Eine Charakterisierung schreiben: Was du beachten solltest
Um eine Charakterisierung zu schreiben, kannst du dich an einem festgelegten Aufbau orientieren. | Foto: Um eine Charakterisierung zu schreiben, kanns
Charakterisierung schreiben: Deine Anylsefähigkeiten sind gefragt
Sie hat rote Haare und isst gerne Pizza – das sind durchaus Merkmale, die in einer Charakterisierung vorkommen können. Doch ganz so einfach ist es natürlich nicht. In einer Charakterisierung ist mehr gefragt, als bloß ein paar Eigenschaften aufzuzählen. Denn wie immer im Deutschunterricht spielen auch hier Analyse und Deutung eine wichtige Rolle. Was das genau für die Charakterisierung einer literarischen Figur bedeutet und worauf du beim Charakterisierung schreiben achten musst, haben wir für dich zusammengestellt.
Eine Charakterisierung schreiben: Was bedeutet das?
Eine Charakterisierung ist eine bestimmte Form der Textanalyse, bei der es darum geht geht, die Eigenschaften sowie die Funktion einer literarischen Figur herauszuarbeiten. Gegenstand einer Charakterisierung können dabei grundsätzlich alle Figuren sein, die dir in einem literarischen Text begegnen, also Haupt- und Nebenfiguren. Die literarische Gattung spielt dabei keine Rolle. Du kannst sowohl den Protagonisten oder die Protagonistin eines Romans als auch die Nebenrolle in einem antiken Drama oder das lyrische Ich in einem Romantik-Gedicht charakterisieren.
Eine Charakterisierung kann ein Aufsatz für sich oder Teil einer Interpretation sein und ist eine Aufgabe, die dir bei Deutsch im Abitur auf jeden Fall begegnen wird. Eine Charakterisierung kann sich auf die Figur im Ganzen beziehen oder aber auf einen bestimmten Aspekt, etwa eine charakterliche Entwicklung oder das Verhalten in einer bestimmten Situation.
Charakterisierung und Personenbeschreibung: ein großer Unterschied
Es kommt oft vor, dass die Begriffe "Charakterisierung" und "Personenbeschreibung" gleichgesetzt werden. Das ist jedoch falsch. Eine Personenbeschreibung bezieht sich lediglich auf die äußeren Merkmale einer Person, etwa Kleidung, Aussehen oder Gestik. Eine Charakterisierung beinhaltet darüber hinaus aber auch innere Merkmale wie Charaktereigenschaften, Gefühle oder Gedanken.
Zudem geht es in einer Charakterisierung darum, zu analysieren und zu interpretieren und dadurch die Funktion einer Figur in einer bestimmten Szene, einem Kapitel oder dem gesamten Werk herauszuarbeiten, Charakterentwicklungen aufzuzeigen und sie in Bezug zu anderen Figuren sowie dem Inhalt des Werks zu setzen. Du kannst dir also merken: Eine Personenbeschreibung beschreibt die oberflächlich sichtbaren Merkmale. Sie ist Teil einer Charakterisierung. Eine Charakterisierung geht in die Tiefe und deutet.
Wusstest du, dass...
... du nicht nur fiktive, sondern auch reale Personen charakterisieren kannst? Das wird beispielsweise in Biografien oder Fernsehporträts wichtiger historischer oder zeitgenössischer Persönlichkeiten gemacht.
Direkte und indirekte Merkmale erkennen
Die Charakterisierung einer Figur ist eine ebenso analytische wie interpretatorische Aufgabe. Denn natürlich zählt der Autor oder die Autorin eines literarischen Werks nicht einfach alle Eigenschaften auf, sodass du sie nur abschreiben brauchst. Vielmehr geht es darum, das Verhalten einer Figur zu erläutern und zu erklären, welche Eigenschaften sich daraus ableiten lassen. Der Verfasser oder die Verfasserin eines Textes charakterisiert seine oder ihre Figuren deshalb immer direkt und indirekt.
Direkte Charakterisierung
Bei einer direkten Charakterisierung werden Merkmale, etwa Äußerlichkeiten oder bestimmte Eigenschaften, konkret benannt, zum Beispiel: "Der blonde Vlad war schon immer sehr ehrgeizig." Aus diesem Satz kannst du zwei Merkmale direkt entnehmen: Vlad ist blond und sehr ehrgeizig. Hier musst du nicht viel deuten oder interpretieren. Der Text trifft eine klare Aussage über die Person.
Indirekte Charakterisierung
Anders ist es bei der indirekten Charakterisierung. Sie erfolgt über
- Gedanken,
- Gefühle,
- Verhalten,
- Interaktion und
- die wörtliche Rede einer Figur.
Anders als bei einer direkten Charakterisierung lassen sich die Merkmale einer indirekten Charakterisierung nicht direkt ablesen, sondern müssen aus den oben genannten Aspekten gedeutet werden. Hier sind also deine Interpretationsfähigkeiten gefragt, denn es gilt, zwischen den Zeilen zu lesen und zu erschließen, was bestimmte Äußerungen, Verhaltensweisen oder Gefühle über die Eigenschaften einer Person aussagen.
Äußere und innere Merkmale benennen
Wie bereits angedeutet, musst du in deiner Charakterisierung auf innere und äußere Merkmale eingehen. Die äußeren Merkmale beziehen sich auf alles, was von außen sichtbar und damit beobachtbar sind. Dazu gehören
- die Fakten zu einer Figur, z.B. Name, Alter, Wohnort, Stand, Lebensumstände und Vorgeschichte
- das äußere Erscheinungsbild, also Größe, Haar- und Augenfarbe sowie besonders auffällige Merkmale, etwa eine besonders krumme Nase oder eine Narbe
- Kleidung
- Sprache
- Besonderheiten in Gestik und Mimik
Die inneren Merkmale hingegen äußern sich durch
- Gedanken,
- Gefühle und
- Charaktereigenschaften.
In einer Charakterisierung ist es deine Aufgabe, die äußeren und inneren Merkmale einer Figur herauszuarbeiten und darzustellen. Wichtig ist, dass du sie dabei nicht isoliert betrachtest, sondern immer im Kontext des gesamten Werkes siehst. Dazu gehört auch, dass du auf mögliche Charakterentwicklungen oder auffällige Verhaltensänderungen sowie die Figurenkonstellation eingehst. Nur wenn du deine Figur in Bezug zu den anderen Figuren und der gesamten Handlung setzt, kannst du aufzeigen, welche Bedeutung und Funktion eine Figur im Werk einnimmt.
Die Funktion einer Figur
In einem literarischen Text ist keine Figur zufällig gewählt. Jede erfüllt eine bestimmte Funktion und selbst kleinste Nebenrollen sind dazu da, die Geschichte auf erzählerischer oder inhaltlicher Ebene voranzubringen.
Grundsätzlich solltest du folgende Funktionen benennen können:
- Protagonist /-in (Hauptfigur)
- Nebenrolle
- Antagonist /-in (Gegenspieler /-in der Hauptfigur)
- Schlüsselrolle (eine Figur, die die Handlung entscheidend beeinflusst)
Beim Charakterisierung schreiben solltest du unbedingt benennen, ob es sich bei der zu analysierenden Figur um eine Haupt- oder Nebenfigur oder den oder die Antagonisten /-in handelt. Ob die Figur eine Schlüsselrolle einnimmt, kannst du im Schlussteil deiner Analyse schreiben, da es ein Ergebnis sein kann, zu dem du mit deiner Charakterisierung kommst.
Die Nennung von Haupt- und Nebenfiguren hat auch einen weiteren Grund: Du gibst damit Auskunft über die Erzählstruktur und die Rollenkonstellation. Meist erfolgt die in Protagonistin /-in und Nebenrolle. Es gibt jedoch Werke, die bewusst mit diesem gängigen Schema brechen. Ein Beispiel ist hier "Game of Thrones" von George R.R. Martin. Eine klare Einteilung von Protagonisten /-innen ist hier nur schwer möglich, da Martin nicht davor zurückschreckt, vermeintliche Hauptfiguren sterben zu lassen oder den scheinbaren Antagonisten zum Publikumsliebling werden zu lassen.
Vorbereitung
Du hast jetzt ziemlich viel Input dazu bekommen, worauf du bei einer Charakterisierung achten musst und welche Aspekte auf keinen Fall fehlen dürfen. Doch bevor du wild drauf losschreibst, gilt es zunächst, deine Charakterisierung vorzubereiten. Bedenke, dass eine Charakterisierung ähnlich wie die Interpretation eines Gedichtes oder einer Kurzgeschichte eine sehr umfangreiche und komplexe Arbeit ist und es daher Sinn ergibt, sie strukturiert anzugehen. Deswegen solltest du diese vier Schritte im Vorfeld beachten, um dir die schriftliche Ausarbeitung zu erleichtern:
- Text gründlich lesen, auch mehrfach.
- Wörter nachschlagen, die du nicht kennst.
- Auffälligkeiten (bunt) markieren.
- Notizen machen.
Aufbau einer Charakterisierung
Ist die Vorarbeit abgeschlossen, kannst du mit dem Schreiben loslegen. Hier folgst du einer dir bereits aus anderen schriftlichen Analysen bekannten Gliederung:
- Einleitung
- Hauptteil
- Schluss
Diese Gliederung ist wie eine Schablone, die du auf sämtliche schriftliche Ausarbeitungen im Deutschunterricht übertragen kannst. Du musst sie lediglich der entsprechenden Aufgabe anpassen. Schreibst du also eine Charakterisierung, musst du auf Aspekte wie die inneren und äußeren Merkmale und die Figurenkonstellation eingehen. Bei einer Gedichtanalyse wiederum musst du typische formale Merkmale wie Reimschema oder Metrum bestimmen, wenn du eine Kurzgeschichte interpretierst die Erzählperspektive und das Erzählverhalten.
Einleitung
In der Einleitung geht es darum, den Leser oder die Leser /-in an den Inhalt deines Textes heranzuführen. Dazu ist es wichtig, dass du Titel, Autor /-in, Textsorte und Erscheinungsdatum nennst. Bei einer Charakterisierung ist es außerdem wichtig, die Figur zu benennen, die du charakterisieren sollst.
Eine Einleitung ist immer kurz. Es reicht also, wenn du die genannten Punkte in ein bis drei Sätzen formulierst, ähnlich wie in diesem Beispiel:
Der Roman "Effi Briest" von Theodor Fontane aus dem Jahr 1896 setzt sich am Schicksal der gleichnamigen Hauptfigur gesellschaftskritisch mit den Themen Ehebruch und bürgerliche Moral auseinander und gilt als Höhe- und Wendepunkt des poetischen Realismus. Charakterisiert wird hier die Figur der Roswitha Gellenhagen.
Hauptteil
Der Hauptteil ist der Kern deiner Charakterisierung. Hier geht es darum, die inneren und äußeren Merkmale der Figur herauszuarbeiten, indem du die vorgegebene Textstelle genau analysierst. Oft werden in diesem Zusammenhang auch die Begriffe Außenansicht und Innenansicht verwendet. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Außenansicht die äußeren Merkmale und die Innenansicht die inneren Merkmale umfasst.
Da die äußeren Merkmale offensichtlicher sind und für die Innenansicht mehr Analyse nötig ist, solltest du mit der Außenansicht beginnen. So kannst du dich von den Fakten (Name, Alter, Wohnort usw.) über die Offensichtlichkeiten (Haarfarbe, Größe, Erscheinungsbild usw.) bis zu den Details (Charaktereigenschaften, Gedanken, Gefühle) vorarbeiten. Da gerade die inneren Merkmale nicht konkret im Text formuliert werden, ist es deine Aufgabe, die Textstellen, die Auskunft über die zu charakterisierende Figur geben, herauszufinden und aufzuzeigen, welche Aussage sich ihnen über den Charakter entnehmen lässt. Behalte dabei immer auch das Verhältnis zu anderen Figuren, die allgemeine Figurenkonstellation sowie die Entwicklung der Figur im Blick.
Gut zu wissen
Wie immer bei einer Interpretation gilt: Es gibt nicht nur eine richtige Lösung. Interpretationsansätze können sich voneinander unterscheiden. Wichtig ist, dass du deine Aussagen immer mit Textstellen belegst.
Schluss
Ziel des Schlussteils ist es, deine Analyse aus dem Hauptteil zu einer logischen Schlussfolgerung zu bringen. Das kann zum Beispiel eine Einordnung der Figur in das Gesamtwerk sein oder eine Aussage über die Funktion der Figur, zum Beispiel:
Abschließend lässt sich sagen, dass die Figur der Roswitha Gellenhagen unter den Nebenrollen in Effi Briest eine besondere Stellung einnimmt. Als Effis liebevolles Kindermädchen und loyale Dienerin ist sie nicht nur die treue Seele des Werks. Sie verkörpert in dem Drama auch die Menschlichkeit, die im Gegensatz zu den grausamen Folgen, die Effis Verstoß gegen die bürgerlichen Konventionen hat, steht. Mit ihrer Humanität überführt sie die so hoch gehaltene bürgerliche Moral als Heuchelei. Somit kann man sagen, dass Fontane ihren Charakter für seine Gesellschaftskritik nutzt.
Generell kannst du dich im Schlussteil vergleichsweise kurz halten. Achte darauf, nicht nochmal alle zu wiederholen, was du bereits gesagt hast, sondern einige wenige allgemeine Aussagen über die Figur abzuleiten.
Auf einen Blick: Aufbau einer Charakterisierung
Einleitung | Hauptteil | Schluss |
---|---|---|
Titel | äußere Merkmale | kurze Zusammenfassung |
Autor /-in | innere Merkmale | Einordnung, z.B. Funktion der Figur |
Textsorte | Figurenkonstellation | |
Erscheinungsjahr | Entwicklung der Figur | |
Thema des Werkes und/oder des Textauszuges | ||
Figur, die charakterisiert werden soll |
Tipps für deine Charakterisierung
Der Aufbau gibt dir eine verlässliche Hilfestellung zur Strukturierung deiner Charakterisierung. Darüber hinaus solltest du folgende Tipps beachten, um dir das Schreiben zu erleichtern und eine Charakterisierung zu verfassen:
✔️ Arbeite dich von den äußeren Merkmalen zu den inneren vor.
✔️ Schreibe sachlich und objektiv.
✔️ Schreibe deine Charakterisierung im Präsens.
✔️ Vergiss die Textangaben nicht.
✔️ Verwende sinnvolle Überleitungen, damit ein flüssiger Gesamttext entsteht.
FAQ: Häufige Fragen zur Charakterisierung
Eine Charakterisierung schreiben: Überblick
- Eine Charakterisierung benennt, analysiert und interpretiert sämtliche Einzelheiten einer Person, die einem literarischen Werk zu entnehmen sind. Ziel ist es, die Funktion dieser Figur herauszuarbeiten und zu zeigen, welche Rolle sie in dem Werk einnimmt.
- Eine Charakterisierung ist keine Personenbeschreibung, eine Personenbeschreibung aber Teil einer Charakterisierung.
- Aussagen über eine Figur kannst du direkt oder indirekt aus dem Text entnehmen.
- Jede Figur hat innere und äußere Merkmale.
- Schreibe deine Charakterisierung immer im Präsens!
- Vergiss nicht, deine Aussagen mit den entsprechenden Textangaben (Seitenzahl und Zeile) zu belegen.
Das könnte dich auch interessieren
Die Charakterisierung ist nur eine von vielen Textanalysen, die du im Deutschunterricht verfassen musst. Einige weitere haben wir dir hier ausführlich zusammengestellt.
Gedichtanalyse: So sind Gedichte kein Problem mehr!
Jetzt lesenEin Essay schreiben: Deine Gedanken sind frei
Jetzt lesenEine Interpretation schreiben: So gehst du es an
Jetzt lesenArtikel-Bewertung:
Anzahl Bewertungen: 539