Ein Essay schreiben: Deine Gedanken sind frei

Elena Weber - 26.10.2022

Essay schreiben Tipps

Ein Essay soll dein kritisches Urteilsvermögen fördern. | Foto: Gaudilab/Getty Images

So gelingt das Essay Schreiben

An manchen Dingen kommst du während deiner Schulzeit und auch später während deiner akademischen Laufbahn nicht vorbei. Das Schreiben eines Essays gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu. Doch wie schon bei der Gedichtanalyse gilt: Alles halb so wild. Denn wie für sämtliche schriftlichen Abhandlungen, Analysen und Interpretationen gibt es auch in puncto Essay schreiben ein bestimmtes Schema, dem du folgen kannst. Wenn du dich daran hältst, ist es gar nicht so schwierig, ein gelungenes Essay zu verfassen.

Was ist ein Essay überhaupt?

Ein Essay ist eine kurze Abhandlung über eine literarische oder wissenschaftliche Fragestellung. Man könnte auch sagen: Ein Essay ist nichts anderes als ein erklärender oder argumentativer Aufsatz zu einem bestimmten Sachverhalt. Anders als bei einer Facharbeit oder Hausarbeit liegt der Fokus hierbei allerdings nicht auf der Technik wissenschaftlichen Arbeitens. Es geht vielmehr darum, deinen Gedanken- und Argumentationsgang überzeugend darzustellen und diesen quasi vor den Augen des Lesers oder der Leserin zu entwickeln. Deshalb lässt sich ein Essay auch als eine Art Denkversuch bezeichnen, in dem du möglichst geistreich ein Thema aus Wissenschaft, Kultur oder Gesellschaft betrachtest. Der Vorteil: Da du eben nicht beweisen musst, dass du wissenschaftlich korrekt arbeiten kannst, bietet dir diese Textsorte einige Freiheiten.

Statt formaler Vorgaben geht es in einem Essay vor allem darum, das gewählte Thema zu reflektieren, eigene Thesen und Perspektiven herauszuarbeiten und Stellung zu beziehen. Es geht um deine Ideen, Argumente und Gedanken, nicht um die Positionen anderer. Deshalb solltest du in einem Essay auch auf direktes Zitieren verzichten, das heißt, du brauchst keine Fußnoten anzugeben.

Die verschiedenen Essay-Arten

Je nach Thema und Herangehensweise lassen sich unterschiedliche Arten von Essays unterscheiden:

  • Der vergleichende Essay setzt sich mit zwei verschiedenen Themen auseinander, die aber in gewisser Weise miteinander zusammenhängen und gegenübergestellt werden. So werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser beiden Themen herausgearbeitet.
  • Im argumentativen Essay geht es darum, den Leser oder die Leserin von deinem eigenen Standpunkt zu überzeugen. Du erörterst ein bestimmtes Thema und stellst Pro- und Contra-Argumente gegenüber.
  • Der erklärende Essay bezieht sich auf eine bestimmte Situation oder einen Prozess und hat die Aufgabe, diese zu erklären und zu erläutern. Dazu führt er die wichtigsten Aspekte zum jeweiligen Thema an.
  • Der analytische Essay analysiert und interpretiert ein literarisches Werk auf seine Motive, Charaktere und Bedeutungen.

An der Uni ist meist vom wissenschaftlichen Essay die Rede. Dieser zeichnet sich durch eine prägnante wissenschaftliche Argumentation aus. Sie unterliegt dem Darstellungsstil der jeweiligen Fachwissenschaft sowie einer methodischen Begründung. Doch auch hier gilt: Es geht um eine eigenständige Argumentation, nicht um die Aneinanderreihung von Definitionen oder theoretischen Aussagen anderer. Vielmehr sollst du dein eigenes Wissen zum Thema in Beziehung setzen und den berühmten roten Faden in deiner Argumentation erkennen lassen. Jede Fakultät hat hier ihre eigenen Leitlinien, die du meist auf der jeweiligen Homepage abrufen kannst. Darin sind Aufbau, Umfang (meist vier bis acht Seiten) und Formalitäten genau festgelegt. Ein wissenschaftlicher Essay kann als erklärender, argumentativer, analytischer oder vergleichender Essay verfasst werden.

Essay schreiben: Der richtige Aufbau

Unabhängig von der Art deines Essays ist der Aufbau immer gleich. Wie bei allen schriftlichen Abhandlungen von der Gedichtinterpretation über die Erörterung bis zur Hausarbeit an der Uni besteht auch der Essay aus einer dreiteiligen Gliederung von Einleitung, Hauptteil und Schluss.

Einleitung

In der Einleitung geht es darum, in das Thema einzuführen. Dazu formulierst du eine These oder Leitfrage, die du später im Text genauer ausführst und erläuterst. Beispielsweise kannst du eine aktuelle Studie zu dem Thema aufgreifen oder auf eine aktuelle politische Diskussion Bezug nehmen. Da ein Essay deine Meinung oder deinen Standpunkt wiedergeben soll, darf die Einleitung auch subjektiv sein. Wichtig ist, dass sie das Interesse des Lesers oder der Leserin weckt und einen schlüssigen Einstieg in deinen Gedankengang darstellt. Nur so erschließt sich, warum du das Thema ausgewählt hast und es überhaupt relevant ist, sich damit auseinander zu setzen.

Tipp 1: Klassischerweise beginnen Einleitungen oft mit Formulierungen wie „Jeder kennt…“, „Aktuell wird diskutiert…“, oder „Eine aktuelle Studie zeigt…“. Das ist zwar eine recht einfache Möglichkeit, einen Text anzufangen, aber auch wenig originell. Entscheide dich für diese Variante nur als Notlösung, wenn dir wirklich gar nichts anderes einfällt. Wähle lieber einen kreativeren Einstieg, beispielsweise, indem du kurz eine konkrete Situation beschreibst, die zu deinem Thema passt und in die sich deine Leserinnen und Leser hineinversetzen können. Damit hebst du dich von der Masse ab und schaffst einen Anreiz zum Weiterlesen.

Tipp 2: Schreibe die Einleitung erst, wenn du dein Essay schon fertig hast. Denn im Schreibverlauf können sich Schwerpunkte verlagern oder Aspekte in den Vordergrund treten, an die du zuvor noch gar nicht gedacht hast.

Hauptteil

Der Hauptteil ist das Herzstück einer jeden schriftliche Arbeit. Im Hauptteil führst du das Thema deines Essays aus. Wie du das tust, hängt ein wenig von der Art des Essays ab, für das du dich entscheidest. In einem erklärenden Essay solltest du mehr erklärende Informationen liefern, bei einem argumentativen Essay steht dein Argumentationsstrang im Vordergrund. Generell geht es aber immer darum, Argumente für und/oder gegen deine in der Einleitung aufgestellte These zu liefern.

Jeden Hauptgedanken solltest du in einem eigenen Absatz ausführen und die einzelnen Absätze mit gelungenen Überleitungen verbinden. Zwischenüberschriften sind eher unüblich. Deine Gedankengänge sollten klar strukturiert sein und sich schlüssig miteinander verknüpfen. Auch subjektive Elemente dürfen und sollen sogar enthalten sein – schließlich geht es um deine Gedanken! Allein deine Meinung runterzuschreiben, reicht allerdings auch nicht. Deine Haltung muss immer begründet oder durch Beispiele plausibel gemacht werden.

Tipp: Überlege dir eine argumentative Strategie. Das heißt: Welche Argumente und Gegenpositionen möchtest du einbauen? Und wie möchtest du sie gegenüberstellen? Sollen sich Pro- und Contra-Argumente abwechseln? Generell gibt es hier keine genauen Vorgaben. Wichtig ist, dass deine Argumentation schlüssig ist und aufeinander aufbaut.

Schluss

Der Schlussteil rundet dein Essay ab und zieht ein Fazit. Häufig wird der Schluss dazu genutzt, die wichtigsten Argumente nochmals zusammenzufassen, deine aufgestellte These zu bekräftigen und die Fragestellung aus deiner Einleitung zu beantworten. Das führt jedoch schnell dazu, dass du dich wiederholst und nur nochmal aufschreibst, was du bereits im Hauptteil ausführlich ausgeführt hast. Das ist vor allem für deine Leserinnen und Leser ziemlich langweilig. Spannender ist es, wenn du aufbauend auf deinen Ausführungen aus dem Hauptteil beispielsweise einen Ausblick gibst, Lösungsvorschläge bietest oder, zum Beispiel bei der Analyse eines literarischen Werkes, erklärst, warum dieser Aspekt des Werkes auch heute noch aktuell ist. Das zeigt nicht nur, dass du dich mit einem Thema auseinandersetzen kannst, sondern dass du auch in der Lage bist, darüber hinaus eigene Gedanken zu entwickeln.

Generell gilt: Das Schreiben eines Essays soll die kritische Beurteilung und das Abwägen verschiedener (wissenschaftlicher) Positionen fördern. Du sollst lernen, aus anderen Meinungen und Sachverhalten eigene Ideen zu entwickeln und diese in einen größeren Gesamtzusammenhang einzuordnen. Deswegen muss und kann ein Essay niemals vollständig alle Details eines Themas abbilden. Du musst auch keine neuen Erkenntnisse liefern, sondern neue Sichtweisen aufzeigen.

Sprache und Stil eines Essays

Neben Aufbau und Inhalt spielt beim Essay Schreiben auch die sprachliche Gestaltung deines Textes eine wichtige Rolle. Denn mit deinem Sprachstil kannst du deinen Text nicht nur interessant, sondern auch überzeugend gestalten. Was nützt das beste Argument, wenn es sprachlich nicht auf dem Punkt ist? Dafür wirken selbst schwächere Argumente gleich viel aussagekräftiger, wenn du sie vielleicht mit einem Vergleich oder einer Metapher veranschaulichst.

Insgesamt solltest du einen sachlichen Stil wählen, allerdings darfst du auch rhetorische Mittel wie rhetorische Fragen, Alliterationen, Anspielungen, Wiederholungsfiguren oder Metaphern einbauen. Bevor du dir jetzt aber über originelle sprachliche Blüten den Kopf zerbrichst: Das Wichtigste ist die Verständlichkeit. Die Sprache soll deinen flüssigen Argumentationsverlauf unterstützen und einen gefälligen Lesefluss ermöglichen. Und natürlich solltest du beim Schreiben auch die Rechtschreib- und Kommaregeln beachten.

Argumenttypen

Um starke Argument zu finden, empfiehlt es sich, verschiedene Argumenttypen einzusetzen, ähnlich wie du es vom Erörterung schreiben oder der Sachtextanalyse kennst. Sie ermöglichen es dir, deine Aussagen überzeugend zu begründen.

  • Faktenargumente: Diese Argumente beruhen auf Fakten, etwa auf Statistiken oder wissenschaftlich klar nachweisbaren Sachverhalten. Das macht das Argument schwer zu entkräften.
  • Autoritätsargument: Dieser Argumentationstyp beruft sich auf eine von der Mehrheit akzeptierten Autorität, etwa eine /-n Wissenschaftler /-in oder andere namhafte Personen, die sich zu dem zu erörternden Sachverhalt ähnlich oder identisch geäußert haben. Allerdings gibt es oft andere Autoritäten, die eine Gegenposition vertreten.
  • normatives Argument: Hier wird die These mit allgemein gültigen Norm- und Wertvorstellungen verknüpft.
  • analogisierendes Argument: Der Autor oder die Autorin schafft eine Analogie, das heißt, er/sie verbindet das Thema der Argumentation mit einem anderen Lebensbereich.
  • indirektes Argument: Die eigene These soll gestärkt werden, indem die Gegenseite entkräftet wird.
  • Plausibilitätsargument: Die These wird dadurch gestützt, dass sie für Leser und Leserin oder Zuhörer und Zuhörerin besonders nachvollziehbar erscheint.

Der Einsatz unterschiedlicher Argumenttypen macht deine eigene Argumentation überzeugender und nachvollziehbarer. Außerdem verleiht er ihr Qualität.

Essay schreiben auf Englisch

Auch im Englischunterricht ist das Essay Schreiben eine gern gestellte Klausuraufgabe. Die Anforderungen und Erwartungen sind hier gleich – nur, dass du eben alles auf Englisch formulieren musst. Auch der dreiteilige Aufbau ist mit introduction, body und conclusion identisch mit einem Essay, den du auf Deutsch schreibst.

Tipp: Sollst du ein Essay auf Englisch schreiben, achte auf die Aufgabenstellung. Sie sagt dir genau, wie du dein Essay aufbauen und welche Art eines Essays du wählen sollst:

  • evaluate: Du sollst eine Vorgehensweise anhand festgelegter Kriterien (die in der Aufgabenstellung genannt werden) untersuchen.
  • discuss: Du sollst Pro- und Contra-Argumente gegenüberstellen und auf dieser Basis zu einem abschließenden Urteil gelangen.
  • comment: Du sollst das Thema mit deiner Meinung kommentieren und sie mit Begründungen und Beispielen ergänzen.
  • justify: Hier sollst du erläutern und rechtfertigen, warum eine Entscheidung richtig oder falsch ist
  • assess: Du sollst die Vor- und Nachteile eines Sachverhalts abwägen und daraus eine Schlussfolgerung ziehen.
  • compare: Hier geht es darum, zu vergleichen und Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu einer Themenstellung zu benennen.
  • contrast: Hier sollst du deinen Fokus auf die Hauptunterschiede legen, diese aufzeigen und begründen und sie in Bezug zu deinen Vorkenntnissen setzen. 

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