperbel
Die Hyperbel ist das sprachliche Gegenteil der Litotes, denn sie hebt eine Aussage durch bewusste Übertreibung von Begriffen oder Aussagen hervor. Sie dient dazu, bestimmte Eigenschaften oder Merkmale besonders hervorzuheben und die Aufmerksamkeit der Leserschaft oder der Zuhörenden zu erregen. Oft wird die Hyperbel eingesetzt, um Gefühle zu verstärken oder eine dramatische Wirkung zu erzielen.
Ein klassisches Beispiel für eine Hyperbel ist die Aussage: „Ich habe dir das schon tausend Mal gesagt!“ Natürlich wurde die Aussage nicht tausend Mal getätigt, die Hyperbel soll hier die Frustration der sprechenden Person zu verdeutlichen. Hyperbeln sind in der Literatur, Werbung und im alltäglichen Sprachgebrauch weit verbreitet.
Die Ironie
Die Ironie meint das Gegenteil des Gesagten. Wie die Litotes verschleiert sie also die wahre Bedeutung einer Aussage. Im Gegensatz zur Litotes setzt sie ein etwas feineres Gespür dafür heraus, das eigentlich Gemeinte zu erkennen. Oft wird Ironie verwendet, um Humor, Kritik oder Sarkasmus auszudrücken. Sie kann durch den Tonfall, die Betonung oder den Kontext deutlich werden.
Ein klassisches Beispiel für Ironie ist der Satz: „Das hast du ja toll gemacht!“. Du verwnedest ihn, wenn jemand offensichtlich einen Fehler gemacht hat. Hier ist die wörtliche Bedeutung positiv, während die tatsächliche Absicht negativ oder kritisierend ist. Ironie kann in verschiedenen literarischen Formen vorkommen, einschließlich Prosa, Poesie, Drama und sogar in der Alltagssprache. Sie fordert oft eine hohe Kontextsensibilität vom Zuhörenden oder Lesenden, da die wahre Bedeutung nicht immer sofort erkennbar ist.
Stilmittel | Erklärung | Beispiel |
---|---|---|
Litotes | Bejahung durch doppelte Verneinung oder Verneinung des Gegenteils sowie Hervorhebung durch Untertreibung | Das war nicht gerade gut. |
Hyperbel | starke Übertreibung | Sie hat die schönste Stimme auf der ganzen Welt. |
Ironie | gegenteilige Aussage von der wahren Bedeutung | Das hast du ja wieder toll hingekriegt. |
FAQ: Häufige Fragen
Die Litotes im Überblick
- Die Litotes ist ein Stilmittel, das durch die Verwendung von Understatement geprägt ist.
- Sie ist eine rhetorische Figur, die eine Aussage durch die doppelte Verneinung oder die Verneinung ihres Gegenteils abschwächt oder mildert. Zum Beispiel wird aus „Das ist schlecht“ „Das ist nicht gerade gut“.
- Sie dient oft der Bescheidenheit oder Ironie, ermöglicht es dem Sprecher oder der Sprecherin, bestimmte Aussagen zu relativieren und kann dazu beitragen, eine stärkere Wirkung zu erzielen als eine direkte Aussage.
- Die Litotes wird häufig in der Alltagssprache, der Literatur und in der Kunst der Rhetorik eingesetzt, um subtile Nuancen auszudrücken oder eine gewisse Distanz zu schaffen oder Aussagen hervorzuheben.
- Typische Beispiele sind Formulierungen wie „nicht unwesentlich“ für „sehr wichtig“ oder „nicht gerade ein Genie“ für „eher dumm“.
- Durch die abschwächende Formulierung kann die Litotes manchmal Humor erzeugen oder eine kritische Haltung verbergen, indem sie die Aussage in einem positiven Licht erscheinen lässt, obwohl sie negativ konnotiert ist.
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