Studieren ohne Abitur: Tipps zur Zulassung, Hochschulwahl und Finanzierung

Simon Sperl - 24.01.2016

Ohne Abitur studieren

Studieren ohne Abitur heißt auch, wieder lernen zu müssen | Foto: Thinkstock/orbandomonkos

Studieren ohne Abitur: Kurz & Knapp

  • Jedes Bundesland hat andere Zugangsvoraussetzungen für ein Studium ohne Abitur – einzig mit einer Qualifizierung wie dem Meistertitel kannst du überall studieren.
  • Der erfolgreiche Studienabschluss hängt maßgeblich von deiner Motivation ab.
  • Ein Abendstudium oder der Gang an eine FernUni lässt sich am besten mit der Arbeit kombinieren – ist aber zeitaufwändig.

Die Zugangsvoraussetzungen

Auch ohne Abitur oder Fachhochschulreife (Fachabitur) kannst du an deutschen Hochschulen studieren. Im Jahr 2009 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossen, die bis dahin bestehenden Zugangsvoraussetzungen für Studieninteressierte mit beruflicher Qualifizierung zu vereinfachen. Da Bildung jedoch Ländersache ist, erleichterte Brandenburg als letztes Bundesland erst 2014 den Hochschulzugang. Außerdem sorgt die Bildungshoheit der Länder dafür, dass die Regelungen zur Studienzulassung unterschiedlich ausfallen.

Daher existieren bis zu drei Wege, um ein Studium auch ohne Abitur aufnehmen zu können. Für ein Hochschulstudium zugelassen wirst du

  • als beruflich Hochqualifizierter, z.B. Handwerks-/Industriemeister, IHK-Fachwirte, staatlich geprüfte Techniker, mit Abschluss einer Fachschule/Fachakademie – bei fachähnlichem Studiengang zumeist ohne zusätzliche Aufnahmeprüfungen. Bei einem fachfremden Fach fordern einige Bundesländer eine zusätzliche Eingangsprüfung
  • mit abgeschlossener, mindestens zweijähriger Berufsausbildung und dreijähriger Berufserfahrung. Zusätzlich dazu wirst du in vielen Bundesländern eine Eignungsprüfung oder ein Probestudium absolvieren müssen. Im Falle eines Probestudiums musst du innerhalb eines bestimmten Zeitraums – in der Regel zwischen zwei und vier Semester – Creditpoints sammeln, deren genaue Anzahl jede Hochschule eigenständig festlegt
  • auch ohne berufliche Qualifizierung oder Berufserfahrung, wenn du eine Begabtenprüfung bestanden hast. In diesem Fall erlangst du einen unbeschränkten Hochschulzugang

Die Gründe für ein erfolgreiches Studium

Ob du auch ohne Abitur ein Studium schaffen kannst, hängt in erheblichem Maße von deiner Motivation ab. Thomas Gdanietz, der stellvertretende Leiter des Geschäftsbereichs berufliche Bildung bei der IHK Bochum, spricht davon, dass die Perspektive der entscheidende Faktor sei. "Wenn ThyssenKrupp beispielsweise einem Angestellten eine Stelle anbietet, für die ein Studium nötig ist, dann macht ein Studium Sinn." In diesem Fall ist mit dem Wunsch zu studieren ein konkretes Ziel verbunden.

Ähnlich sieht das auch Cara Coenen von der Initiative Arbeiterkind.de NRW. Aus ihrer Sicht sind es vor allem drei Beweggründe, die für einen erfolgreichen Studienverlauf sprechen:

  1. Du möchtest mehr lernen und hast dich früher nicht getraut, weil dir deine Eltern oder Lehrer die Eignung abgesprochen haben.
  2. Du hast festgestellt, dass es Jobs gibt, die dich zwar interessieren, die du aber nicht machen kannst oder darfst. Mit einem Studium könntest du die fehlenden Qualifikationen nachholen.
  3. Du möchtest mehr Verantwortung übernehmen, brauchst aber auch dafür einen Studienabschluss.

Willst du nur studieren, um dein Ego zu pushen oder mehr Geld zu verdienen, solltest du es sein lassen. "Mit einem Studienabschluss sind im Vergleich zu einer Meisterposition keinesfalls automatisch große Gehaltsunterschiede verbunden", so Gdanietz. Vielmehr rät er dazu, sich die Frage zu stellen, ob man ein theoretisch arbeitender oder praktisch veranlagter Mensch ist. Falls du zur zweiten Gruppe gehörst, solltest du wegen des hohen theoretischen Anteils von einem Studium absehen.

Fernuni, Abendstudium, FH oder Uni?

Bevor du ein Studium beginnst, musst du den für dich passenden Hochschultypen herausfinden. Hier hast du die Wahl zwischen 

  • staatlichen oder privaten Universitäten
  • Fachhochschulen
  • Fernuniversitäten
  • privaten (Fach-)Akademien

Bei deiner Entscheidung solltest du dich von der Frage "Wie organisiere ich mein Studium?" leiten lassen. Wenn du weiterhin arbeiten kannst, willst oder musst, kommt nur ein Teilzeitstudium infrage. Hier bietet sich entweder ein Abendstudium an einer privaten Hochschule wie der FOM (Hochschule für Oekonomie und Mangement) oder eine FernUni an. "Schließlich muss sich das Studium den Lebensbedingungen anpassen und nicht die Lebensbedingungen dem Studium", diese Meinung vertritt Susanne Bossemeyer, Pressesprecherin der Fernuni Hagen. Ein Vorteil dieser Hochschule besteht darin, dass es sogenannte Regionalzentren gibt. Hier kannst du dich vor Ort beraten lassen und Kontakte zu Mentoren und Arbeitsgruppen knüpfen.

Allerdings haben private Hochschulen und die Fernuni Hagen auch Nachteile: Das Studium kostet mehr Geld als an staatlichen Unis und FHs. Außerdem musst du mehr Zeit aufwenden als bei einem Vollzeitstudium. „Zum einen muss tagsüber die Arbeitszeit geleistet werden und zum anderen abends die Hochschule besucht und gelernt werden“, betont Cara Coenen. Viel Freizeit bleibt da nicht mehr übrig.

Doch Bossemeyer von der Fernuni Hagen macht auch Mut: "Studierende, die das erste Jahr überstehen, sind sehr erfolgreich im Studium." Schließlich müsse man sich erst wieder an das Lernen gewöhnen. Gleichzeitig gibt Coenen den Tipp, den Arbeitgeber nach einem flexibleren Arbeitszeitmodell zu fragen – schließlich profitiere dieser langfristig auch von der Zusatzqualifikation.

Wenn du ein Vollzeitstudium beginnen willst, empfiehlt Cara Coenen den Gang an eine Fachhochschule. Diese sind wesentlich praxisorientierter als Universitäten, so dass du von deiner Arbeitserfahrung profitieren kannst. In jedem Fall solltest du einen Termin bei der Studienberatung machen, um dich über Einführungs- oder Brückenkurse zu informieren.

Finanzierung: Arbeit oder Stipendium

Zum Schluss stellt sich die Frage nach der Finanzierung. Wenn die Idee ein Studium zu beginnen von deinem Arbeitgeber stammt, wird er wahrscheinlich von sich aus einen Großteil der Kosten übernehmen. Oftmals übernehmen Arbeitgeber selbst dann zumindest anteilig die Gebühren, wenn die Initiative von dir ausgeht. Jedoch wirst du in diesem Fall damit rechnen müssen, in Vorleistung gehen zu müssen. Denn Arbeitgeber erstatten die Kosten häufig erst nach erfolgreichem Abschluss.

Bei staatlichen Förderungen hingegen sieht es schwierig aus. "BAföG wird beispielsweise bei einem Teilzeitstudium überhaupt nicht gezahlt und bei Stipendien scheitert es oftmals an der Altersgrenze", so Coenen. Diese liegt häufig zwischen 25 und 30 Jahren, diese kann aber unter bestimmten Voraussetzungen um drei Jahre angehoben werden. Eine Möglichkeit der Studienfinanzierung - ganz ohne Altersbegrenzung - ist das Weiterbildungsstipendium der "Stiftung für Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB)" aus Bonn.

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