Geld ist nicht alles: Das ist Praktikanten im Job wichtig

Nina Weidlich - 05.03.2018

Praktikum Studie

Berufserfahrung ist den meisten Praktikanten wichtiger als das Gehalt | Foto: bruce mars/Pexels

Praktikumsstudie: So sieht der Durchschnitts-Prakti aus

24 Jahre alt, internationale Erfahrung, karriereorientiert – das macht den durchschnittlichen Praktikanten in Deutschland aus. Um das herauszufinden, hat die Unternehmensberatung CLEVIS über 5.000 Praktikanten aus 208 Unternehmen befragt. Bei den meisten der von den Praktikanten bewerteten Unternehmen handelt es sich um Großunternehmen mit 10.000 bis 50.000 Mitarbeitern. Die große Mehrheit (85 Prozent) der Befragten strebt einen Bachelor- oder Masterabschluss an, knapp die Hälfte von ihnen ist zwischen 23 und 25 Jahren alt. Praktikanten, die 29 Jahre oder älter sind, machen dagegen einen eher kleineren Teil aus. Meistens haben sie schon in einem bestimmten Bereich gearbeitet und nutzen das Praktikum dazu, sich beruflich neu zu orientieren.

Praktikum – aber warum eigentlich?                                             

Etwa die Hälfte der Befragten (47 Prozent) macht ein Pflichtpraktikum, das im Rahmen ihres Studiums vorgeschrieben ist. Diese "Pflicht" ist aber nicht der einzige Grund, warum junge Menschen sich für ein Praktikum entscheiden. Für die meisten steht das Sammeln von Berufserfahrung an oberster Stelle. Für Studenten aus theoretischen Studiengängen wie Chemie, Bauingenieurwesen und Elektrotechnik sind die Einblicke in den praktischen Unternehmensalltag besonders wichtig.

Ob das Praktikum bei einem bestimmten Unternehmen sich gut im Lebenslauf macht, ist übrigens mittlerweile gar nicht mehr so wichtig. Nur noch 56 Prozent nutzen das Praktikum dazu, ihren Lebenslauf zu "pimpen" – der Rest sucht sich die Stelle entsprechend der persönlichen Interessen aus.

Noch unwichtiger als gute Referenzen ist den meisten Praktikumsanwärtern: Geld. Nur für knapp ein Drittel ist der Verdienst während des Praktikums tatsächlich ein Grund, sich für oder gegen eine Stelle zu entscheiden.

Nicht alle Praktikanten bekommen Mindestlohn

Dass Geld bei der Entscheidung für oder gegen eine Praktikumsstelle nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, könnte auch an der Einführung des Mindestlohns für Praktika im Jahr 2015 liegen. Mittlerweile sind 96 Prozent der Praktika vergütet, seit 2010 sind die Praktikumsgehälter im Schnitt um 400 Euro gestiegen. Von dem Mindestlohn profitieren allerdings nicht alle Praktikanten: Nur wer ein freiwilliges Praktikum macht, das länger als drei Monate dauert, hat einen gesetzlichen Mindestlohnanspruch. Freiwillige Praktika unter drei Monaten und Pflichtpraktika sind von dem Gesetz nicht betroffen – wie viel die Arbeitgeber in diesen Fällen bezahlen oder ob es überhaupt einen Lohn gibt, hängt also vom jeweiligen Unternehmen ab.

Der CLEVIS Praktikantenspiegel hat ergeben, dass das durchschnittliche Gehalt von freiwilligen Praktika bei den 208 bewerteten Unternehmen bei 1.239,75 Euro liegt, Pflichtpraktikanten bekommen im Schnitt 940,13 Euro. Vergleicht man die Praktikumsgehälter verschiedener Branchen miteinander, zeigt sich: Am meisten bekommen Praktikanten in der Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung (1.420,31 €), am wenigsten gibt's im Bereich Energie, Bau- und Rohstoffe (809,35 €).

Stay happy: Was macht Praktikanten glücklich?

Work-Life-Balance

Dass Geld nicht alles ist und damit auch keinen entscheidenen Glücksfaktor darstellt, haben wir bereits gesehen. Was allerdings aufs Gemüt schlagen kann, sind unangemessene Arbeitszeiten. Üblich ist eine 40-Stunden-Woche, knapp die Hälfte (45 Prozent) der befragten Praktikanten muss allerdings regelmäßig Überstunden schieben.

Besonders in den Bereichen Unternehmensberatung, Wirtschaftsprüfung und Recht sowie in der Chemie und der Luft- und Raumfahrt ist die Arbeitsbelastung für Praktikanten überdurchschnittlich hoch. Wesentlich zufriedener in punkto Arbeitszeit sind dagegen Praktikanten, die in Vereinen, NGOs oder in sozialen Diensten arbeiten.

Die Studie zeigt allerdings auch: Auf die reine Anzahl der Stunden kommt es gar nicht unbedingt an. Solange die Arbeit Spaß macht und die Atmosphäre im Team stimmt, wirken sich auch Überstunden nicht besonders negativ auf die Zufriedenheit der Praktikanten aus.

Internationalität

Nicht nur Unternehmen verlangen in ihren Ausschreibungen immer häufiger internationale Erfahrungen. Auch Praktikanten ist es oft wichtig, die Möglichkeit zu einem Auslandspraktikum zu haben. Mehr als 50 Prozent der befragten Praktikanten hat bereits sechs Monate oder länger im Ausland verbracht. Vor allem Studenten der Kunstwissenschaften bringen häufig internationale Erfahrung mit, gefolgt von Naturwissenschaftlern und Ingenieurswissenschaftlern.

Der beliebteste Kontinent für Auslandspraktika ist Europa, hier sind vor allem die Ziele Frankreich und Österreich gefragt. Wen es noch weiter weg zieht, absolviert sein Praktikum meist in Indien, China oder Pakistan. Das internationale Angebot ist besonders in der IT-Branche groß – hier liegt der Anteil von Auslandspraktika bei etwa 40 Prozent.

Der Praktikantenspiegel gibt auch Aufschluss darüber, in welchen der bewerteten Unternehmen besonders viele internationale Praktika angeboten und umgesetzt werden. Eine Übersicht der Top 10 Unternehmen für internationale Praktika findest du hier:

  • Intel (78% Auslandspraktika)
  • Infineon (61%)
  • Procter & Gamble (55%)
  • Adidas (44%)
  • Texas Instrumentes (43%)
  • Henkel (33%)
  • Puma (30%)
  • Opel und Heidelbergcement (26%)
  • Beiersdorf (25%)

Aufgaben und Führung

Wer ein Praktikum macht, möchte nicht nur Kaffee kochen und am Kopierer stehen. Die Studie beweist, dass Praktikanten zufriedener sind, je mehr Aufgaben sie eigenverantwortlich bearbeiten dürfen. Autonomie ist deshalb eine der wichtigsten Eigenschaften, die Praktikanten sich von ihren Arbeitgebern wünschen. Weitere Zufriedenheitsfaktoren sind kommunikative Vorgesetzte, die auch mal bei kleinen Fehlern ein Auge zudrücken können. Arbeitgeber, die flexibel sind und auch unterschiedliche Sichtweisen zu schätzen wissen, kommen bei Praktikanten ebenfalls gut an.

Der Praktikantenspiegel zeigt: 80 Prozent der Befragten sind mit der Führung in ihrem Unternehmen zufrieden. Etwa genauso viele finden, dass ihre Arbeit von ihren Vorgesetzten angemessen anerkannt wird. Verbesserungspotential sehen einige allerdings in der inhaltlichen Gestaltung ihres Praktikums. Außerdem wünschen sich etwa zwanzig Prozent, häufiger konstruktives Feedback zu erhalten.

Gut zu wissen

Sobald du dich ein bisschen im Unternehmen eingearbeitet und bereits einige Aufgaben übernommen hast, ist ein Feedbackgespräch durchaus üblich. Scheu dich also nicht davor, deinen Vorgesetzten anzusprechen und um ein persönliches Gespräch zu bitten. Das Feedback kann übrigens auch von deiner Seite kommen, wenn du mit bestimmten Punkten deines Praktikums nicht zufrieden bist.

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