Sitzenbleiben: Das kannst du tun!

Anke Capellmann - 02.11.2021

Sitzen bleiben Unterricht

Ob du mit deinen Klassenkameraden /-innen ins nächste Schuljahr kommst, hängt von deinen Leistungen ab. | Foto: Pexels / Rodnae Productions

Die Angst vor dem Sitzenbleiben

Viele Schülerinnen und Schüler fürchten sich in ihrer Schulzeit davor, dass sie sitzenbleiben könnten. Denn niemand möchte aus seiner Klasse gerissen werden, seine Freunde /-innen zurücklassen und noch ein Jahr länger zur Schule gehen als nötig. Aber trotzdem führt manchmal kein Weg daran vorbei, das Schuljahr zu wiederholen. Was es für dich bedeutet, sitzenzubleiben, wann du sitzenbleibst und was du tun kannst, wenn deine Versetzung gefährdet ist, haben wir für dich zusammengefasst.

Was bedeutet Sitzenbleiben?

Versetzungsgefährdet sein, einen blauen Brief bekommen oder eine Ehrenrunde drehen – für das Sitzenbleiben gibt es viele Bezeichnungen. Und viele Schüler /-innen fürchten sich mehr davor als vor unfreundlichen Lehrern /-innen oder schlechten Noten. Letztere sind es, die dafür sorgen, dass du sitzenbleibst.

Wenn du in der Schule sitzenbleibst, bedeutet das, dass du nicht in die nächsthöhere Klassenstufe aufrückst, sondern das Schuljahr wiederholen musst. Du wirst also nicht gemeinsam mit deinen Klassenkameraden /-innen in die nächste Klasse versetzt. Stattdessen kommst du in die Klasse, die zum Zeitpunkt vor deiner Versetzung noch eine Jahrgangsstufe unter dir ist. 

Versetzungsregeln: Wann bleibe ich sitzen?

Du bleibst sitzen, wenn du in der Schule keine ausreichenden Leistungen erbringst und deine Noten zu schlecht sind. Der Grund dafür ist, dass die Schulen und Bildungseinrichtungen sicherstellen müssen, dass Schüler /-innen einer Jahrgangsstufe mehr oder weniger gleich leistungsstark sind. Um also zu große Leistungsunterschiede zu vermeiden, müssen leistungsschwache Schüler /-innen das Schuljahr wiederholen. Im Gegensatz dazu könntest du auch ein Schuljahr überspringen, wenn du sehr viel leistungsstärker bist als deine Mitschüler /-innen.

Die Entscheidung darüber, ob du eine Klasse wiederholen musst, wird von deinen Lehrern /-innen in der Zeugniskonferenz getroffen. Dort besprechen deine Lehrer /-innen deine Noten und Leistungen und überlegen, ob du die nächste Klasse schaffen wirst oder ob es besser für dich wäre, die aktuelle Klasse noch einmal zu wiederholen. Am Ende hängt also in der Regel alles von deinem Zeugnis und der Einschätzung deiner Lehrer /-innen ab. Du kannst dich aber manchmal auch freiwillig dazu entscheiden, eine Klasse zu wiederholen.

Bildungspolitik ist Ländersache

Die genauen Voraussetzungen einer Versetzung sind je nach Schulform und auch je nach Bundesland sehr unterschiedlich, denn die Bildungspolitik in Deutschland ist Ländersache. Du solltest dich also immer auf der Seite des Bildungsministeriums deines Bundeslandes über die genaue Gesetzeslage informieren. Grundsätzlich gilt jedoch, dass du versetzt wirst, wenn deine Leistungen in allen Fächern ausreichend oder besser sind. Nicht ausreichende Leistungen –  also wenn dir in einem Fach eine Fünf oder gar Sechs auf dem Zeugnis droht –  können in einem bestimmten Rahmen ausgeglichen werden. Auch eine Nachprüfung ist möglich, wenn du in einem Fach eine Fünf bekommen, durch diese Prüfung aber doch noch eine Vier schaffen würdest.

Wenn du zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen auf eine Realschule gehst und in einem der Hauptfächer (Mathematik, Deutsch, Englisch oder Wahlpflichtunterricht) eine Fünf hast, kannst du diese Fünf mit einer Drei in ebenfalls einem dieser Hauptfächer ausgleichen. Dann wirst du in der Regel nicht sitzenbleiben. Ähnliches gilt auch für das Gymnasium bis zur Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe: Hast du in den Fächern Deutsch, Mathematik, erste oder zweite Fremdsprache eine Fünf, kannst du diese mit einer Drei in einem anderen Fach dieser Fächergruppe ausgleichen. Es gibt aber auch Ausnahmen: Wenn ein /-e Schüler /-in die Versetzungsanforderungen zwar nicht erfüllen kann, die Lehrkräfte aber davon ausgehen, dass der / die Schüler /-in auf Grund der Leistungsfähigkeit und der Förderungsmöglichkeiten in der Schule auch in der höheren Klasse erfolgreich mitarbeiten kann, kann eine Versetzung trotzdem möglich sein.

Wie oft kann ich sitzenbleiben?

Wie oft du sitzenbleiben kannst, hängt davon ab, in welchem Bundesland du zur Schule gehst, auf welche Schule du gehst und auch, in welche Klasse du gehst. Auch hier gibt es also wieder zahlreiche Unterschiede. Generell gilt, dass du für die Klassen 7 bis 10 laut Schulgesetz höchstens sechs Jahre brauchen darfst. Das bedeutet, dass du theoretisch auch nur zweimal sitzenbleiben kannst. Es gibt allerdings Ausnahmen, wenn zum Beispiel erwartet wird, dass ein /-e Schüler /-in dann doch noch den Abschluss schafft. Wenn du auf einem Gymnasium zweimal in der gleichen Stufe sitzen bleibst, musst du das Gymnasium in der Regel verlassen. Das Gleiche gilt für die Einführungsphase der Oberstufe.

Wenn du in Bremen also auf dem Gymnasium die neunte Klasse wiederholen musst, kannst du dies nur einmal tun. Solltest du auch in deiner Ehrenrunde keine besseren Noten erlangen und erneut mangelhafte Leistungen erbringen, kannst du die neunte Klasse kein zweites Mal wiederholen. Dann musst du zu einer einfacheren Schulform wechseln. Informiere dich für die genaue Gesetzeslage in deinem Bundesland und für deine Schulform auf den Internetseiten des zuständigen Ministeriums.

Vor- und Nachteile vom Sitzenbleiben

Generell gilt, dass jede /-r Schüler /-in anders damit umgeht, wenn er oder sie eine Klasse wiederholen muss. Während zum Beispiel Dilara aus der 8a vergleichsweise gut damit zurechtkommt, die achte Klasse zu wiederholen, fällt es Kathrin aus der 8b eher schwer, sich in dieser Situation zurechtzufinden. Das Sitzenbleiben hat also immer Vor- und Nachteile:

Vorteile Nachteile
✔️ Du wiederholst die Unterrichtsinhalte, mit denen du Probleme hattest. Wärst du unter diesen Umständen versetzt worden, hättest du dich im neuen Schuljahr weitergequält, weil du die Inhalte nicht wirklich drauf hast. Jetzt hast du die Chance, nochmal von vorne anzufangen.  ❌ Das Wissen um ein mögliches Sitzenbleiben erhöht den psychischen Druck. Das kann zwar auch dazu führen, dass du dich mehr in der Schule anstrengst und am Ende doch nicht sitzenbleibst, es kann aber auch nach hinten losgehen.
✔️ Deine Noten werden besser und das Lernen fällt dir leichter. ❌ Du musst ein Jahr länger zur Schule gehen als üblich.
✔️ Du lernst neue Freunde /-innen und Mitschüler /-innen kennen. ❌ Du musst auch den Stoff wiederholen, in dem du unter Umständen schon vorher gut warst.
✔️ Unter Umständen behältst du deine alten Lehrer /-innen und kannst diesen nun zeigen, was in dir steckt. ❌ Du bist in deiner künftigen Klasse "der/die Neue" und wirst aus deinem alten Klassenverband herausgerissen. 
  ❌ Du siehst deine Freunde /-innen aus deiner alten Klasse nur noch in den Pausen oder in deiner Freizeit.

Was tun gegen Sitzenbleiben?

Die Antwort darauf ist eigentlich recht simpel: Du musst gute Leistungen in der Schule erbringen und solltest es möglichst vermeiden, eine Fünf oder gar eine Sechs auf dem Zeugnis zu bekommen. In den Hauptfächern errechnen sich deine Noten auf dem Zeugnis in der Regel durch die Noten, die du in Klassenarbeiten schreibst. Deswegen solltest du deine Noten immer im Blick haben und dir einen exakten Lernplan darüber machen, wann welche Arbeiten anstehen und wann es sinnvoll ist, mit dem Lernen für die nächste Klausur anzufangen.

In den Nebenfächern errechnen sich deine Noten oft durch deine mündliche Mitarbeit und den ein oder anderen Test. In Nebenfächern ist es also oft sehr einfach, gute Noten zu bekommen, denn wenn dich das Fach zumindest ein bisschen interessiert und du immer gut zuhörst, kannst du eigentlich immer etwas zum Unterricht beitragen, dich melden oder auch mal Referate halten.

Eine weitere Möglichkeit, schlechten Noten den Kampf anzusagen, kann auch sein, dass du Nachhilfe nimmst. Laut der Bertelsmann-Stiftung erhalten 1,2 Millionen Schüler /-innen in Deutschland Nachhilfe. Wenn du also Lernlücken hast oder den aktuellen Lernstoff einfach nicht verstehst, kann es sinnvoll sein, dass du dir die Unterrichtsinhalte von einem /-r Außenstehenden erklären lässt - also zum Beispiel von einem / einer Nachhilfelehrer /-in. Solltest du dich dazu entscheiden, Nachhilfe zu nehmen, darfst du dich aber trotzdem nicht auf die faule Haut legen. Viele Schüler /-innen verlassen sich nämlich zu sehr auf die Nachhilfe. Dann konzentrieren sie sich im Unterricht nicht mehr, machen nicht mehr mit und verlassen sich darauf, dass sie den Stoff in der nächsten Nachhilfestunde sowieso nochmal mit ihrem / ihrer Nachhilfelehrer /-in wiederholen. Du solltest dir also bewusst darüber sein, dass du trotz Nachhilfelehrer /-in trotzdem eigenständig lernen musst.

Am Ende zählt, dass du leistungsstark genug bist und mit deinen Mitschülern /-innen mithalten kannst. Nur so ist sichergestellt, dass ihr auch im nächsten Schuljahr mehr oder weniger auf einem gleichen Leistungsniveau seid. Sollte deine Versetzung dennoch gefährdet sein, bekommst du in der Regel zehn Wochen vor der Zeugnisvergabe Bescheid. Dann hast du also noch zehn Wochen Zeit, dich anzustrengen, dich am Unterricht zu beteiligen und das ein oder andere Referat zu halten, um deine Note zu verbessern. Sollte es nicht klappen, darfst du den Kopf nicht hängen lassen. Das Sitzenbleiben hat auch Vorteile, die wir dir oben bereits aufgeführt haben.

FAQs: Häufige Fragen

Was bringt Sitzenbleiben?

Sitzenbleiben soll dir dabei helfen, den kompletten Unterrichtsstoff zu wiederholen und so deine Wissenslücken zu schließen. Dadurch solltest du wieder besser im Stoff mitkommen und das Schuljahr danach mit besseren Noten abschließen. Außerdem wird so sichergestellt, dass sich eine Klasse auf dem gleichen Leistungsniveau befindet, indem schlechtere Schüler /-innen die Klasse verlassen.

In welchen Bundesländern wurde das Sitzenbleiben abgeschafft?

Ob du sitzenbleiben kannst oder nicht, hängt davon ab, in welchem Bundesland du zur Schule gehst. In Hamburg zum Beispiel kannst du in der Regel nicht mehr sitzen bleiben, nur noch in seltenen Ausnahmefällen. Während Corona konnten Schüler /-innen in Hamburg aber ausnahmsweise das Schuljahr freiwillig wiederholen.

Ist Sitzenbleiben sinnvoll?

Es gibt einige Studien, die sagen, dass Sitzenbleiben pädagogisch nicht sinnvoll ist. Allerdings gibt es auch gegenteilige Meinungen. So kann Sitzenbleiben helfen, wenn man den Stoff überhaupt nicht beherrscht und ihn in Ruhe von vorne erlernen möchte. Außerdem ist Sitzenbleiben auch sinnvoll, wenn ein /-e Schüler /-in mehrere Wochen oder gar Monate aufgrund von Krankheit nicht am Unterricht teilnehmen konnte.

Sitzenbleiben: ein Überblick

  • Sitzenbleiben bedeutet, dass du das Schuljahr wiederholen musst.
  • Die Schulen und Bildungseinrichtungen stellen somit sicher, dass eine Klasse auf dem gleichen Leistungsniveau ist.
  • Du kommst in eine neue Klasse und musst deine Klassenkameraden /-innen und Freunde /-innen zurücklassen.
  • In der Regel bleibst du sitzen, wenn du mehrere Fünfen auf dem Zeugnis hast oder eine Fünf in einem Hauptfach nicht mit einer besseren Note ausgleichen kannst.
  • Die Versetzungsregeln sind je nach Bundesland und Schulform sehr unterschiedlich geregelt.
  • In Hamburg wurde das Sitzenbleiben abgeschafft. Während Corona konnten Schüler /-innen im vergangenen Jahr aber freiwillig sitzenbleiben. Auch in anderen Bundesländern war ein freiwilliges Wiederholen möglich.
  • Sitzenbleiben hat Vor- und Nachteile. Du kannst den schwierigen Stoff in Ruhe wiederholen, musst aber auch die Lerninhalte wiederholen, die du eigentlich drauf hattest.

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