Selber lesen? Klassiker der deutschen Literatur kompakt zusammengefasst!

Verena Russlies - 05.05.2017

 Klassiker der deutschen Literatur

Wer soll das bloß alles lesen? Wir für dich! | Foto: Unsplash/Patrick Tomasso

Zusammenfassung: Buddenbrooks – Thomas Mann

Ein Gesellschaftsroman von ganz großem Kaliber ist der 1901 erschienene Roman über den Niedergang einer Lübecker Kaufmannsfamilie. Vier Generationen versuchen das Geschäft mit Getreide am Laufen zu halten und den finanziellen wie gesellschaftlichen Wohlstand zu sichern. Johann Buddenbrook Senior hinterlässt seinem Sohn Johann (Jean) Buddenbrook Junior einiges an Kapital, was allerdings in Teilen für die Mitgiften von Tochter Tonys Eheschließungen sowie für den exzentrischen Lebensstil des Sohnes Christian verschleudert wird.

Wenigstens Sohn Thomas bringt sich in der Firma ein und übernimmt den Laden schließlich im zarten Alter von 29 Jahren. So jung und schon Familienoberhaupt sieht er sich vor vielerlei Herausforderungen gestellt, übernimmt aber auch noch aus Prestigegründen ein Senatorenamt. Das ist auch der Grund, warum er schon mit 49 Jahren vollkommen ausgebrannt ist, nach einem Zahnarztbesuch zusammenbricht und schließlich stirbt.

Ein Nachfolger ist nicht vorhanden, da Sohn Hanno zart besaitet und höchstes der Musik verhaftet ist, außerdem nach einer Krankheit ebenfalls verstirbt. Übrig bleibt Thomas’ Bruder Christian, der von seiner freiheitsliebenden Frau in eine Nervenheilanstalt verfrachtet wurde. Und natürlich Schwester Tony, die nach zwei gescheiterten Ehen mit ihrer in Trennung lebenden Tochter plus Enkelkind eine Etagenwohnung bezieht.

Machtspielchen á la "Game of Thrones" mit weniger Blut, aber mindestens mit genauso viel Kalkül, Fall und Verfall als narratologische Motive und Parallelen zur Familiengeschichte Thomas Manns animieren uns zum Lesen.

Zusammenfassung: Die Verwandlung – Franz Kafka

Wer hat sich nicht schon einmal an dem Was-wäre-wenn-Spiel versucht? Kafka tat es 1912 mit "Die Verwandlung", welche drei Jahre später erstmals abgedruckt wurde. Hierin erwacht der Handelsreisende Gregor Samsa in der Früh als ungeheures Ungeziefer. Damit nicht genug: er hat auch noch verschlafen und seinen Zug verpasst.

Aber nicht schlimm, in der morgendlichen Routine aus Beschwerde über den Job versucht sich Gregor mit seinem neuen, panzerartigen Rücken aus dem Bett zu schaukeln – so weit, so normal. Ihn beunruhigt eher weniger sein verändertes Äußeres als vielmehr die Reaktion auf seine Verspätung bei seinen despotischen Arbeitgebern.

Ach, und da wäre noch seine Familie, die ihn noch nicht als Vielfüßler kennt und möglicherweise voreingenommen sein wird. Als Gregors Verwandlung bemerkt wird, fällt zum einen der Hauptverdiener der Familie für unbestimmte Zeit aus und der Umgang mit neuen Gewohnheiten (wie merkwürdige kulinarische Vorlieben oder das Krabbeln an Wänden) ecken im Familienleben an.

Seine Schwester Grete kümmert sich um Gregor, um ihren Eltern den Anblick zu ersparen. Nun müssen alle drei Geld auftreiben, um das Überleben (mit verwandtem Ungeziefer im Nebenzimmer) finanzieren zu können. Auch Untermieter werden aufgenommen, die jedoch alsbald kündigen, als Gregor einmal durch das Wohnzimmer huscht – ist ja auch inakzeptabel in jedweder Herberge. Die Familie wendet sich immer weiter von Gregor ab, jener flüchtet sich in Hungerstreik. Schließlich geht er zugrunde, seine Familie ist offensichtlich erleichtert und startet nach Monaten mit einem tierischen Mitbewohner in ein neues Leben. Grotesk, tragikomisch, psychologisch vieldeutig. 

Zusammenfassung: Berlin Alexanderplatz – Alfred Döblin

Ein Mann, Vorname Franz, Nachname Bieberkopf, tötet seine Braut und verbüßt deswegen eine Haftstrafe in Berlin-Tegel. Daraus entlassen, möchte er sich ein neues Leben in der Metropole aufbauen. Die Stadt mit ihrem Lärm und ihrer Unübersichtlichkeit lässt Bieberkopf verunsichert zum Alexanderplatz fahren, wo sein normales und anständiges Leben beginnen soll. Doch stattdessen wird er nach erfolglosen Versuchen als Straßen- und Zeitungsverkäufer erneut in falsche Kreise hineingezogen, genauer: in Menschenhandel und Raubzüge im Großstadtmoloch der Weimarer Republik.

Einige schnelle Schnitte und raffinierte Montagetechniken später wird Bieberkopf aus einem fahrenden Auto geworfen und verliert einen Arm. Nun zieht es ihn einarmig zurück an den Alexanderplatz und er kehrt wieder in Kneipen ein, statt auf einen rechtschaffenden Pfad zu gelangen. Er lernt Minna kennen, verliebt sich und wird ihr Zuhälter – wie wir es aus Romantikkomödien kennen. Der Aus-dem-fahrenden-Auto-Schubser taucht erneut auf und tötet Minna, als diese ihn als Freier ablehnt.

Biberkopf gerät zunächst auch unter Tatverdacht, wird am Alexanderplatz verhaftet und in eine Irrenanstalt verlegt, da ihn Schuldgefühle in einen Hungerstreik drängen. Hier vollzieht er einen vollständigen Gesinnungswandel und kann nach einer halluzinierten Begegnung mit dem Tod sein Leben in die Hand nehmen. Wieder in Freiheit versucht er sich als Hilfsportier an einem normalen Leben.

Im Jahr 1929 schuf Döblin mit diesem Roman ein Hauptwerk der Moderne, einen Großstadtroman mit Zeugnischarakter, welcher viele innovative poetische Erzähltechniken verwendet.

Zusammenfassung: Deutschstunde – Siegfried Lenz

1968 als zentrales Werk der Nachkriegsliteratur erschienen, setzt sich der Roman mit Pflichterfüllung (insbesondere im Nationalsozialismus), verpackt in einen Vater-Sohn-Konflikt mit Anklängen eines Adoleszenzromans auseinander. Siggi Jespen sitzt in einer Jugendstrafanstalt, in der er einen Aufsatz zu den "Freuden der Pflicht" schrieben soll. Er schafft es nicht, ihn innerhalb der Frist abzugeben (kennt man), da er zu viel zu sagen hat (kennt man nicht).

Er bittet um Aufschub, verlängert freiwillig (!) seinen Aufenthalt in der Anstalt und verfasst seinen Aufsatz, der von Rückblenden in die Zeit des Nationalsozialismus begleitet wird: Ein Maler erhält Berufsverbot; Siggis Vater ist dazu auserkoren, dieses auszusprechen und durchzusetzen. Enthusiastisch kommt jener seiner Aufgabe nach (er konfisziert sogar weiße Blätter, welche der Maler als unsichtbare Bilder bezeichnete) – auch als der Krieg bereits vorbei ist. Seine Pflichttreue überwiegt und bringt ihn mit Siggi in Konflikt, der den Maler unterstützt. Statt, wie sein Vater es ihm auftrug, im Atelier zu spionieren, hilft Siggi beim Verstecken der Bilder. Nicht alles kann gerettet werden, Siggi gibt jedoch nicht auf und wird in seiner gegen den Vater gerichteten Mission zum Kunstdieb.

Er wird verhaftet, wobei Siggi eher seinen Vater als Schuldigen sieht, der umerzogen werden müsste. Und damit trifft er den Nerv der Zeit.

Zusammenfassung: Austerlitz – W. G. Sebald

Kurz vor dem Tod des Autors erschien 2001 mit "Austerlitz" ein Werk, das bereits jetzt zu den bedeutendsten des noch jungen 21. Jahrhunderts zählt. In Antwerpen begegnet ein aus England stammender Ich-Erzähler Ende der sechziger Jahre Jacques Austerlitz. Dieser ist Kunsthistoriker und kommt mit dem Ich-Erzähler über baugeschichtliche Besonderheiten des Bahnhofes, die im allgemeinen schon immer Glücks- und Unglücksorte für Austerlitz waren, ins Gespräch. Sie treffen sich geplant wie ungeplant in europäischen Metropolen sowie kleinen Orten wieder, mitunter nach langen Pausen.

Nach und nach enthüllt sich der familiäre Hintergrund von Jacques Austerlitz, dem er erst selbst im Laufe der Romanhandlung auf die Spur kommt und welcher dem Leser allein durch den Filter des Ich-Erzählers übermittelt wird. Im Alter von vier Jahren landet Austerlitz 1939 an einem Londoner Bahnhof, nachdem es seiner jüdischen Mutter gelang, ihn mit einem Kindertransport von Prag nach London zu schicken. Seine Mutter wird deportiert, die Spur seines Vaters verliert sich in einem Internierungslager in den Pyrenäen. Dennoch möchte Austerlitz dieser Spur, nach über einem halben Jahrhundert, folgen und übergibt dem Ich-Erzähler die Schlüssel zu seinem Haus in London. Dieser verbleibt und gestaltet mit zahlreichen Fotografien einen Bericht über die Lebensgeschichte von Austerlitz und die Freundschaft zwischen ihnen. Den der Leser nun in den Händen hält.

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