Prüfungsangst vor dem Abitur

Svenja Friedrichs - 27.05.2015

 Prüfungsangst vor dem Abitur

Mit diesen Tipps bewältigst du deine Prüfungsangst | Foto: Thinkstock/evgenyatamanenko

Panik vor der Prüfung

Von wegen: "Das Abi mach ich mit links!" "Wie soll ich das nur schaffen?" lautet nun die Devise, damit schleicht sich der Druck ein, mit ihm kommt auch die Angst. Prüfungsangst kann individuell unterschiedlich stark ausfallen. Der Prüfling überschätzt oft die "Gefahr" der Prüfung oder unterstellt dem Prüfer einen "bösen Willen". Gleichzeitig unterschätzt er die eigenen Fähigkeiten, so entsteht fast zwangsläufig die Angst vor dem Versagen – ob berechtigt oder nicht ist eine andere Frage.

Es gibt nicht DIE eine Prüfungsangst

Prüfungsangst kann auf unterschiedliche Bereiche abzielen. Entweder den Abschnitt vor der Prüfung, sprich: Man hat Angst vor der Vorbereitung, weil die Lernmasse zu groß, die Zeit zu kurz oder die Motivation zu schwach ist. Oder die Prüfungssituation selbst wirkt beängstigend – vielleicht, weil der Prüfer dafür bekannt ist, sehr anspruchsvoll zu sein, weil man ungerne vor Menschen spricht oder einfach, weil es puren Stress bedeutet. Auch die möglichen Folgen können schlechte Gefühle bereiten. Entweder man hat Angst vor einem Versagen in der Prüfung, zum Beispiel durch eine mögliche Blamage, oder man hat Angst vor den Folgen einer bestandenen Prüfung – denn eventuell können die daraus folgenden Erwartungen an die Leistung nicht gehalten werden.

Was ist dafür verantwortlich?

Die Entstehung von Prüfungsangst kann mit der Entstehung von Stress verglichen werden. Das Gefühl der Angst ist eine angelernte Reaktion auf "gefährliche" Situationen, die auf frühere Erfahrungen zurückzuführen sind.

Es gibt verschiedene Faktoren, die einen Einfluss darauf haben, wie stark die Reaktion ausfällt. Zum einen spielt die elterliche Erziehung eine wichtige Rolle. Manche Eltern halten es für richtig, ihren Kindern möglichst viele Verbote und Regeln zu vermitteln, die bei Nichterfüllen bestraft werden. Misserfolg wird also abgelehnt, auch schlechte Noten fallen darunter. Da die Ablehnung mit einer Strafe einhergeht, möchte man dies natürlich möglichst vermeiden und setzt sich selber unter Druck mit dem Gedanken: "Ich MUSS gut sein!" Auch die Persönlichkeit der Eltern kann Prüfungsangst fördern. In der Kindheit gucken wir uns die Verhaltensweise der Eltern ab und übertragen sie auf uns selber. Wenn also schon früher die Mutter auf Prüfungssituationen ängstlich reagiert hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Kind ähnlich reagiert, denn so wurde es ihm unbewusst beigebracht.

Aber nicht nur die Familie, sondern auch die gesellschaftlichen Normen haben eine prägende Wirkung. In der heutigen Gesellschaft ist es wichtig, "etwas zu sein" und etwas erreicht zu haben – und das möglichst früh und schnell. Erreichen kann man aber nur etwas, so wird es einem oft vermittelt, wenn man erst einmal das Abi schafft und dieses im zweiten Schritt auch noch mit einem guten Schnitt besteht. Drittens darf der NC einem anschließenden Studium nicht im Wege stehen. Wie soll man unter diesen Voraussetzungen mit gutem Gefühl das Abitur durchstehen?

Auch die persönlichen Charaktereigenschaften spielen eine Rolle. Unter anderem sind manche Schüler von Natur aus emotional labiler, werden schnell nervös oder verlegen, oder fühlen sich schnell unsicher. Wäre das alles nicht schon anstrengend genug, kommt noch die mögliche schlechte Erfahrung aus früheren Prüfungen hinzu, die es einem nicht gerade erleichtert, sich die Angst schönzureden.

Wen trifft es besonders hart?

Aus diesen Faktoren folgen bestimmte Typen, die als besonders anfällig für Prüfungsangst eingestuft werden können. Unter anderem die, die ein hohes Anspruchsniveau bezüglich der eigenen Leistung haben, für die eine weniger gute Leistung also gar nicht infrage kommt. Auch bei sehr selbstkritischen Menschen ist die Wahrscheinlichkeit, Prüfungsangst zu bekommen, sehr groß, da sie selten zufrieden mit dem sind, was sie können: "Besser geht immer". Ein weiterer charakteristischer Typ ist jemand, dessen Leistungsmotiv durch Angst vor Misserfolg geprägt ist, weil er mit negativen Konsequenzen rechnet.

Was tun bei Prüfungsangst?

Um der Angst entgegenzuwirken, steht an oberster Stelle natürlich das Lernen. Und zwar soviel bis man das Gefühl hat, alles Wichtige zu können. Dazu kann man sich einen realistischen Zeitplan zusammenstellen. Wer länger zum Lernen eines Fachs braucht, der sollte das einplanen. Wichtig ist es, an die Pausen zu denken: Wer viel lernt, verbraucht mehr Energie, die in den Pausen wieder aufgetankt wird. Durch das Portionieren des Lernstoffs wird schnell klar, dass die anfänglich große Masse gar nicht mehr so unüberwindbar ist. Ein klarer Blick über die genaueren Anforderungen kann manchmal Wunder wirken.

Auch mentales Training hilft, also das Erlernen einer positiven Denkweise. Das hört sich immer etwas spirituell an und wird gerne abgetan, aber es ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Dabei wird z.B. nicht mehr die Frage gestellt "Wie soll ich das nur schaffen?", ab jetzt heißt es "Ich schaffe das!". Ausnahmsweise sollte man sich nicht ausschließlich auf das konzentrieren, was man nicht kann, sondern auch das berücksichtigen, was man bereits gelernt hat. Und es sollte ebenfalls nicht heißen "Ich MUSS heute lernen", sondern einfach nur "Ich lerne heute". Dem Unterbewusstsein das Gefühl des Zwangs zu vermitteln, ist einfach nicht förderlich.

Zu hohe Erwartungen sollte man vermeiden, um somit selbst produzierte Misserfolge abzuwehren. Wer früher immer nur Fünfen geschrieben hat, bei dem ist es unwahrscheinlich, dass er in der nächsten Klausur eine Eins schreibt. Auch hier ist es wichtig, realistisch zu bleiben und in kleinen Schritten zu planen. Nach der Fünf kommt erst mal die Vier, allerhöchstens eine Drei. So werden die Anforderungen an sich selbst nicht zu hochgesteckt, alles liegt im Bereich des Machbaren und der Druck ist nicht so stark. Auch eine Vier ist immerhin schon besser als eine Fünf.

Tipps für die "Mündliche"

Auf die mündliche Prüfung kann man sich am besten über ein Rollenspiel vorbereiten, so übt man den Ernstfall und kann sich vom Gegenüber korrigieren oder beruhigen lassen. Hat man es dann geschafft, das Gelernte möglichst flüssig und fehlerfrei wiederzugeben, kann man gleich viel ruhiger und positiver an die Sache herangehen. Was man gelernt hat, das kann man auch. Man muss nur in der Lage sein, es abzurufen – und das gelingt am besten, wenn man das Ganze nicht zu verkrampft angeht.

Zudem solltest du dir klar machen, dass die Lehrer nicht den Wunsch haben, dass jemand die Prüfung nicht besteht. Auch wenn man manchmal das Gefühl hat, dass sie einem was Böses wollen. Das stimmt nicht, auch Lehrer haben Prüfungsangst, denn sie sind schließlich für den größten Teil der Vorbereitung zuständig. Den Lernstoff richtig und verständlich zu vermitteln, ist, wie man als Schüler wahrscheinlich selber weiß, nicht unbedingt einfach. Und schließlich bildet sich so ein Ruf. Würde keiner das Abiturfach bestehen, dann fällt es auf den Lehrer zurück, der scheinbar nicht gut unterrichten kann. Also, keine Angst: Die Prüfer haben eher die Absicht nach genügend Punkten für eine gute Note zu suchen, als welche wegzustreichen.

Um die schlaflose Nacht vor der Prüfung zu vermeiden, sollte am letzten Tag nicht zu lange gelernt werden, um noch rechtzeitig abschalten zu können. Eine ablenkende Aktivität am Abend kann dabei helfen. Bei manchen klappt es mit Sport, bei manchen mit Entspannung oder einem guten Buch – hauptsache, die Gedanken drehen sich nicht immer nur um das Gelernte. Dann noch ein warmer Entspannungstee oder, wenn nötig, ein paar Tropfen von einem natürlichen Beruhigungsmittel – am besten in der Apotheke nachfragen – und die Nacht kann kommen. Wichtig ist es, am Tag der Prüfung ausgeschlafen und konzentriert zu sein.

Bessert sich deine Prüfungsangst trotz allem nicht, können auch Schulpsychologen weiterhelfen. Denn Prüfungsangst kann krankhaft werden – und das wird sich auch im Studium nicht bessern. Also lieber früher als zu spät professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, dafür sind die eben schuleigenen Psychologen da. Hat deine Schule keinen eigenen Psychologen, gibt es in jedem Landkreis regionale Schulberatungsstellen. Diese kannst du entweder auf der Internetseite deines Landkreises oder auf schulpsychologie.de ausfindig machen.

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