Lyrik Merkmale: Welche du kennen solltest

Elena Weber

Lyrik Merkmale lesend auf der Wiese

Lyrik Merkmale sind nicht schwer zu erkennen, aber wichtig für deine Gedichtanalyse. | Foto: NaPeter / Getty Images

Lyrik Merkmale: Basiswissen

Im Deutschunterricht begegnen dir ganz unterschiedliche Textsorten, unter anderem auch Gedichte. Ihre Merkmale zu kennen, ist nicht nur Basiswissen für Deutsch im Abitur, sondern auch wichtig für jede Gedichtanalyse. Wir erklären dir, welche typischen Lyrik Merkmale es gibt und wie du sie in den verschiedenen Gedichtformen erkennen kannst. 

Definition: Das ist Lyrik

Gemeinsam mit der Epik und der Dramatik gehört die Lyrik zu den drei literarischen Gattungen. Jede dieser Gattungen umfasst bestimmte fiktionale Textsorten, die sich aufgrund bestimmter Merkmale eine dieser Gattungen zuordnen lassen. Die Lyrik umfasst Gedichte aller Art. 

Der Begriff "Lyrik" ist ihrem Ursprung nach eng mit der Musik verbunden. Die Bezeichnung leitet sich von der Lyra ab, einem leierähnlichen Saiteninstrument aus der Antike, das im alten Griechenland Gesänge begleitete. Mit der Liebeslyrik der Minnesängern blieb der musikalische Bezug auch im Mittelalter bestehen. Heute werden lyrische Texte nicht mehr gesungen, aber zum Teil immer noch vorgetragen. Ihr Rhythmus sorgt dafür, dass sie noch immer melodisch klingen.

Weitere Infos

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Merkmale der Lyrik

Lyrische Texte zu erkennen, ist nicht besonders schwer, da sie sich sprachlich wie formal deutlich von Epik Merkmalen und Dramatik Merkmalen unterscheiden. 

Typische Lyrik Merkmale sind:

  • Strophen und Verse
  • der lyrische Sprecher, häufig in Form des lyrischen Ichs. 
  • eine bildhafte, kunstvolle Sprache
  • Reimschema
  • Metrum
  • Kadenz

Gut zu wissen

Bei der Einteilung in die sogenannte Gattungstrias Epik, Dramatik und Lyrik handelt es sich um eine rein wissenschaftliche Einteilung. Sie wurde nicht von den Schreibenden selbst gemacht.

Strophen und Verse

Strophen und Verse legen die äußerliche Form lyrischer Texte fest, sodass du sie in der Regel schon allein aufgrund ihrer Optik als Gedichte identifizieren kannst. Ein Vers ist dabei die Zeile innerhalb eines Gedichtes – und du solltest sie auch unbedingt als Vers bezeichnen. Bei einem Gedicht von "Zeile" zu sprechen, ist schlicht falsch.

Mehrere Verse ergeben eine Strophe. Wenn es sich nicht gerade um ein Sonett oder eine andere spezielle Gedichtform handelt, ist nicht explizit vorgeschrieben, aus wie vielen Versen eine Strophe bestehen muss. Sie kann zehn Verse umfassen, aber auch nur einen einzigen. Auch die Anzahl der Strophen eines Gedichts ist grundsätzlich nicht festgelegt. Dir können Gedichte mit einer Strophe ebenso begegnen wie ein Gedicht mit zwanzig Strophen. Unabhängig von ihre Länge stellt eine Strophe aber immer eine Sinneinheit dar, die einen bestimmten Aspekt des Gedichtthemas ausführt.

Das lyrische Ich

Erzähler, die eine bestimmte Erzählperspektive einnehmen, kennst du aus epischen Texten wie Novellen, Romanen oder Kurzgeschichten. Auch in lyrischen Texten gibt es eine Form des Erzählers – du darfst ihn aber nie als solchen bezeichnen. Erzähler gibt es nur in epischen Texten. Bei lyrischen Texten sprechen wir vom lyrischen Ich oder dem lyrischen Sprecher. 

Das lyrische Ich ist ein vom Autor / von der Autorin erfundener fiktiver Sprecher und kann in unterschiedlicher Form auftreten:

  • explizit, als klar erkennbares individuelles Ich oder
  • implizit, stellvertretend für eine Personengruppe.

Das lyrische Ich erkennst du ganz einfach am Personalpronomen "Ich". Gibt es kein lyrisches Ich, handelt es sich um einen lyrischen Sprecher.

Eine bildhafte Sprache

Sprache ist Kunst. Dieses Motto gilt vor allem für Gedichte. Denn lyrische Texte zeichnen sich durch eine besonders kunstvolle und bildhafte Sprache aus. Zwar begegnen dir rhetorische Mittel auch in epischen oder dramatischen Texten. In Gedichten treten sie meist aber in besonders hoher Dichte auf und werden zu einem Gesamtkunstwerk verwoben.

Das Reimschema

Ebenfalls typisch Gedicht: das Reimschema. Das Reimschema beschreibt das Muster, nach dem sich einzelne Verse reimen. Ein Reim bezeichnet dabei den Gleichklang zweier Wörter, etwa "Hase" und "Nase". Das Reimschema bezieht sich auf den Endreim, also die Wörter am Ende eines Verses. Die Verse, die sich reimen, kennzeichnest du mit demselben Buchstaben, woraus sich dann Kombinationen wie aabb oder abab ergeben.

Es gibt verschiedene Reimschemata, die häufigsten sind der Paarreim und der Kreuzreim. In deiner Gedichtanalyse solltest du das Reimschema unbedingt bestimmen, eben weil es ein so typisches Merkmal von Gedichten ist. Übrigens: Nicht jedes Gedicht hat ein Reimschema. Aber auch das ist beim Interpretation schreiben wichtig zu erwähnen.

Das Metrum

Etwas kniffliger zu bestimmen als das Reimschema ist das Versmaß, das sogenannte Metrum. Das Metrum ist der Rhythmus des Gedichts und wird anhand der Abfolge betonter und unbetonter Silben bestimmt. Unterscheiden kannst du dann in Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst. Wie beim Reimschema gilt auch hier: Nicht jedes Gedicht hat ein bestimmtes Versmaß. Darauf solltest du in deiner Interpretation aber genauso verweisen als wenn es ein Metrum gibt.

Kadenzen

Ein weiteres Merkmal, das dir ausschließlich in der Lyrik begegnet, ist die Kadenz. Sie sagt aus, ob die letzte Silbe in einem Vers betont oder unbetont ist. Abhängig davon kannst du dann festlegen, ob es sich um eine männliche, eine weibliche oder eine reiche Kadenz handelt.

Weitere Infos

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Sonderfall moderne Gedichte

Bei vielen Gedichten, die dir in der Schule begegnen, kannst du dir sicher sein, dass du all diese Merkmale nachweisen kannst. Erst in Gedichten der Moderne und vor allem der postmodernen Literatur kommt es zum Bruch mit diesen klassischen Lyrik Merkmalen. Und dieser Bruch war gewollt und wurde von den Autoren /-innen ganz bewusst vorgenommen. Literaturepochen wie der Expressionismus oder der Dadaismus waren sehr experimentell ausgerichtet und schufen vollkommen neue Formen, die sich drastisch von den bisherigen Gedichtformen unterscheiden sollten. 

Deswegen findest du in moderner Lyrik eben häufig nicht diese gedichtstypischen Merkmale wie Reim oder Metrik. Teilweise nähern sich die Gedichte sogar der Prosa an. 

Lyrik Merkmale erkennen: ein Beispiel

Um dir die Merkmale der Lyrik noch einmal zu veranschaulichen, schauen wir uns im folgenden exemplarisch das bekannte Gedicht "Mondnacht" von Joseph von Eichendorff, das du vielleicht sogar schon aus dem Deutschunterricht kennst. Das Gedicht stammt aus der Epoche der Romantik und preist die magische Schönheit einer Mondnacht. 

Es war, als hätt der Himmel 
die Erde still geküsst, 
dass sie im Blütenschimmer 
von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder, 
die Ähren wogten sacht, 
es rauschten leis die Wälder, 
so sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte 
weit ihre Flügel aus, 
flog durch die stillen Lande, 
als flöge sie nach Haus.

Wir werden das Gedicht jetzt nicht interpretieren, sondern beschränken uns darauf, seine lyrischen Merkmale zu benennen. Zunächst einmal kannst du deutlich erkennen, dass das Gedicht drei Strophen hat, die aus jeweils vier Versen bestehen. Außerdem kannst du hier ein Reimschema bestimmen: abab. Es liegt also ein Kreuzreim vor, mit der Besonderheit, dass der Reim im ersten und dritten Vers der dritten Strophe  – "spannte" und "Lande" – unrein ist. 

Als Metrum kannst du hier einen durchgehenden dreihebigen Jambus festmachen: Wir haben die Silbenfolge unbetont, betont. Da wir je drei betonte Silben pro Vers haben, handelt es sich um einen dreihebigen Jambus. Männliche und weibliche Kadenzen wechseln sich ab (Him-mel: -mel = unbetonte Silbe = weibliche Kadenz; ge-küsst: -küsst= betonte Silbe=männliche Kadenz usw.). Durch das Possessivpronomen  "meine" (V.1, Strophe 3) erkennst du, dass es in diesem Gedicht ein lyrisches Ich gibt. Und schon in Strophe 1 erkennst du mit der Personifikation "Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküsst" (V.1-2,) und dem Neologismus "Blütenschimmer" (V.3), dass es hier einige sprachliche Stilmittel gibt. Beim ersten Satz, aus dem die gesamte erste Strophe besteht, liegt zudem ein unüblicher Satzbau vor ("von ihm nun träumen müsst" -> Stellung von "nun", V. 4), wie du ihn so nur in Gedichten findest.

Lyrische Merkmale interpretieren

In einer Gedichtanalyse geht es natürlich nicht bloß darum, die lyrischen Merkmale zu benennen, sondern sie auch zu interpretieren. Das funktioniert natürlich nur, wenn du sie in den Gesamtzusammenhang des Gedichtes setzt, dir also anschaust, wie Form und Inhalt zusammen wirken und in welchen historischen Kontext das Gedicht steht. Bei "Mondnacht" handelt es sich um ein Romantik-Gedicht. Für diese Epoche war zum Beispiel eine starke Hinwendung zur Natur typisch, was in Eichendorffs Gedicht sehr deutlich wird. Passend dazu hat Eichendorff sein Gedicht mit dem dreihebigen Jambus einen melodischen, liedhaften Rhythmus verliehen. Der Wechsel von männlichen und weiblichen Kadenzen, das durchgehende Reimschema sowie die gleiche Versanzahl in den drei Strophen – die übrigens alle aus einem Satz bestehen – tragen außerdem zur Harmonie des Gedichtes bei und unterstreichen die friedliche, träumerische Stimmung des Gedichtes.

Mit der Natur und der Nacht greift Eichendorff zentrale Motive der Romantik auf. Beides sind zudem typische Handlungsorte in Romantik-Gedichten. Willst du in diesem Zusammenhang nun zum Beispiel den Neologismus "Blütenschimmer" (V. 3, Strophe 1) interpretieren, könntest du das beispielsweise folgendermaßen tun: Mit dem Neologismus erschafft Eichendorff ein neues Wort, um die Schönheit und Einzigartigkeit dieser Mondnacht zu beschreiben und auch die ebenso träumerische wie magische Stimmung dieser Nacht und auch des Mondlichts zum Ausdruck zu bringen. 

Diese Gedichtformen gibt es

Gedicht ist nicht gleich Gedicht. Es gibt verschiedene Arten von Gedichten, die ebenfalls durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet sind. Dazu gehören:

  • Epigramm
  • Elegie
  • Lied
  • Elfchen
  • Haiku
  • Ode
  • Sonett
  • Akrostichon
  • Lehrgedicht
  • Madrigal
  • Rondell

FAQ: Häufige Fragen zur Lyrik

Was sind die Merkmale der Lyrik?

Merkmale der Lyrik sind die Einteilung in Strophen und Verse, Reimschema, Metrum und Kadenz sowie das lyrische Ich oder der lyrische Spreche und eine bildhafte, kunstvolle und je nach Epoche auch experimentelle Sprache.

Was zählt alles zur Lyrik?

Zur Lyrik zählen alle Arten von Gedichten.

Was ist Lyrik Beispiele?

Beispiele für lyrische Texte sind zum Beispiele Sonette, Epigramme, Elegien oder Oden.

Lyrik Merkmale im Überblick

  • Die Lyrik ist die dritte der drei literarischen Gattungen.
  • Sie umfasst alle Arten von Gedichten.
  • Typische Lyrik Merkmale sind die Einteilung in Strophen und Verse sowie Reimschema, Versmaß, Kadenz, das lyrische Ich und eine hohe Dichte an sprachlichen Stilmitteln.
  • Vor allem in modernen Gedichten sind nicht immer alle Lyrik Merkmale enthalten, da sie sich bewusst von Konventionen abwenden.

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