Was ist ein Pleonasmus? Hier findest du alle Infos
Der Pleonasmus ist ein Stilmittel, das auch in der Alltagssprache sehr verbreitet ist. | Foto: nikkimeel / Getty Images
Pleonasmus: aus dem Alltag bekannt
Mit Stilmitteln wie Personifikationen, Anaphern oder Alliterationen kannst du wahrscheinlich sofort etwas anfangen. Diese rhetorischen Figuren begegnen dir in fast jedem literarischen Text und gehören außerdem zu den sprachlichen Figuren, die vergleichsweise leicht zu erkennen sind. Doch sagt dir auch der Begriff Pleonasmus etwas? Bei dieser Bezeichnung muss man vielleicht schon mal überlegen, was sich eigentlich dahinter verbirgt. Dabei gehört der Pleonasmus zu einem Stilmittel, das nicht nur in literarischen Texten auftaucht, sondern noch viel häufiger in der Alltagssprache verwendet wird. Warum das aber eher ein Indiz für einen schlechten sprachlichen Stil oder sogar mangelndes Ausdrucksvermögen ist, erfährst du in diesem Artikel ebenso wie alles, was du sonst noch über den Pleonasmus wissen musst.
Definition: Das ist ein Pleonasmus
Ein Pleonasmus ist ein rhetorisches Stilmittel, das in der deutschen Sprache häufig vorkommt. Es handelt sich dabei um eine Wortkombination, bei der ein Begriff durch ein zusätzliches Wort überflüssig beschrieben wird. Diese Überflüssigkeit entsteht, weil die Bedeutung des einen Begriffs bereits im anderen enthalten ist. Ein klassisches Beispiel für einen Pleonasmus ist die Wendung „weißer Schimmel“. Hierbei beschreibt das Adjektiv „weiß“ eine Eigenschaft des Substantivs „Schimmel“, das per Definition bereits weiß ist, denn als Schimmel werden grundsätzlich nur weiße Pferde bezeichnet. Der Zusatz “weiß” ist somit also überflüssig.
Der Begriff leitet sich vom griechischen Wort pleonasmós ab, der “Überfluss”, “Übertreibung” oder “Vergrößerung” bedeutet. Bei einem Pleonasmus handelt es sich nicht nur um ein Stilmittel. Er kann auch als stilistischer Fehler gewertet werden, da er auch eine unnötige Wiederholung darstellen kann.
Stilmittel Pleonasmus: So erkennst du es
Wie jedes Stilmittel, das dir in Deutsch begegnet, kannst du auch den Pleonasmus an spezifischen Merkmalen erkennen. Dazu gehört die unnötige Wiederholung, die diese sprachliche Figur auszeichnet. Sie macht es dir leicht, den Pleonasmus als solchen zu erkennen. Stößt du zum Beispiel auf Formulierungen wie “nasser Regen” oder “tote Leiche” brauchst du dich lediglich fragen: Ist das Adjektiv nötig, um den Inhalt des Wortes zu verstehen? Ist das nicht der Fall, weil dadurch nur die Eigenschaft wiederholt wird, die eh schon im Wort angelegt ist, handelt es sich um einen Pleonasmus.
Sieh dir das an folgenden Beispielen an: Nehmen wir die Aussagen “tote Leiche” und “blaues Kleid”. In beiden Fällen liefert das Adjektiv zusätzliche Informationen zum Nomen, aber nur in einem Fall sind diese Informationen wirklich nötig: Lässt du beim Beispiel “blaues Haus” das Adjektiv weg, weißt du lediglich, dass es sich um ein Haus handelt. Über die Farbe sagt das Nomen nichts aus. Anders ist das bei der toten Leiche. Eine Leiche bezeichnet einen toten Menschen. Der Zusatz “tot” ist hier also überflüssig, weil er keine neuen Informationen liefert, sondern nur wiederholt, was dir das Wort eh schon mitteilt.
Beispiele für einen Pleonasmus
Damit du das Stilmittel des Pleonasmus in der nächsten Deutschklausur analysieren kannst, musst du ihn zunächst natürlich erkennen. Das ist gar nicht so schwer. Am einfachsten geht das, indem du dir ein oder zwei Beispiele merkst, anhand derer du jederzeit die Merkmale dieses sprachlichen Mittels rekonstruieren kannst.
Beispiele für Pleonasmen:
- Kleine Miniatur: Eine Miniatur ist per Definition klein, daher ist das Adjektiv überflüssig.
- Völlig leer: Wenn etwas leer ist, kann es nicht mehr „voll“ sein; das Adverb verstärkt lediglich die Aussage.
- Eiskalte Eiswürfel: Eiswürfel sind immer kalt; das Adjektiv betont nur die offensichtliche Tatsache.
In der Alltagssprache begegnen uns Pleonasmen übrigens oft, ohne dass wir sie bewusst wahrnehmen. Beispiele sind „runde Kugel“, „alter Greis“ oder „nasser Regen“. Diese Formulierungen sind so gebräuchlich, dass sie oft nicht als stilistische Fehler erkannt werden.
Wirkung und Funktion
Obwohl Pleonasmen in der Regel als redundant gelten, können sie auch gezielt eingesetzt werden, um bestimmte Effekte zu erzielen. So können sie beispielsweise zur Verstärkung einer Aussage dienen oder ihr eine humorvolle Note hinzufügen. Um zu erkennen, ob ein solcher Effekt erzielt werden soll, oder ob es sich schlicht um einen schlechten Sprachstil handelt, musst du seine Wirkungsabsicht ergründen. Das tust du, indem du dir ansiehst, ob der vorliegende Pleonasmus zur Verstärkung, Verdeutlichung oder besonderen Hervorhebung des Gesagten dient, denn pleonastische Formulierungen haben meist eine unterstreichende Wirkung.
Das bedeutet: Pleonasmen betonen einen Ausdruck durch die inhaltliche Wiederholung und verleihen ihm Nachdruck. Dadurch können sie helfen, die Vorstellungskraft des Lesers oder der Leserin anzuregen und das geschilderte Geschehen anschaulicher und lebendiger zu machen.
Wusstest du, dass…
… der Pleonasmus bereits in der Antike von Rhetorikern sowohl als ornatus (Redeschmuck) als auch als vitium (Fehler) verwendet wurde? Du kannst in diesem Zusammenhang auch von absichtlichen (Stilfigur) und unabsichtlichen Pleonasmen (Stilfehler) sprechen.
So kannst du einen Pleonasmus interpretieren
In der Literatur werden Pleonasmen bewusst eingesetzt, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Welche Wirkung das sein kann und wie du diese interpretieren kannst, zeigen wir dir anhand von zwei Beispielen.
Friedrich Schiller: Der Taucher
Die Ballade “Der Taucher” von friedrich Schiller stammt aus dem Jahr 1797 und handelt von einem Edelknaben, der sich in den Schlund eines Meeresstrudel stürzt, um den goldenen Becher zu gewinnen, den sein König dort hineingeworfen hat. In der sechsten Strophe heißt es:
Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Flut auf Flut sich ohn Ende drängt,
Und will sich nimmer erschöpfen und leeren,
Als wollte das Meer noch ein Meer gebären
Den Pleonasmus findest du hier im ersten Vers: Und es wallet und siedet und brauset und zischt. Die darin verwendeten Verben sind Synonyme und übermitteln keine neuen Inhalte. Dennoch wirken die Schilderungen nicht redundant. Vielmehr machen sie die Handlung anschaulich und sehr lebendig. Der Leser oder die Leserin kann sich die Kraft des Wassers bildhaft vorstellen und sich in die Situation hineinversetzen.
Franz Kafka: Der Prozess
Der Roman “Der Prozess” ist einer von Franz Kafkas bedeutenden, aber auch unvollendeten Werken. Die Fragmente wurden zwischen 1914 und 1915 geschrieben und erzählen die Geschichte des Josef K., einem Bankangestellten, der eines Morgens ohne ersichtlichen Grund verhaftet wird. Obwohl er nicht weiß, wofür er angeklagt ist, wird er in einen undurchsichtigen und absurden Rechtsprozess verwickelt.
„K. […] versuchte, zunächst stillschweigend […] festzustellen, wer der Mann eigentlich war.“
Der Pleonasmus “stillschweigend” begegnet dir auch in der Alltagssprache. Es handelt sich dabei um einen Pleonasmus, weil das Wort “schweigend” bereits aussagt, dass jemand still ist. Die Stille soll hier ebenso besonders betont werden wie die Vorgehensweise des Protagonisten.
Ähnliche Stilmitteln
Der Pleonasmus wird oft mit anderen rhetorischen Mitteln verwechselt, wie zum Beispiel dem Oxymoron oder der Tautologie.
Tautologie
Auch eine Tautologie zeichnet sich durch Wiederholungen aus. Anders als beim Pleonasmus gehören die sich inhaltlich wiederholenden Begriffe jedoch der gleichen Wortart an. Außerdem liefert eine Tautologie keine überflüssigen Informationen und dient somit immer der Verstärkung.
Ihre Funktion kannst du an einem einfachen Beispiel nachvollziehen: Du kannst sagen: “Ich bin voll deiner Meinung” oder “Ich bin voll und ganz deiner Meinung”. Die stärkere Wirkung hat der zweite Satz, der die Tautologie “voll und ganz” beinhaltet.
Oxymoron
Das Oxymoron ist das Gegenteil des Pleonasmus, denn dieses Stilmittel verbindet zwei gegensätzliche Begriffe miteinander, etwa “bittersüß”. Anders als beim Pleonasmus sind diese nicht redundant, sondern schaffen durch ihre Verbindung eine neue Bedeutungsebene.
Stilmittel | Erklärung | Beispiele |
---|---|---|
Pleonamus | Kombination von zwei Begriffen, die die gleiche Bedeutung haben | tote Leiche, weißer Schimmel |
Tautologie | Kombination zweier Begriffe gleicher Wortart mit identischer Bedeutung | nie und nimmer, auf immer und ewig |
Oxymoron | Verbindung von Wörtern gegensätzlicher und/oder weit auseinanderliegender Bedeutung | bittersüß, Hassliebe, dummschlau |
Weitere Infos
Weitere Infos über die Stilmittel Tautologie und Oxymoron kannst du hier noch einmal ganz ausführlich mit Beispielen und Interpretationsansätzen nachlesen:
Was ist eine Tautologie? Wir erklären es dir!
Jetzt lesenWas ist ein Oxymoron? Wir erklären es dir
Jetzt lesenFAQ: Häufige Fragen
Der Pleonasmus im Überblick
- Ein Pleonasmus ist ein rhetorisches Stilmittel, bei dem ein Begriff durch ein zusätzliches Wort überflüssig beschrieben wird, weil die Bedeutung des einen Begriffs bereits im anderen enthalten ist.
- Häufige Beispiele für Pleonasmen sind Ausdrücke wie „weißer Schimmel“, „runde Kugel“ oder „nasser Regen“. In diesen Fällen ist das Adjektiv redundant, da es bereits in der Definition des Substantivs enthalten ist.
- Obwohl Pleonasmen als stilistische Fehler gelten können, werden sie manchmal absichtlich verwendet, um eine Aussage zu verstärken oder humorvolle Effekte zu erzielen.
- Der Pleonasmus unterscheidet sich von anderen rhetorischen Mitteln wie Tautologie (Wiederholung derselben Idee mit unterschiedlichen Worten) und Oxymoron (Verbindung gegensätzlicher Begriffe), da er sich auf die Überflüssigkeit einer Beschreibung konzentriert.
- Pleonasmen sind in der Alltagssprache weit verbreitet und oft so gebräuchlich, dass sie nicht als Fehler wahrgenommen werden. Sie können jedoch auch stilistisch ungeschickt wirken, wenn sie übermäßig eingesetzt werden.
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