Was ist Cosplay? Der Kostüm-Hype aus Japan

Tabea Weidinger - 14.09.2015

World Cosplay Summit 2015

Die Teilnehmer beim World Cosplay Summit 2015 | Foto: World Cosplay Summit 2015

Was ist Cosplay?

Beim Cosplay dreht sich alles um das Nähen und Basteln von Kostümen. Der japanische Begriff "kosupure" (コスプレ) setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern costume und play. Die japanophilen Hobby-SchneiderInnen geben alles, um ihre Lieblingsfigur so originalgetreu wie möglich darzustellen. Vorbilder sind dabei die Protagonisten aus Manga und Anime, doch auch Videospiel-Helden oder japanische Musiker werden immer beliebter.

Besonders ist hierbei jedoch, dass auch das Verhalten der Figuren imitiert wird. "Der größte Reiz ist immer noch das Eintauchen in eine andere Rolle", erzählt die 26-jährige "Modernes Japan"-Studentin Désirée im Interview. Sie nahm 2010 am World Cosplay Summit in Japan teil. Im einzigen internationalen Cosplay-Wettbewerb der Welt treten Teams aus mehr als 20 Ländern an. "Ich habe es sehr genossen, meine Auftritte mit Liebe zum Detail auszuarbeiten und meinen Charakter auf der Bühne zum Leben zu erwecken."

Kostüme selbst nähen oder kaufen?

Der Weg bis zum fertigen Kostüm ist lang. Die detailverliebten Cosplayer scheuen keine Kosten und Mühen, um ihrem Lieblingscharakter bis auf’s Haar und das kleinste Accessoire zu gleichen. Dadurch häuft sich bei den meisten Bastlern ein richtiges Sammelsurium an Stoffen und Materialien an, weiß auch Désirée. Sie hat für ein Kostüm sogar einmal eigens Schuhe geschustert oder Perlen gegossen. Sowas kann teuer werden.

Sophia, die unter dem Namen "Soffel Cosplay" ihre Kreationen präsentiert, erklärt: "Je nach Detailreichtum kann es natürlich ins Geld gehen. Ich habe schon günstige Kostüme für 20 Euro hergestellt, besitze aber auch Kostüme im dreistelligen Bereich." Wer nicht so viel Zeit in seine Verkleidung investieren möchte, kann sie sich im Internet bestellen. "Es fehlt oft die Zeit, ein neues Kostüm zu nähen, da ist Kaufen schon bequemer und vor allem zeitsparender. Wenn jemand nicht so gut nähen kann, ist es auch eine gute Option und mit den Jahren hat der Markt sich in der Hinsicht sehr erweitert", berichtet die 25-Jährige, deren Näh-Kunstwerke mehr als 3.600 Fans auf Facebook verfolgen.

Wo begegnet man Cosplayern?

Getragen werden die fantasievollen Kostüme hauptsächlich zu Conventions und Fotoshootings. Mit ihrem Outfit als "Arielle, die Meerjungfrau" hat Sophia sogar bereits unter Wasser geshootet. In Deutschland ist es derweil nichts Ungewöhnliches mehr, Cosplayern auf Messen wie der gamescom oder Frankfurter Buchmesse zu begegnen. Abseits solcher Veranstaltungen wird man aber kaum einen Cosplayer antreffen. Das liegt leider an den abschätzigen Blicken und abwertenden Kommentaren von Passanten, die den japanischen Verkleidungstrend nicht kennen.

Sophia umgeht mögliche Konfrontationen ganz: "Ich ziehe mich meistens nur noch vor Ort, Zuhause oder im Hotel um und fahre dann mit dem Auto hin. So kommen solche Begegnungen mit Passanten gar nicht mehr vor." Désirée ergänzt: "Die meisten Passanten sind sehr interessiert, aber auch verlegen, und schauen sich das Kostüm nur aus der Ferne an, wenn der Cosplayer es nicht bemerkt." Es gibt natürlich auch positive Reaktionen, weiß Sophia aus Erfahrung: "Es ist schon vorgekommen, dass ich mit einem Disneykostüm für Kinderveranstaltungen gebucht worden bin, um sie zu unterhalten und ihnen etwas vorzusingen."

Cosplay in Japan

Auch in der riesigen Metropole Tokio hofft man vergeblich, einem Cosplayer zu begegnen. "In Japan ist es etwas schwieriger, Cosplay auf der Straße zu tragen. An vielen Orten ist es sogar ungern gesehen. Für Werbezwecke ist es normal, ansonsten aber eher ungewöhnlich", weiß Désirée. Das kann auch Sophia bestätigen: "Die Regeln sind in Japan auf jeden Fall strenger als hier in Deutschland. Viele tragen auch Masken, damit sie nicht erkannt werden."

World Cosplay Summit

Zum Glück haben Cosplay-Fans in Japan jedoch die Möglichkeit, sich das World Cosplay Summit anzusehen oder dabei mitzuwirken. Bei dem internationalen Wettbewerb präsentieren Teilnehmer aus 22 Ländern ihre selbstgeschneiderten Verkleidungen. Auch Deutschland nimmt jedes Jahr an der Weltmeisterschaft teil. Der Vorentscheid findet gewöhnlich auf der Anime- und Manga-Convention Connichi in Kassel statt.

Désirée und ihre Freundin Brigitte kämpften 2010 in Japan um den Titel. "Innerhalb von einer Woche waren wir fast jeden Tag im Kostüm unterwegs und hatten diverse Termine wie den Besuch beim Bürgermeister, die Cosplay-Straßenparade durch die Innenstadt von Nagoya und das große Finale, das im japanischen Fernsehen übertragen wurde." Der Gewinn blieb aus, doch das tut der umwerfenden Erfahrung keinen Abbruch, findet Désirée, "Alles in allem war ich nie in meinem Leben so erschöpft wie nach dieser einen Woche. Aber sie war auch großartig und leider viel zu schnell vorbei."

Ein kreatives Hobby – das glücklich macht

Mittlerweile interessiert sich auch die wissenschaftliche Forschung für das Phänomen Cosplay. Bei dem japanischen Trend geht es aber vor allem um Kreativität, Schneiderei und Performance. Désirée fasst zusammen: "Cosplay erstreckt sich bis über Ländergrenzen hinaus und führt Menschen zusammen. Ich bin glücklich, dass es einen großen Teil meines Lebens eingenommen und mir so viele wunderbare Erinnerungen beschert hat." "Es ist ein sehr kreatives Hobby, in dem man sich austoben kann. Nähen, Basteln und Malen kommen nicht zu kurz", schwärmt Sophia, "es lässt einen einfach nicht los."

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