Quellenanalyse: Alles zu Aufbau und Inhalt
In einer Quellenanalyse geht es darum, dein historisches Wissen anzuwenden und zu kontextualisieren. | Foto: Trifonov_Evgeniy / Getty Images
Die Quellenanalyse: Geschichtswissen anwenden
Was in Deutsch das Interpretation schreiben ist, ist in Geschichte das Schreiben einer Quellenanalyse – ohne geht es nicht. In ihr zeigst du, dass du nicht nur über Faktenwissen verfügst, sondern dieses auch kontextbezogen anwenden und einordnen kannst. Das ist wichtig für Geschichte im Abitur und den gesamten Geschichtsunterricht in der Oberstufe. Denn hier geht es nicht mehr nur darum, wichtige historische Daten und Ereignisse zu lernen. Vielmehr sollen geschichtliche Zusammenhänge vermittelt und nach heutigem Wissen beurteilt werden. Diese Fähigkeit wird als Geschichtsbewusstsein bezeichnet. Und genau dieses sollst du in einer Quellenanalyse nachweisen. Wie das geht, erklären wir dir hier.
Definition: Was ist eine Quellenanalyse?
Bei einer Quellenanalyse handelt es sich um eine im Geschichtsunterricht angewandte Methode zur Untersuchung historischer Dokumente. Du kannst sie dir als eine besondere Form des Aufsatzes oder der Textanalyse vorstellen, den es nur im Fach Geschichte gibt. Sie umfasst die Beschreibung, Einordnung und Beurteilung der Quelle.
Quellenarten
Die Geschichtswissenschaft definiert Quellen nicht nur als Texte, sondern meint auch alle Gegenstände und Tatsachen, aus denen man Kenntnisse über die Vergangenheit gewinnen kann. Im Geschichtsunterricht wirst du allerdings eher keine Ritterhelme oder alten Kelche analysieren, sondern vor allem Textarbeit leisten. Dennoch können beispielsweise auch alte Karten, Bilder oder Karikaturen als Quelle in einer Geschichtsklausur verwendet werden.
Um zu zeigen, dass du mit Quellen umgehen kannst, solltest du in deiner Quellenanalyse folgende Einordnung vornehmen:
- Quellengattung
- privat oder öffentlich
- Primär- oder Sekundärquelle
- Tradition oder Überrest
- Selbst- oder Fremdzeugnis
- normativ oder deskriptiv
Quellengattungen
Grundsätzlich kannst du zwischen schriftlichen und nicht-schriftlichen Quellen unterscheiden. Zu den schriftlichen Quellen gehören zum Beispiel Briefe, Tagebucheinträge, Verträge oder Reiseberichte. Nicht-schriftliche Quellen sind etwa Bilder und Gemälde, Fotos, Plakate, Karikaturen oder Landkarten. Eine besondere Gattung sind mündliche Überlieferungen wie Interviews oder Erzählungen und Sachzeugnisse. Dazu gehören Bauwerke, Münzen, Schmuck oder Gebrauchsgegenstände.
Als bedeutsamste Quellen gelten schriftliche Zeugnisse. Seit dem 19. Jahrhundert werden sie in erzählende Quellen (z.B. Chroniken, Mono- oder Biografien) und dokumentarische Quellen (z.B. Urkunden, Akten, Gesetzestexte oder Zeitungen) unterteilt.
Private oder öffentliche Quellen
Eine weitere Unterscheidung, die du bezüglich der von dir zu analysierenden Quelle treffen solltest, ist, ob es sich um eine private oder eine öffentliche Quelle handelt. Als privat gilt eine Quelle dann, wenn sie für den privaten Gebrauch gedacht war. Das ist beispielsweise bei Briefen oder Tagebucheinträgen der Fall. Öffentliche Quellen sind zum Beispiel politische Reden oder Zeitungsartikel, die von einem öffentlichen Publikum gehört bzw. gelesen werden.
Primär- oder Sekundärquelle
Wichtig ist, dass du in deiner Quellenanalyse benennst, ob eine Primär- oder Sekundärquelle vorliegt. Der Unterschied zwischen Primär- und Sekundärquellen besteht darin, dass Primärquellen originale Informationen enthalten. Sekundärquellen hingegen beschreiben, analysieren oder interpretieren Informationen aus Primärquellen.
Tradition oder Überrest
Für die Einordnung der Quelle ist ebenfalls relevant, ob es sich um eine Tradition oder einen Überrest handelt. Eine Tradition wurde bewusst für die Nachwelt verfasst und festgehalten. Ein Überrest ist erhalten geblieben und durch Zufall entdeckt worden.
Selbstzeugnis oder Fremdzeugnis
Die Unterscheidung in Selbst- und Fremdzeugnis ist auch deswegen wichtig, um die Intention des Verfassers oder der Verfasserin zu beurteilen. Selbstzeugnisse sind selbst geschrieben, Fremdzeugnisse hat man schreiben lassen.
Normativ oder deskriptiv
Bei einem normativen Text handelt es sich um einen bewertenden Text. Ein deskriptiver Text hingegen, beschreibt lediglich und gibt so eher wieder, wie es tatsächlich war, da er wertfrei ist.
Das Ziel einer Quellenanalyse
Das Prinzip einer Quellenanalyse ist dir grundsätzlich schon aus dem Deutschunterricht bekannt. Schreibst du da beispielsweise eine Gedichtanalyse oder interpretierst eine Kurzgeschichte, schaust du dir Form und Inhalt genau an und zerlegst das Textstück in seine Einzelteile. Dies tust du immer vor dem Hintergrund der jeweiligen Literaturepoche. Außerdem berücksichtigst du immer auch die sprachlichen Besonderheiten, die die jeweilige Textsorte hat. In eine Gedichtsinterpretation beziehst du so beispielsweise Aspekte wie das Reimschema oder das Metrum mit ein.
In einer Quellenanalyse ist es ähnlich: Du zerlegst sie in ihre Einzelheiten und untersuchst, interpretierst und bewertest sie vor dem Hintergrund ihres historischen Kontextes. Ziel ist es, dadurch geschichtsbewusste Aussagen über die Vergangenheit zu treffen und zu zeigen, dass du geschichtswissenschaftlich arbeiten kannst.
Der Aufbau einer Quellenanalyse
Eine Quellenanalyse ist, wie jede Form der Interpretation, vor allem jede Menge Schreibarbeit. Deswegen ist es wichtig, dass du dabei strukturiert und sorgfältig vorgehst. Das Gute daran: Die grundlegende Struktur ist vorgegeben. Das heißt, eine Quellenanalyse folgt immer einem bestimmten Aufbau und legt fest, welche Aspekte du bei deiner Analyse auf jeden Fall berücksichtigen solltest. Das kennst du ebenfalls bereits aus der Interpretation im Deutschunterricht. Auch die Quellenanalyse kannst du dir wie eine Art Schablone vorstellen, die du lediglich an die entsprechende Quelle anpassen musst.
Grundsätzlich ist die Quellenanalyse in drei Abschnitte gegliedert:
- Einleitung
- Hauptteil
- Schluss
Diese Abschnitte sind unterschiedlich lang und fordern von dir verschiedene Punkte, die du abarbeiten musst. Welche das genau sind, erklären wir dir im Folgenden.
Einleitung
Die Einleitung leitet in deinen Text und damit in das von dir zu bearbeitende Thema ein. Deswegen ist es wichtig, dass du zunächst ein paar hard facts nennst. Dazu gehören:
- Autor des Textes
- Titel
- Datum & Ort der Veröffentlichung
- Textsorte (z.B. politische Rede, Tagebucheintrag, Zeitungsartikel usw.)
- Adressat und Intention
- Quellenart (Primär- oder Sekundärquelle ?)
- Thema
Die grundsätzlichen Fragen, die du dir in der Einleitung stellst, sind somit: Wovon berichtet der Text? An wen richtet sich der Text, wer ist der Adressat? Hat der Verfasser oder die Verfasserin das, was er/sie geschrieben hat, selbst erlebt? Was sind seine oder ihre Absichten, was will er/sie mit dem Text erreichen?
Hauptteil
Im Hauptteil findet die eigentliche Analyse statt. Hier leistest du den Großteil deiner Arbeit. Dabei arbeitest du dich vom Offensichtlichen zum Detail vor, indem du...
- … den Text inhaltlich zusammenfasst.
- … den Text hinsichtlich Argumentation, Sprache (rhetorische Mittel, Wortwahl, Schlüsselbegriffe, sonst. Auffälligkeiten) und Stil analysierst.
- … die Quelle in den historischen Kontext einordnest und Ursachen, Auslöser, Wirkungen und Folgen aufzeigst. Dabei führst du sowohl den inneren historischen Kontext (zum Zeitpunkt der Quelle) als auch den äußeren historischen Kontext (vor und nach der Quelle) an.
Diese dreiteilige Gliederung gilt für jede Quellenanalyse. Beim Schreiben brauchst du sie jedoch nicht mit Zwischenüberschriften kenntlich zu machen. Stattdessen geht es darum, sie flüssig miteinander zu verbinden. Wie du an den oben genannten Punkten sehen kannst, ist der Aufbau so ausgerichtet, dass dir das gut gelingt: Während du im ersten Teil die wichtigsten inhaltlichen Aspekte zusammenfasst, beschäftigst du dich im zweiten Teil mit dem Text selbst. Im dritten Teil konzentrierst du dich dann auf die historischen Hintergründe. Diese werden nur sehr selten direkt im Text genannt. Du musst also dein eigenes Wissen abrufen und anwenden.
Zur Bewertung deiner Quellenanalyse werden folgende Aspekte herangezogen:
- formale Analyse
- inhaltliche Analyse
- historischer Kontext
- darstellerische Leistung
Formale Analyse
Bei der formalen Analyse konzentrierst du dich auf die äußeren Merkmale des Textes. Dazu gehören Informationen über den Autor oder die Autorin, seine oder ihre Intention, die beabsichtigten Adressaten /-innen und der Ereigniszusammenhang mit Datum. Viele Punkte davon hast du bereits in der Einleitung genannt, sodass du sie nicht unbedingt wiederholen musst, es sei denn, es ergibt Sinn, nochmals näher auf einen Punkt einzugehen.
Inhaltliche Analyse
Die inhaltliche Analyse ist darauf ausgelegt, den Inhalt des Quellentextes genau zu untersuchen. Dazu kannst du entweder den Text in Sinnabschnitte gliedern und ihn chronologisch durcharbeiten. Oder du orientierst dich an thematischen Aspekten oder der Argumentationsstruktur des Verfassers oder der Verfasserin. Zudem kannst du hier auf sprachliche Mittel sowie weitere sprachliche Auffälligkeiten eingehen.
Historischer Kontext
Bei der Einordnung in den historischen Kontext geht es darum, die herausgearbeiteten Textaussagen vor ihrem geschichtlichen Hintergrund zu erläutern. Es geht also nicht darum, alle Fakten, die du über diese Zeit gelernt hast, aneinander zu reihen. Vielmehr sollst du die zentralen historische Sachverhalte und Problemzusammenhänge erklären und aufzeigen, aus welcher Perspektive der/die Verfasser /-in schreibt. Dazu kann es auch Sinn ergeben, Logik und Schlüssigkeit der Argumentation zu prüfen.
Darstellerische Leistung
Auch die Art, wie du deine Quellenanalyse schreibst, spielt bei der Bewertung eine Rolle. Dazu gehört zunächst, dass du den Aufbau einer Quellenanalyse einhältst. Außerdem musst du Aussagen des Autors oder der Autorin als Zitate kennzeichnen und Zitate wortgenau wiedergeben. Die Analyse selbst wird im Präsens verfasst. Achte außerdem darauf, dass du in deiner Inhaltsangabe den Text in deinen eigenen Worten zusammenfasst.
Schluss
Im Schlussteil geht es darum zu beurteilen oder zu bewerten. Was genau du von beiden Möglichkeiten machen sollst, sagt dir die Aufgabenstellung. Bei einer Beurteilung geht es darum, ein Sachurteil zu fällen, indem du eine sachlich begründete Stellungnahme verfasst. Vor dem Hintergrund des historischen Kontextes beurteilst du die Aussagen des Verfassers / der Verfasserin. Sind sie zum Beispiel kritisch, zutreffend oder übertrieben? Welche Relevanz hatte die Quelle in ihrer Zeit? Welche Bedeutung hat sie aus heutiger Sicht?
In einer Bewertung fällst du ein Werturteil. Dazu verfasst du zunächst eine Beurteilung und baust darauf dann deine eigene Meinung auf. Aber Achtung: Dabei geht es natürlich nicht darum, zu schreiben, ob du den Text langweilig oder interessant fandest. Es geht darum, dein eigenes sachliches Urteil zu fällen und deine Geschichtskompetenz zu beweisen. Dieser Teil muss sich klar von der Beurteilung unterscheiden und darf sich nicht vermischen.
Tipps für deine Quellenanalyse
Eine Quellenanalyse ist eine umfangreiche Textarbeit. Wenn du ein paar Tipps beachtest, vermeidest du, dass du den Überblick verlierst und unstrukuriert schreibst.
Gliedere den Text mit Überschriften
Um den Argumentationsgang des Autors oder der Autorin darzustellen, hilft es, den Text in Sinnabschnitte zu gliedern. Auf diese kannst du auch in deiner Inhaltsangabe Bezug nehmen (z.B. Im ersten Abschnitt geht es um… Im zweiten Abschnitt argumentiert der Autor…). Vergiss dabei aber nicht die Zeilenangaben!
Schlage unbekannte Wörter nach
Vermeide es, Wörter zu benutzen, die du nicht kennst. Das erschwert dir das Textverständnis und kann im schlimmsten Fall auch in deinem Text unangenehm auffallen, wenn du von etwas sprichst, von dem du keine Ahnung hast. Also schlage unbekannte Begriffe im Lexikon nach.
Schreibe keine Deutsch-Interpretation
Achte darauf, dass du bei deiner Analyse nicht in eine Deutsch-Interpretation abdriftest. Sprache und Argumentationsstil sind sehr wichtig, müssen aber immer vor dem historischen Hintergrund betrachtet werden. Außerdem solltest du dich bei der Analyse immer Fragen: Was ist die Intention des Verfassers oder der Verfasserin?
Konzentriere dich auf die wichtigen Fakten
Zwischen vielen geschichtlichen Ereignissen lassen sich Zusammenhänge aufzeigen, selbst, wenn sie mehrere Jahre oder Jahrzehnte auseinanderliegen. In deiner Quellenanalyse geht es aber nicht darum, 500 Jahre Geschichte im Schnelldurchlauf zusammenzufassen. Um die zu analysierende Quelle einzuordnen, solltest du dich auf die wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fakten, Ursachen, Auslöser und Folgen konzentrieren und diese in Hinblick auf deine Quelle erläutern.
Distanz wahren
Die Quelle, die du analysierst, kann sehr subjektiv, vielleicht sogar stark ideologisch geprägt sein, etwa, wenn du einen Text aus der NS-Zeit analysieren sollst. Auch wenn du dem Inhalt der Quelle überhaupt nicht zustimmst: Deine eigene Meinung ist irrelevant. Es geht darum, die Aussagen historisch und wissenschaftlich einzuordnen.
FAQ: Häufige Fragen
Die Quellenanalyse im Überblick
- Eine Quellenanalyse ist eine geschichtswissenschaftliche Methode, um eine historische Quelle zu analysieren.
- Es gibt verschiedene Arten von Quellen. Diese können schriftlich oder nicht-schriftlich sein.
- In einer textbasierten Quellenanalyse geht es darum, die Aussagen des Autors oder der Autorin in ihren historischen Kontext einzuordnen.
- Eine Quellenanalyse gliedert sich immer in Einleitung, Hauptteil und Schluss.
- Wichtig ist die Einbettung in den historischen Kontext. Dabei geht es darum zu zeigen, dass du nicht nur Fakten gelernt hast, sondern diese auch anwenden kannst.
Weitere Infos
Die Quellenanalyse ist nicht die einzige Textanalyse, die du während deiner Schulzeit schreiben musst. Auch Gedicht- oder Sachtextanalysen sowie Interpretationen werden immer wieder von dir verlangt. Hier findest du Infos zu den wichtigsten Formen der Textanalyse.
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